Zentrum für Designforschnung der HAW Hamburg

"Ausgezeichnet" würdigt Masterarbeiten

Das Zentrum für Designforschung schreibt seit 2017 „Ausgezeichnet!“, den Preis für forschungsnahe, exzellente Masterabschlussarbeiten, aus. Der Preis richtet sich an Master-Studierende aller Fachrichtungen der Fakultät DMI, die ihre Abschlussarbeit im Kontext der Designforschung verorten.

Im Februar 2021 tagte die Jury für den Preis "Ausgezeichnet 2020“ , der vom Zentrum für Designforschung der HAW Hamburg vergeben wird. Die externen Juror*innen waren dieses Jahr:

- Prof. Dr. Claudia Mareis, Professorin für Designtheorie und -forschung an der Hochschule für Gestaltung und Kunst FHNW Basel,

- Prof. Dr. Sophia Prinz, aktuell Fellow am Hamburg Institute for Advanced Study (HIAS), davor Gastprofessorin für Theorie der Gestaltung/ Gender Studies an der UdK Berlin

- Prof. Dr. Friedrich von Borries, Professor für Designtheorie an der Hochschule für bildende Künste Hamburg

Die Juror*innen waren sehr interessiert an den vielen, engagierten und spannende Einreichungen aus den Bereichen Sound-Vision, Kommunikationsdesign, Modedesign, Illustration, Games und Textildesign. „Dass sich junge Designerinnen und Designer so fundiert mit den sozialen und politischen Dimensionen ihrer eigenen Gestaltungspraxis auseinandersetzen, lässt auf die Zukunft hoffen“, sagte Sophia Prinz. Und Friedrich von Borries ergänzte: „Eine spannende Bandbreite an Arbeiten; von autoethnografisch bis philosophisch, von Klimawandel bis Abtreibung: Der Preis „Ausgezeichnet“ der HAW Hamburg zeigt, wie vielfältig Design und die Auseinandersetzung damit ist.“

Die Jurorinnen haben alle eingereichten Unterlagen im Februar geschickt bekommen und sich mit den Einreichungen beschäftigt. Am Ende der Sichtung und mehreren Jurysitzungen haben die Juror*innen ein einstimmiges Votum abgegeben:

Die Preisträgerinnen sind:
Hannah Brinkmann (Illustration)


Hannah Brinkmann / Illustration
Mit „Hermann – gegen sein Gewissen“ nutzt Hannah Brinkman das Medium Graphic Novel für die Aufarbeitung eines bislang wenig thematisierten Stücks BRD-Nachkriegsgeschichte: Der zum Teilverzweifelt geführte Kampf junger Männer für ihr Recht auf Kriegsdienstverweigerung. Hannah Brinkmann gelingt es, mithilfe von bedachtsam entworfenen Bildern und Texten eine Familiengeschichte, historische Archivmaterialien und fundierte Spekulationen zu einem vielschichtigen Narrativ zu verweben. Das Ineinandergreifen von individuellem Schicksal, gesellschaftlichen Formen und politischen Zwängen wird dabei auch emotional nachvollziehbar ohne ins Sentimentale abzugleiten. Damit beweist Hannah Brinkmann, dass die Graphic Novel als Medium einer alternativen Geschichtsschreibung „von unten“ längst nicht ausgeschöpft ist.

Christine Rafflenbeul / Modedesign
Die Masterarbeit von Christine Rafflenbeul »in the Mode of n-1« verbindet auf ebenso gekonnte wie originelle Weise wissenschaftliche Erkenntnis- und Wissenstheorien mit Ansätzen und Methoden aus der künstlerischen Forschung. Ausgehend von Hans-Jörg Rheinbergers Überlegungen zu Experimentalsystemen spannt Raffenbeul mit ihrer Arbeit ein eigensinniges künstlerisch-reflexives Experimentalsystem zur Erfassung von Körper, Raum und Kleidung auf. Konkret führt sie ihre Forschung im Spannungsfeld von digitalen und analogen Arbeitsweisen und -räumen durch. Sie überrascht dabei mit originellen Begriffskreationen und Praktiken (wie VRottalität), welche traditionelle künstlerische Techniken ins Digitale überführen. Mit der künstlerischen Zuspitzung und Inszenierung von vermeintlich trivialer Alltagspraktiken (wie jene des Strickens als körperumfassendes Armstricken) veranschaulicht sie eine gegenderte materiale Epistemologie, die im Zusammenspiel von Material, Körper und Raum entsteht. Rafflenbeul gelingt es in ihrer Masterarbeit auf poetische Weise, die grundlegend materiale Dimension von Wissen zu veranschaulichen. Sie legt einen künstlerischen Forschungsansatz vor, der gerade wegen seiner vordergründigen Verspieltheit die subjektive Verstricktheit und Situiertheit von Wissensarbeit auf eine radikale Weise ernst nimmt und verdeutlicht, dass es kein Wissen jenseits von Körper und Materalität geben kann. Diese Masterarbeit überzeugt durch das Zusammenspiel von künstlerischer Forschung und Wissenstheorien.

Linda Rammes / Kommunikationsdesign
Linda Rammes‘ Arbeit „Mündigkeit und Protest“ untersucht das politische Potential von Design. Ausgangspunkt dafür ist die Frage, wie demokratische Prozesse der „Mündigkeit“ bzw. des Mündigwerdens mit und durch Gestaltung unterstützt oder hervorgebracht werden können. Dazu verknüpft Linda Rammes die Mündigkeits- bzw. Protestbegriffe von Theodor W. Adorno, Hannah Ahrendt, Michel Foucault und Chantal Mouffe mit gegenwärtigen Ansätzen aus der Designtheorie und entwickelt auf dieser Basis ein überzeugendes Gestaltungskonzept für ein Online Magazin zum Thema „Klimagerechtigkeit“. Mit dieser Arbeit leistet Linda Rammes einen eigenständigen Beitrag zur aktuellen Debatte um „Critical Design“.

Janine Karber / Kommunikationsdesign
Die Masterarbeit von Janine Karber beeindruckt mit ihrem Blick auf die verschiedenen kulturellen, historischen und psychologischen Aspekte rund um das Thema Schwangerschaft und Abtreibung. Der wissenschaftliche Teil der Arbeit ist gut recherchiert und geschrieben, man merkt, dass viel Engagement darin steckt. Die künstlerische Arbeit ist - eine Rauminstallation mit einer Vielzahl von Plakaten - sehr ausdrucksstark. Die Jury ist beeindruckt, mit wie viel Mut und Energie Janine Karber dieses politisch brisante Thema angeht und zeichnet sie - insbesondere vor dem Hintergrund des drohenden Gesamtgesellschaftlichen antifeministischen Backlash gerne mit einem Preis aus.

Kontakt

Prof. Dr, Anke Haarmann
Leitung Zentrum für Designforschung
Professorin für Designtheorie / Designforschung

T +49 40 428 75-4649
anke.haarmann@haw-hamburg.de

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