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Prämierte Masterarbeit

„Ein Schuss, ein Treffer! Besser kann’s nicht laufen“

Hamburger VDI-Preis für junge Ingenieur*innen 2022 geht an Julian Potthoff für seine Masterthesis „Entwicklung eines Drehmomentsensors und Einbindung in das hybride Antriebssystem eines Pedelecs“.

Hamburger VDI Preisverleihung 2022

Julian Potthoff bei der Preisübergabe des Hamburger VDI-Preis 2022.

Als Julian Potthoff sein Elektrotechnik-Studium an der HAW Hamburg aufnahm, waren Pedelecs noch nicht in aller Munde so wie heute. Es war auch nicht sein Ursprungsplan, am Ende des Studiums hybride Pedelecs zu bauen. Mit dem Thema befasste Potthoff sich erstmals im Jahr 2017, als er täglich einen langen Arbeitsweg zurücklegen musste und nicht bereit war, den hohen Preis für ein kommerzielles Modell auszugeben. Für die Entwicklung eines Prototyps und seine Masterthesis mit dem Titel „Entwicklung eines Drehmomentsensors und Einbindung in das hybride Antriebssystem eines Pedelecs“ erhielt Potthoff am 23. Juni 2022 den Hamburger VDI-Preis 2022. Wir haben mit ihm und dem Erstprüfer seiner Masterarbeit, Prof. Dr. Michael Röther, gesprochen.

Herr Potthoff, herzlichen Glückwunsch! Sie haben „Elektrotechnik und Informationstechnik“ studiert und haben im Anschluss den Master „Automatisierung“ an der HAW Hamburg absolviert. Worum genau geht es in Ihrer Masterarbeit?
Vielen Dank! In meiner Masterarbeit geht es um die Entwicklung eines nachrüstbaren Drehmomentsensors für ein Pedelec. Dieser soll die Kraft messen, welche beim Pedalieren aufgebracht wird. Die Information wird schließlich von einem Controller ausgewertet, um die Motorleistung bedarfsgerecht so zu dosieren, dass der Fahrkomfort deutlich verbessert wird.

Warum ausgerechnet dieses Thema?
Weil ich Spaß daran hatte. Kommerzielle Pedelecs sind relativ teuer, mit Umrüstkits kann man aber sein eigenes Fahrrad für vergleichsweise wenig Geld zu einem Pedelec umrüsten. Die Kits haben auch den Vorteil, dass sie universell nutzbar sind und auch in vielen Jahren – im Gegensatz zu kommerziellen Pedelecs – noch Ersatzteile für sie erhältlich sind. Jedoch verwenden Pedelecs in der Regel keinen Drehmomentsensor, wodurch das Fahrverhalten nicht besonders komfortabel ist. Das hatte ich vor zu ändern. So entstand die Idee, einen nachrüstbaren Drehmomentsensor mit einer entsprechenden Antriebsregelung zu entwickeln.

Für mich ist das Pedelec einerseits eine Möglichkeit zum Auspowern, andererseits aber auch ein guter Ersatz für das Auto.

Julian Potthoff, Hamburger VDI-Preisträger 2022

Was sind die Vorteile eines Pedelecs?
Für mich ist das Pedelec einerseits eine Möglichkeit zum Auspowern, andererseits aber auch ein guter Ersatz für das Auto, um morgens schweißfleckenfrei zur Arbeit zu fahren. Bei Pedelecs denken viele zunächst an Menschen, die durch die Motorunterstützung ihre Mobilität erhöhen oder wiedergewinnen möchten und ohne körperliche Anstrengung Rad fahren möchten. Ein Pedelec ist jedoch weitaus mehr als das, denn trotz elektrischer Unterstützung kann man wunderbar Sport treiben und genauso trainieren wie mit einem gewöhnlichen Fahrrad – man ist nur eben schneller.

Prof. Röther, womit hat die Masterarbeit von Julian Potthoff überzeugt, so dass Sie ihn für den Hamburger VDI-Preis vorgeschlagen haben?
Die Idee und Aufgabenstellung stammen von Herrn Potthoff selbst. Er hatte von Anfang an klare Vorstellungen, wie die Aufgabe gelöst werden kann. Eine Aufgabe mit höchstem Anspruch, besonders deshalb, weil er sich in elektrotechnikferne Fachgebiete wie Werkstoffkunde und Konstruktionstechnik einarbeiten und verschiedene Disziplinen praktisch umsetzen musste. Auch bei der Dimensionierung der Reglerparameter und der Validierung des Gesamtsystems ging er in einer vorbildlich wissenschaftlichen Weise vor. Für mich insgesamt eine über alle bisher von mir betreuten Abschlussarbeiten herausragende Thesis.

Herr Potthoff, vor welchen technischen Herausforderungen standen Sie bei der Umsetzung und wie haben Sie diese gelöst?
Eine große Herausforderung war die Entwicklung des Sensors. Kommerzielle Pedelecs messen das Drehmoment direkt an der Kurbelwelle im Tretlager, was bei mir mechanisch nicht möglich war. Ich musste einen Weg finden, ein indirektes Maß für das Drehmoment zu finden. So kam die Idee, die Verformung des Rahmens im Bereich der Hinterachsen-Aufnahme mit Hilfe von Dehnungsmessstreifen zu messen. Eine weitere Herausforderung war es, mittels eines CAD-Programmes ein passendes Adapterstück zu entwerfen, welches die Kräfte und Drehmomente adäquat auf die Dehnungsmessstreifen überträgt. Die Fertigung dieses Adapterstückes konnte erfreulicherweise die Zentrale Laborwerkstatt  der HAW Hamburg leisten.

Prof. Röther, wie war es für Sie als Sie erfahren haben, dass Julian Potthoff den Preis erhält?
Ich habe mich richtig gefreut und war auch ein bisschen stolz auf meinen Vorschlag: Ein Schuss, ein Treffer! Besser kann’s nicht laufen.

Herr Potthoff, wenn Sie sich Ihren Prototyp heute so anschauen, gibt es noch etwas, was Sie gerne daran optimieren möchten?
Absolut. Daran arbeite ich derzeit sogar. Den Prototyp habe ich auf einem günstigen und nicht besonders qualitativen „Baumarkt-Fahrrad“ aufgebaut. Das entwickelte Mess- und Regelsystem möchte ich nun in einem hochwertigeren Fahrrad einsetzen und in dem Zuge die gesamte Elektronik verbessern und vor allem verkleinern, so dass sie besser und dezenter am Fahrrad untergebracht wird. Dafür erstelle ich gerade das Layout für gedruckte Leiterplatten, die ich dann professionell fertigen lassen möchte. Das Preisgeld kommt also sehr gelegen, um mich bei diesem Vorhaben zu unterstützen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Interview: Aleksandra Doneva

Über den Hamburger VDI-Preis:
Der Hamburger Bezirksverein e. V. im Verein Deutscher Ingenieure (VDI) verleiht jährlich an Absolvent*innen, die ihr Studium mit einer hervorragenden Master- oder Bachelorarbeit abgeschlossen haben, den Hamburger VDI-Preis. Voraussetzung ist, dass die Arbeit eine erheblich über den Durchschnitt liegende Benotung bekommt und von der einreichenden Hochschule als auszeichnungswürdig beurteilt wird.

Kontakt

Aleksandra Doneva
Öffentlichkeitsarbeit
Department Informations- und Elektrotechnik
T +49 40 428 75-8302
aleksandra.doneva (at) haw-hamburg (dot) de

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