Mit Algorithmen und Antrieb zum Master

Leonardo Patrick Ibrahim aus Indonesien hat sich schon immer für Technik begeistert, vor allem für Autos. Sein Vater hat auch in Deutschland Fahrzeugbau studiert, weil es für seine Automobilindustrie sehr bekannt.

Leonardo Patrick Ibrahim ist 26 Jahre alt, kommt aus Semarang in Indonesien und ist im letzten Semester seines Fahrzeugbau-Masterstudiums an der HAW Hamburg. Zurzeit arbeitet er an seiner Masterthesis am Fraunhofer Institut in Halle. Wir wollten wissen, wie alles angefangen hat und wie es ihm in Deutschland und in seinem Studium ergeht.

»Mein Vater hat auch Fahrzeugbau in Deutschland studiert; an der Fachhochschule Köln, und er hat mir ein Studium in Deutschland empfohlen«, erzählt Leonardo. »Ich habe mich schon immer für Technik begeistert, vor allem für Autos, und Deutschland ist für seine Automobilindustrie sehr bekannt. Die Deutschen bauen die besten Autos der Welt.«

Das Studienkolleg – der Anfang

Als Vorbereitung hat er in Indonesien angefangen Deutsch zu lernen und kam dann Ende 2008 nach Hamburg, um ein Jahr das Studienkolleg zu besuchen. »Ich musste die Feststellungsprüfung machen, um in Deutschland studieren zu können«, erzählt er, »und ich habe Hamburg gewählt, weil ich hier Leute kannte.« Das war auch mit ein Grund für die Entscheidung an der HAW Hamburg zu studieren. Die TU Kaiserslautern hatte ihm auch einen Studienplatz angeboten. Aber durch das Studienkolleg hatte er bereits einen Freundeskreis in Hamburg aufgebaut, den er nicht so schnell wieder aufgeben wollte. Außerdem studierte auch seine Schwester Maschinenbau an der HAW Hamburg und diese Familienbindung war ihm ebenfalls sehr wichtig.

Im Studienkolleg hat er den T-Kurs mit Kursen in Mathe, Chemie, Physik, Deutsch und Englisch belegt. »Das Studienkolleg hat mich gut auf das Studium vorbereitet«, erzählt er. »Ich habe viele spezielle Fachbegriffe gelernt und mein Deutsch verbessert.« Trotzdem war der Studienanfang schwer. Er musste hart arbeiten und nach den Vorlesungen den Stoff wiederholen, um ihn verstehen zu können. Unterstützt hat ihn eine Lerngruppe, die er zusammen mit anderen Studierenden ins Leben gerufen hat. »Wir haben uns gegenseitig geholfen. Ich war gut in Mathe und andere Studierende hatten mehr praktische Erfahrungen wie Werkstoffkunde und Maschinenelemente, die sie mir beigebracht haben.«

Das Bachelor-Studium – Antrieb & Fahrwerk

Im vierten Bachelor-Semester wählt er den Studienschwerpunkt „Antrieb und Fahrwerk“. »Ich interessiere mich sehr für Fächer wie Thermodynamik und arbeite gern mit Zahlen, also passt das gut zu mir«, sagt er. »Das Studium an der HAW Hamburg ist richtig gut aufgebaut. Ich hatte nicht so viele praktische Erfahrungen wie andere Studenten, aber die Fächer werden nach und nach aufgebaut, so dass man das gut verstehen kann.« Er findet auch, dass die Professoren sehr hilfsbereit sind, vor allem sein Lieblingsprofessor, Prof. Hanno Ihme-Schramm, der unter anderem Lehrveranstaltungen zu Verbrennungsmotoren gibt. »Er hat einen engen Kontakt zu den Studenten und gibt uns viele gute Tipps, über den Vorlesungsstoff, aber auch über das Leben«, sagt Leonardo. »Und er hat viel Industrieerfahrung. Er hat früher in der Otto-Motorenentwicklung für Volkswagen gearbeitet. Auch heute noch hat er gute Kontakte, so dass er die neuesten Entwicklungen kennt.«

Als Teil seines Bachelorstudiums absolviert Leonardo ein Praxissemester bei der Deutz AG. Dort kann er sein Wissen über Motoren weiterentwickeln und praktische Erfahrungen am Motorprüfstand sammeln. »Das was ich in den Vorlesungen gelernt habe, konnte ich praktisch anwenden«, sagt er. »Trotzdem habe ich gesehen, dass ich mehr mitbringen muss als das was ich in der Hochschule gelernt habe. Du musst deine eigenen Ideen in die Arbeit einbringen.« Auch hier war der Anfang schwer, weil Leonardo bis dahin keine Berufserfahrungen gesammelt hat, aber die Kollegen waren sehr hilfsbereit und haben ihm die Software und die Prozesse erklärt. »Am meisten habe ich gelernt wie man sich mit einem Problem auseinandersetzt und dadurch eine Lösung findet.«

Das Master-Studium ist noch praxisbezogener als der Bachelor. Es gibt viele Beispiele aus der Industrie, und wir machen viele Projekte und Labor-Kurse.

Das Master-Studium – das Lernen geht weiter

Sein Praxissemester hat ihm gezeigt, dass er noch viel zu lernen hat. Also bewirbt er sich um einen Masterstudienplatz an der HAW Hamburg und wird angenommen. »Das Masterstudium ist noch praxisbezogener als der Bachelor. Es gibt viele Beispiele aus der Industrie, und wir machen viele Projekte und Labor-Kurse«, sagt er. Ein Projekt war besonders wegweisend. »Wir haben ein Matlab-Projekt gehabt und es hat mich richtig begeistert, wie man mit einer Software ein technisches Problem lösen kann. Ich habe gesehen, dass diese Software in vielen Ingenieurbereichen verwendet wird.« Deswegen entscheidet er sich, dieses Thema für seine Masterthesis zu wählen und bewirbt sich auf einen Platz am Fraunhofer Institut in Halle. Wegen der Geheimhaltung kann er nicht viel über das Projekt erzählen, an dem er gerade arbeitet; nur so viel, dass er verschiedene Betriebsszenarien im Bereich der erneuerbaren Energien modellieren und simulieren muss, um Algorithmen zu entwickeln. »Die Vorlesung „Alternative Kraftstoffe und Antriebe“ im Masterstudium hat mir sehr geholfen, mich in das Thema einzuarbeiten«, sagt er.

Stipendien und Studienfinanzierung

Während seines Masterstudiums konnte Leonardo als Werkstudent bei BeNEX in Hamburg arbeiten und so sein Studium finanzieren. Bei der Tochterfirma der Hochbahn hat er u.a. Algorithmen für die automatische Auswertung des Energieverbrauchs von Fahrzeugen mit Visual Basic for Applications entwickelt. »Ich habe zwanzig Stunden die Woche gearbeitet und wurde gut bezahlt«, sagt er. »Vor allem aber habe ich auch hier wichtige praktische Erfahrungen für mein Studium und meine Abschlussarbeit gesammelt.« Von einer weiteren Studienfinanzierung konnte Leonardo bereits im Bachelor-Studium profitieren. Im Winter­semester 2011/12 bewarb er sich für ein Leistungsstipendium der HAW Hamburg und war erfolgreich. Motiviert durch diese Förderung in Höhe von 2.000 Euro hat er während seines Bachelor- und Masterstudiums weiter sehr gute Studienleistungen erbracht und erhielt somit insgesamt sechs Mal Förderung im Rahmen von Leistungsstipendien und Examensförderung in Höhe von 10.400 Euro. Sein aktueller Notendurchschnitt liegt bei 1,51 – eine beachtliche Leistung nicht nur für internationale Studierende.

weBuddy und studentisches Engagement

Wenn man das alles liest, dann könnte man schnell denken, dass es Leonardo nur um sein Studium geht, aber wir haben auch eine andere Seite von ihm kennen gelernt. Als Buddy im Rahmen des weBuddy Programms des International Office der HAW Hamburg hilft er neuen internationalen Studierenden in Hamburg und an der Hochschule Fuß zu fassen und die Strukturen zu verstehen. »Als ich in Hamburg angefangen habe, haben viele Leute mir geholfen und ich war sehr dankbar, weil es alles nicht so einfach ist, wenn man fremd ist«, erzählt er. »Daher wollte ich auch anderen helfen.« Er hat auch als Nachhilfelehrer für Mathe gearbeitet und in der vorlesungsfreien Zeit begleitet er chinesische Studierende auf Exkursionen und Firmenbesuchen im Rahmen einer DAAD Summer School.

Wie geht es weiter?

Im Herbst will er mit seiner Masterthesis fertig sein und plant vorerst in Deutschland nach einer Arbeitsstelle zu suchen. »Deutschland bietet viele Möglichkeiten und ist sehr innovativ. In Indonesien habe ich nicht die Möglichkeit in der Automobilbranche zu arbeiten«, sagt er. »Ich will mehr Erfahrungen über die Softwareentwicklung sammeln und mit meinen Kenntnissen etwas zur Entwicklung der deutschen Technik beitragen.«

Wir wünschen ihm alles Gute für den Abschluss und den weiteren Weg.

 

iw/July 2017