Transformation urbaner Zentren (TransZ)

Begegnungsräume und urbane Nutzungsvielfalt

Das Forschungsverbundprojekt „Transformation urbaner Zentren“, kurz TransZ, hat sich zur Aufgabe gestellt, der Verödung und konsumorientierten Homogenisierung von (Stadtteil)Zentren etwas entgegen zu setzen. Vier Hochschulen unterstützen Akteur*innen in fünf Stadtzentren bei der nachhaltigen Transformation und Weiterentwicklung zu einer Nutzungs- und Funktionsvielfalt auf Basis zivilgesellschaftlicher Kollaboration.

Wohnzimmer mit Menschen, die sich unterhalten

Stadtteilwohnzimmer

TransZ ist ein Forschungsvorhaben, das Stadtzentren bei ihrer nachhaltigen Transformation und Weiterentwicklung unterstützt. Der Fokus liegt auf der Förderung von sozialen, ökonomischen und ökologischen Innovationen durch die Stärkung von Akteuren vor Ort.

Die vier Hochschulen HafenCity Universität Hamburg (HCU), Hochschule für angewandte Wissenschaften und Kunst (HAWK) Hildesheim-Holzminden-Göttingen, Hochschule für Technik (HfT) Stuttgart und die HAW Hamburg arbeiten dazu seit 2017 im Verbund zusammen.

Jede Hochschule verfolgt dabei einen Forschungsschwerpunkt:

  • Selbstorganisation und Governance in der Zentrenentwicklung (HCU)
  • Integrierende und aktivierende Qualitäten von Begegnungsräumen und sozialer Infrastruktur (HAW Hamburg)
  • Potenziale für Engagement und gemeinschaftliches Handeln (HAWK)
  • Öffentlicher Raum und Planungsinstrumente (HFT)

Zunächst ging es dafür in den Projektgebieten Hamburg-Eimsbüttel und Hamburg-Rissen, Holzminden, Höxter und Stuttgart-Wangen um eine Art Bestandsaufnahme: Wie sind die Zentren infrastrukturell aufgestellt? Welche Akteure sind im Zentrum aktiv? Was hat sich in den letzten Jahren entwickelt? Gibt es viel Leerstand oder eher Platzprobleme? Droht schon eine Verödung oder eher Filialisierung? Wer hält sich im Zentrum auf und wofür?

In verschiedenen Beteiligungsformaten wurden Akteur*innen vor Ort dazu befragt, welche innovativen Ideen sie für ihr Stadtzentrum haben. Bei den Workshops wurden neben den zivilgesellschaftlichen Akteuren auch die bezirkliche Stadt- und Landschaftsplanung, die Wirtschaftsförderung und das Sozialraummanagement engmaschig miteingebunden. So konnte bereits zu Beginn eine vielfältige Akteursstruktur geschaffen werden.

Einige der Ideen wurden schließlich in die Tat umgesetzt und seit 2020 in die Verstetigung geführt. Dabei werden die zivilgesellschaftlichen und kommunalen Akteure im Zentrum bei der Beantragung weiterführende Finanzierungs- und Fördermöglichkeiten und bei der Vernetzungsarbeit unterstützt. Einen Einblick in bisher angestoßene und verstetigte Projekte gibt es hier.

In Eimsbüttel wird das Kreativhaus, ein selbstorganisierter soziokultureller Verein, durch TransZ begleitet. Anwohnerinnen und Anwohner aus dem Stadtteil gestalten hier jenseits konsumorientierter Angebote, einen niedrigschwelligen Begegnungsraum, der Platz für Kultur und gemeinsames Schaffen bietet.

Das Kreativhaus Eimsbüttel entstand 2019 nahe der beliebten Osterstraße in einem Seitengebäude der Schule Telemannstraße. Das Kernteam setzt sich aus rund zehn aktiven Anwohnerinnen und Anwohnern des Stadtteils zusammen. Dazu kommen viele Engagierte in den verschiedenen Veranstaltungen und Kursen, die im Kreativhaus stattfinden. Als „Brücke in den Stadtteil“ dient vor allem der wöchentlich stattfindende Stadtteilteilstammtisch „Klönschnack“ mit günstigem Kaffee und Kuchen. Jeden ersten Samstag im Monat findet ein Flohmarkt statt. Jeder und Jede kann Räume im Kreativhaus günstig mieten und Veranstaltungen dort durchführen. So gibt es zahlreiche Formate in loser Regelmäßigkeit: Kunst-Ausstellungen, Spieleabende, Yoga-Kurse, Literatur- und Krimiabende, Kindermalkurse, Standup-Comedy, Meditation, Aktionstheater-Workshops und Konzerte -  seit der Gründung über 500 Veranstaltungen! Es ist gelungen, das Kreativhaus trotz der Pandemie im Stadtteil bekannt zu machen und mittlerweile im Zentrum Eimsbüttels als Institution zu verankern.

Ergebnisse

Zentren befinden sich im Wandel. In welche Richtung sie sich entwickeln, hängt stark von den jeweiligen Akteuren vor Ort ab. Bislang hat sich Zentrenentwicklung und auch Stadtentwicklung oftmals primär auf die Stärkung und Sicherung des Handels konzentriert.

Um die Zentren jedoch nachhaltig attraktiver für alle Nutzer*innen zu gestalten, wird ein Perspektivwechsel nötig sein, durch den insbesondere soziale Begegnungen und Erlebnisse sowie kulturelle Angebote zu wichtigen Inhalten für die zukünftige Weiterentwicklung werden.  

Die Merkmale dieser integrierenden und aktivierenden Begegnungsräume und sozialen Infrastrukturen können dabei vielfältig sein:

Öffentliche Räume spielen beispielsweise eine zentrale Rolle: sie müssen „absichtsloses Verweilen“ ermöglichen, Aufenthalt ohne Konsum. Begegnungen, Austausch, Treffen mit Freund*innen und auch mit anderen Personen in der Stadt.

Dieses „Herstellen einer Nutzungs- und Funktionsvielfalt“ geschieht auch – wenn nicht sogar hauptsächlich - auf Basis zivilgesellschaftlicher Kollaboration.

Nachbarschaftliche Vernetzung und das sogenannte Do-it Together-Management sind dabei wesentliche Wekzeuge, um Einflussnahme und Selbstwirksamkeit der Anwohner*innen zu stärken.

Herausforderungen dieser Weiterentwicklung wurden auch auf der Abschlusskonferenz im Mai 2022, in Diskussionen mit den beteiligten Akteur*innen und weiteren Projekten aus Hamburg, deutlich.

So sind neue Projekte zur Stärkung von Zentren und Stadtteilen an viele Vorbedingungen geknüpft, die im Vorfeld erfüllt werden müssen und sind daher hochkomplexe Verfahren. In Hamburg haben sich in diesem Zusammenhang z.B. Stadtteilbeiräte als effektives Mittel erwiesen, um dabei mehr lokale Beteiligung in aktuelle politische Prozesse und Entscheidungen einzubringen.

Hinderlich für Stärkung von Zentren sind auch die hohen Preise für Grundstücke und Immobilien: insbesondere für sozial-kulturelle Initiativen ist es dadurch schwer, Eigentum zu kaufen oder zu mieten und eigene Ideen zu verwirklichen. Eigentümer*innen haben hierbei eine Schlüsselfunktion; sie müssen bereit sein, Veränderungen anzustoßen und Neues zu erproben – doch finanziell ist dies mit Risiken verbunden und es gibt keinerlei Anreize, diese Risiken auch tatsächlich einzugehen; außerdem sind viele Eigentümer*innen große Immobilienfirmen, die keinerlei lokalen Bezug aufweisen und daher auch wenig örtliche Identifikation haben und keine besondere Verantwortung übernehmen wollen. In der Osterstraße gibt es in diesem Zusammenhang die Idee eines „Flächenmanagements“: lokale Eigentümer melden zukünftigen Leerstand und bekommen vom Management potentielle Mieter*innen vorgeschlagen, die gut in die kleinteilige lokale Mischung des Zentrums passen. Gleichzeitig könnten kurzzeitig lokale Projekte und Firmen subventionierte Mietpreise erhalten, um sich im Zentrum zu etablieren.

Abschließend lassen sich drei zentrale Punkte der Diskussion festhalten:

  • Kultur und Soziales sollten zukünftig zentrale Ankerpunkte in der Zentrenentwicklung sein – sie beleben Hamburger Stadtteile, sie haben Integrationspotenzial, sie stärken lokale Identifikation.
  • Um dies zu verwirklichen, muss ökonomischer Druck abgeschwächt werden – dies gilt für die Immobilienpreise ebenso für die Finanzierung von Projekten.
  • Zudem müssen Hamburger Behörden und die Verwaltung besser aufgestellt werden – konkrete Ansprechpartner*innen und Verbindlichkeiten und höhere lokale Bindung bzw. Verantwortung führen Projekte zum Erfolg.

Text: Anne-Marie Gehrke-Claußen und Anne Vogelpohl

Contact

Department Soziale Arbeit

Prof. Dr. Anne Vogelpohl
anne.vogelpohl (at) haw-hamburg (dot) de

Anne-Marie Gehrke-Claußen
anne-marie.gehrke-claussen (at) haw-hamburg (dot) de

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