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LNG-Schiffe leiten Schadstoffe direkt ins Meer

Tankschiffe für Flüssiggas, sogenannte LNG-Schiffe, leiten pro Jahr rund 32 Tonnen Chlor in die Meere. Die Ursache: Die Reinigung der Pipelines der Schiffe mit sogenannten Bioziden* dient dazu, Schadorganismen zu töten oder abzuwehren. Umweltschützer üben deshalb scharfe Kritik an diesem umweltschädlichen Verfahren. Auch die Umweltchemikerin Prof. Dr. habil. Gesine Witt vom Department Umwelttechnik der Fakultät Life Sciences hinterfragt das Gutachten des Betreibers der Schiffe.

Prof. Dr. habil. Gesine Witt vom Department Umwelttechnik sieht das Verfahren als kritisch an und hinterfragt das Gutachten.

Prof. Dr. habil. Gesine Witt vom Department Umwelttechnik sieht das Verfahren als kritisch an und hinterfragt das Gutachten.

Tankschiffe für Flüssiggas, sogenannte LNG-Schiffe, leiten pro Jahr rund 32 Tonnen Chlor in die Meere. Die Ursache: Die Reinigung der Pipelines der Schiffe mit sogenannten Bioziden* dient dazu, Schadorganismen zu töten oder abzuwehren. Die Rohre werden so von Muscheln und Seepocken befreit, die sich dort festsetzen – denn das Schiff spült die Rohre mit Meerwasser. Muscheln, Seepocken u.a. sind die Organismen, die im Nationalpark Wattenmeer, das dem Jadeport in Wilhelmshaven gegenüberliegt, geschützt werden sollen. Umweltschützer üben deshalb Kritik an diesem umweltschädlichen Verfahren. Auch die Umweltchemikerin Prof. Dr. habil. Gesine Witt vom Department Umwelttechnik der HAW Hamburg sieht das Verfahren als kritisch an und hinterfragt das Gutachten des Betreibers der Schiffe, den Energiekonzern Uniper.

Frau Prof. Witt, Sie kritisieren die derzeitige Reinigungsmethode der LNG-Schiffe mit Chlor als höchst umweltschädlich. Was passiert, wenn Schiffe mit Chlor ihre Leitungen reinigen und die Schadstoffe ins Meer leiten?
Prof. Gesine Witt: Der bei dem LNG-Schiff angewendete Prozess der „Elektrochlorierung“ führt zur Entstehung von Chlor. Chlor ist giftig und korrosiv, das heißt zersetzend. Neben der Einleitung von Chlor gelangen auch sogenannte Desinfektionsnebenprodukte in die Umwelt, die immer im Rahmen der Elektrochlorierung entstehen. Uniper beabsichtigt eine kontinuierliche und unbefristete Einleitung dieser Stoffe in die Meere.
In Studien zur Chlorierung von Trinkwasser wurden beispielsweise viele unterschiedliche Typen von Desinfektionsnebenprodukte (sogenannte "desinfection byproducts" DBP) identifiziert. Bereits in den Trinkwasserstudien wurden Hinweise auf Kanzerogenität – der Stoff löst Krebserkrankungen aus –, Mutagenität – der Stoff löst Mutationen aus – und Beeinträchtigungen der Fortpflanzungsfunktionen durch die DBPs nachgewiesen. Das Wasser aus der Jade enthält wesentlich mehr organische Stoffe und andere Substanzen als Trinkwasser, so dass hier bei der Wiedereinleitung im erheblichen Umfang zusammen mit Chlor auch DBPs eingeleitet werden könnten.

Warum müssen die Pipelines mit Meerwasser, das viele für das Ökosystem Wattenmeer wichtige Organismen enthält, gespült werden?
Prof. Gesine Witt: Das Wasser wird als Wärmetauscher genutzt, um das Flüssiggas aufzuwärmen und so anschließend gasförmig in die Pipelines einzuspeisen. Das ist der Grund, warum kontinuierlich und unbefristet erhebliche Wassermengen aus der Innenjade entnommen werden müssen.

Wie wirken die Schadstoffe auf die Nordsee und die dort lebenden Organismen wie Muscheln, Fische, Algen und andere Lebewesen?
Prof. Gesine Witt: Sinn der Biozide ist ja das Freihalten der Rohrleitungen von Organismen wie Seepocken und Algen. Daher wirken auch die eingeleiteten Abwässer noch toxisch auf die Organismen der Umgebung. Die Reaktions- und Abbauprodukte sind ebenfalls toxisch für Mensch und Umwelt und werden deshalb mit der Entstehung von Krebs, Mutationen und auch der Beeinträchtigung der Fortpflanzungsfunktionen in Verbindung gebracht.

Contact

Fakultät Life Scineces
Department Umwelttechnik
Prof. Dr. Gesine Witt
Professorin für Umweltchemie und Toxikologie
T +49 40 428 75-6417
gesine.witt (at) haw-hamburg (dot) de

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