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Wie beeinflusst SEO die Ergebnisse von Suchmaschinen? DFG-Forschungsprojekt an der HAW Hamburg

Informations- und Kommunikationstechnologien bilden in Industrienationen die Grundlage von Forschung, Bildung, Innovation und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit. Suchmaschinen gehören zu den wichtigsten Hilfsmitteln, um Zugang zu Wissen zu bekommen. Wie aber beeinflusst Suchmaschinenoptimierung (SEO) die Ergebnisse von Suchmaschinen? Diese Frage untersucht Professor Dirk Lewandowski von der Fakultät Design, Medien und Information. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert seine Forschung.

Studierende der Fakultät Design, Medien und Information in der Bibliothek an der Finkenau

Studierende der Fakultät Design, Medien und Information in der Bibliothek an der Finkenau

Die meisten Menschen verwenden dieses Werkzeug heute beinahe täglich, und das meist, ohne groß darüber nachzudenken. Doch selbst wenn sie es tun, weiß kaum jemand, wie Suchmaschinen wirklich funktionieren beziehungsweise was in ihrem Hintergrund abläuft. Allenfalls, dass sie von Algorithmen gesteuert werden. Dabei beeinflusst auch das Nutzerverhalten die Darstellung der Ergebnisse und vor allem natürlich die Suchmaschinenoptimierung (SEO). Auf diesem Gebiet ist in den vergangenen Jahren ein riesiger Markt entstanden, mit Milliarden-Umsätzen.

Auf welche Weise SEO die Ergebnisseiten von Suchmaschinen beeinflusst, ist hingegen gar nicht so klar. Dieser Frage geht Professor Dirk Lewandowski von der Fakultät Design, Medien und Information der HAW Hamburg im Rahmen seines neuen Projektes nach, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für zwei Jahre gefördert wird. Gemeinsam mit seinem wissenschaftlichen Team analysiert er die Seiten der Suchergebnisse auf optimierte Inhalte und betrachtet das Ganze aus drei verschiedenen Perspektiven: Die der Nutzer von Suchmaschinen, die der Suchmaschinenoptimierer und die der Anbieter von Inhalten. Dazu führt das Forscherteam empirische Studien in Form von quantitativen und qualitativen Befragungen bei den genannten drei Akteursverbünden durch.

Beeinflussen SEO-Maßnahmen Suchmaschinen?

„Damit können wir erstmals den externen Einfluss auf die Ergebnisse von kommerziellen Suchmaschinen beschreiben und quantifizieren“, erklärt Forschungsleiter Lewandowski. „Das Projekt trägt zur Theoriebildung in der Informationswissenschaft bei, indem bestehende Information-Seeking-Modelle um eine Komponente der externen Einflussnahme auf die Suchergebnisse erweitert werden.“ Die Arbeitsgruppe fokussiert dabei auf informationsorientierte Suchanfragen, bei denen es für Nutzer darum geht, sich über ein – mitunter gesellschaftlich relevantes – Thema zu informieren. Den Forscherinnen und Forschern kommt es nicht auf den Erfolg der Suchmaschinenoptimierung an; vielmehr wollen sie am Ende des Projektes die Frage beantworten, wie stark die Ergebnisse der Suchmaschinen durch SEO-Maßnahmen beeinflusst sind.

Eine Analyse anhand eines Pyramidenmodells

Zum methodischen Vorgehen gehört, dass Lewandowski und sein Mitarbeiter-Team eine Software entwickeln, die Suchmaschinen automatisch abfragt und die sich daraus ergebenden Ergebnisse analysiert. Die Analysemethoden erklärt Professor Lewandowski anhand eines Pyramidenmodells, das die Faktoren nach ihrer Zuverlässigkeit gliedert. An der Spitze der Pyramide befinden sich die Werkzeuge zur Suchmaschinenoptimierung, die zum Beispiel die Dichte an Schlüsselwörtern in den Dokumenten messen. Da solche Tools oft als Plug-In von Content-Management-Systemen vorliegen, lassen sie sich anhand des Quellcodes der jeweiligen Internet-Seite leicht automatisch identifizieren.

Die nächste Ebene unterhalb der Pyramidenspitze befasst sich mit den Web-Analytics-Tools und Tracking-Codes, die meist für Werbung eingesetzt werden. „Tracking-Codes sind innerhalb eines Quelltextes einer Webseite als Snippet eingebunden, zum Beispiel in JavaScript“, erklärt Projektleiter Lewandowski. „Deshalb lassen sie sich über das Scraping auslesen.“ Auf der nächst tieferen Ebene folgt die manuelle Klassifikation von Webseiten. Die automatische Analyse von Dokumenten und Webseiten auf Basis von SEO-Faktoren, die aus der Literatur bekannt sind, bildet schließlich das Fundament der Pyramide. Davon gibt es mehrere hundert, wie beispielsweise die Dichte von Keywords, Anzahl und Qualität der Inlinks sowie die Architektur der Webseite. 

Perspektive der Nutzer

Die Erkenntnisse aus diesem Prozess werden dann kombiniert mit den Ergebnissen der Befragungen sowie weiteren Untersuchungen. So erfasst das Forscherteam beispielsweise die Perspektive der Nutzer durch eine repräsentative Online-Befragung und eine Laborstudie. Zu letzterer gehören Beobachtungen von Blick- und Klickverhalten, während die Nutzer Information-Seeking-Aufgaben erledigen. Die Augenbewegungen werden mittels Eyetracking aufgezeichnet. Außerdem führen die Forscher mit den Nutzern qualitative Interviews.

Charakteristisch für dieses Projekt sei somit eine „Triangulation von Methoden der Datenanalyse aus Informatik, Informationswissenschaft und Sozialwissenschaften“, erklärt Lewandowski, der außer Informationswissenschaft auch Philosophie und Kommunikations- und Medienwissenschaft an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf studiert hat. „Die interdisziplinäre Basis der Analyse ist bislang einzigartig und wird das Verständnis von Suchmaschinen sowie des Einflusses von Suchmaschinenoptimierung erheblich voranbringen.“

Er verweist auf die Relevanz des Themas für eine Gesellschaft, in der die Informationssuche zum großen Teil über kommerzielle Suchmaschinen erfolgt, also solche, die sich – wie z. B. Google und Bing – durch Werbung finanzieren. Deshalb erwartet der Projektleiter von den Ergebnissen einen wichtigen Bezug zur Praxis, nämlich im Bereich der Regulierung und des Verbraucherschutzes.

Förderer und Unterstützer

Neben der DFG-Förderung gibt es für Professor Lewandowski noch eine weitere gute Nachricht: Mehrere Studierende, die ihre Abschlussarbeit bei ihm zum Thema „Suche“ schreiben beziehungsweise geschrieben haben, werden oder wurden durch ein Stipendium des Suma e.V. unterstützt. Der gemeinnützige Verein in Hannover setzt sich für den freien Zugang von Wissen im Netz ein. Nach eigenen Angaben möchten die Mitglieder nicht, dass Informationssuche in einer Filterblase stattfindet oder kommerzielle Interessen der großen Internetdienste die Seiten-Inhalte beeinflussen.

Aus diesem Grund entwickeln und betreiben sie die Suchmaschine MetaGer. Der Schutz der Privatsphäre sei ihnen dabei ebenso wichtig wie die Forschung zu ihrem Thema. Deshalb vergibt der Verein Stipendien für Abschlussarbeiten, die von grundsätzlicher Bedeutung für die Suchmaschinentechnologie sind. „Alle fünf bisher vergebenen Stipendien gingen an Studierende der HAW, was die Bedeutung unserer Arbeit im Bereich Suchmaschinen unterstreicht“, freut sich Lewandowski.
(Autorin: Wissenschaftsjournalistin Monika Rößiger)

Kontakt

Department Information
Fakultät Design, Medien und Information
Prof. Dr. Dirk Lewandowski
Experte für Suchmaschinen
Tel. 040.42875-3621
dirk.lewandowski( (at) )haw-hamburg (dot) de
 

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