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Internationaler Frauentag

Acht Frauen, drei Fragen

Seit 100 Jahren wird am 8. März der internationale Frauentag gefeiert. Initiiert wurde der Frauentag, um für Gleichberechtigung, Emanzipation und das Frauen-Wahlrecht zu kämpfen. Vom ersten Frauentag bis heute hat sich viel getan. Dennoch zeigen beispielsweise die ungleiche Doppelbelastung von Frauen durch Job und Familie oder der Gender Pay Gap, dass Politik und Gesellschaft in Sachen Gleichberechtigung nach wie vor gefordert sind.

Wir haben acht Kolleginnen gefragt, was sie mit dem internationalen Frauentag verbinden. Unsere drei Fragen lauten:

  1. Was bedeutet der internationale Frauentag für Sie?
  2. Welche Frauen haben Sie positiv beeinflusst?
  3. Das Motto der UN für den 8. März 2021 lautet „Frauen in Führungspositionen“. Klappt das aus Ihrer Sicht schon an der HAW Hamburg?

Rosi Taneja, Leitungsassistenz bei der Arbeitsstelle Studium und Didaktik

1. Der internationale Frauentag bedeutet für mich, dass wir noch einen weiten Weg vor uns haben bis die Gleichstellung der Geschlechter erreicht ist. Auch ohne diesen Tag einmal im Jahr sollte die Gleichstellung jeden Tag selbstverständlich sein.

2. Es gibt tatsächlich einige Frauen in meinem Leben, die mich positiv beeinflusst haben bzw. so stark gemacht haben, um für das eigene Recht zu kämpfen. Die wichtigste Person in meinem Leben ist Frau Hartter (80 Jahre). Sie musste als Frau viel mehr kämpfen als ich in der heutigen Zeit. Diese Frauen haben für uns schon sehr harte Arbeit geleistet.

3. Die HAW Hamburg ist auf einem guten Weg. Gleichzeit finde ich, dass es noch Möglichkeiten gibt, um Frauen mehr zu fördern, damit sie Führungspositionen annehmen können. Das Problem ist ja teilweise, dass Frauen gar nicht zur gleichen Qualifikation gelangen, damit sie sich auf eine Führungsposition bewerben können – vielleicht müsste die HAW Hamburg Frauen in diese Richtung fördern.

Die wichtigste Person in meinem Leben ist Frau Hartter (80 Jahre). Sie musste als Frau viel mehr kämpfen als ich in der heutigen Zeit.

Rosi Taneja, Leitungsassistenz bei der Arbeitsstelle Studium und Didaktik

Prof. Dr. Annabella Rauscher-Scheibe, Professorin für Angewandte Mathematik im Department Informations- und Elektrotechnik

1. Die bittere Erkenntnis, dass es den internationalen Frauentag gibt, weil der Anlass dafür immer noch auf der ganzen Welt existiert. In meinem privilegierten Leben nicht als körperliche Gewalt, aber doch in Fragen von Kollegen, dass der Berufungsausschuss fachlich schon hervorragend besetzt sei, man aber leider noch eine Frau bräuchte… oder am Mensatisch in meinem ersten Semester an der HAW, ob meine Stelle eigentlich eine normale Professur sei und wie ich die wohl bekommen hätte?

2. Emmy Noether (Mathematikerin) und Lise Meitner (Physikerin), faszinierend in ihrer Begeisterung, exzellent in ihrem Fach, beide mussten über Jahrzehnte um Anerkennung kämpfen, vor allem wurde ihnen als Frauen lange das Recht auf eine ordentliche Professur verweigert. Erschreckenderweise hatte ich in meinem Studium dieser beiden Fächer sechzig Jahre später immer noch keine einzige Vorlesung bei einer Frau.

3. Frauen in Führungspositionen? Ja, gibt es an der HAW. In unserer Fakultät sogar oft überproportional, drei von fünf Frauen in unserem Department beispielsweise waren schon Prodekanin oder Departmentleiterin. Allerdings handelt es sich dabei keineswegs um heißumkämpfte Positionen…

Die bittere Erkenntnis, dass es den internationalen Frauentag gibt, weil der Anlass dafür immer noch auf der ganzen Welt existiert.

Prof. Dr. Annabella Rauscher-Scheibe, Professorin für Angewandte Mathematik im Department Informations- und Elektrotechnik

Kathrin Rath, Koordination Forschung International bei Forschung und Transfer

1. Für mich wird mit dem internationalen Frauentag ein Zeichen für Frauen gesetzt. Ich empfinde diesen Tag als Wertschätzung. Gleichzeitig ist er für mich ein Hinweis dafür, dass es offenbar – immer noch – eines besonderen Tages bedarf, um Frauen und ihre Leistung zu würdigen; und in vielen Fällen auch auf eklatante Ungerechtigkeiten und Ungleichbehandlungen hinzuweisen. Ich würde mir wünschen, dass die Gleichbehandlung und Gleichstellung aller Menschen stärker voranschreiten.

2. Mich haben schon immer Frauen positiv beeinflusst, die offen und engagiert sind, die sich einsetzen für ihre Ideen, die inspirierend und energiegeladen sind; und die machen! Ich bewundere Frauen, die Haltung zeigen, die zu sich und ihren Werten stehen – auch wenn’s schwierig wird.

3. Mit Blick auf das Präsidium und die Dekanate würde ich sagen: Ja. Auch viele Stabsstellen und Betriebseinheiten werden ja von Frauen geführt. Dennoch bin ich heilfroh, dass es an unserer Hochschule die Stabsstelle „Gleichstellung“ mit sehr aktiven Kolleginnen gibt, die die Fahne in puncto „Gleichstellung“ hochhalten und den Blick hier immer wieder schärfen. Ich glaube, Gleichstellung ist nach wie vor keine Selbstverständlichkeit und bedarf andauerndem Engagement.

Ich glaube, Gleichstellung ist nach wie vor keine Selbstverständlichkeit und bedarf andauerndem Engagement.

Kathrin Rath, Koordination Forschung International bei Forschung und Transfer

Elke Willmann, Leitung Präsidialbüro

1. Bisher habe ich mir diese Frage nicht gestellt und bin dankbar, dass dies ein Anstoß ist, einmal darüber nachzudenken. Vor sehr vielen Jahren haben Frauen angefangen für Ihre Rechte zu kämpfen und davon profitieren wir heute sehr. In erster Linie bedeutet dies für mich, dass wir Frauen seit vielen Jahren lernen, dass wir selbstständig sein, denken und entscheiden können und uns nicht von (Ehe-)Männern beeinflussen lassen. Aber dieser Prozess beginnt vor allen Dingen im jungen Alter in der Erziehung. Meine Mutter hat die typische Rolle, Hausfrau und Mutter zu sein, gelebt und geliebt. Ich finde das durchaus in Ordnung, weil es ihre Entscheidung war so zu leben. Sie hat mir und meinen Geschwistern mitgegeben, dass zu tun und zu werden, was wir möchten. Zwei meiner Schwestern leben heute genauso wie unsere Mutter und sind glücklich.
Aus meiner Sicht befinden wir uns erst jetzt in einer Generation des Umbruchs. Der Prozess der Umwandlung des Denkens über die der Rolle Frau hat viele Jahre gedauert, wird auch weiterhin andauern und die nachfolgende Generation beschäftigen. Ich finde es sehr gut, dass es so viele Personen gibt, die sich weiterhin stark dafür einsetzen. Nichtsdestotrotz gibt es auch Dinge im Umgang mit den Frauenrechten, die ich kritisch sehe. Wir befinden uns gerade eben auch in einer Zeit, in der sich Frauen, die sich bewusst für das Hausfrau- und Mutterdasein entschieden haben, oft rechtfertigen müssen. Das ist schade. Persönlich bin ich der Ansicht, dass Toleranz und Akzeptanz in vielen Diskussionen wesentlich mehr Platz benötigen. Es sollte in der Diskussion nicht ungerecht werden gegenüber anderen Geschlechtern. Gleichberechtigung ist wichtig aber bitte für alle.
Bei der jetzigen Generation (<60) stellt sich ein Umdenken ein. Unsere Kinder verinnerlichen und leben heute in der Erziehung noch mehr als in meiner Generation, die Themen Gleichstellung, Gleichberechtigung und Toleranz. Aktionstage wie der internationale Frauentag tragen ebenso dazu bei wie viele andere Veranstaltungen auch. Die sozialen Netzwerke, die wir heute zur Verfügung haben, beschleunigen den Prozess.

2. Diese Frage kann ich nur sehr schwer beantworten. Es gibt für mich kein spezielles Vorbild, es ist die Summe aller Personen in meinem Umfeld, die mich zu dem Menschen gemacht haben, der ich bin und wie ich denke. Aber irgendwie ist es dann doch wohl auch meine Mutter.

3. Ja. Wir haben ein tolles Team in der Stabsstelle Gleichstellung, welches sich sehr bewusst um umsichtig dafür einsetzt, dass es so bleibt. 
 

Vor sehr vielen Jahren haben Frauen angefangen für Ihre Rechte zu kämpfen und davon profitieren wir heute sehr. In erster Linie bedeutet dies für mich, dass wir Frauen seit vielen Jahren lernen, dass wir selbstständig sein, denken und entscheiden können und uns nicht von (Ehe-)Männern beeinflussen lassen.

Elke Willmann, Leitung Präsidialbüro

        Alice Nägle, Studentin der HAW Hamburg

        Der internationale Frauentag bedeutet für mich insbesondere Gleichberechtigung. Dabei geht es für mich aber vielmehr um ein Miteinander als ein Gegeneinander.

        Alica Nägle, Studentin an der HAW Hamburg

        Daniela Paul, IT Service Center

        1. Mit dem internationalen Frauentag verbinde ich besondere Erinnerungen aus meiner Schulzeit. Ich bin in der DDR aufgewachsen und da gab es bestimmte „Bräuche“ – ich weiß nicht, ob diese regional verschieden waren. In Brandenburg hatte zum Beispiel jede Schulklasse eine Art Patenschaft mit einer Abteilung in einem Betrieb/Werk. Diese nannte sich „Patenbrigade“. Und an jedem 8. März machten wir als Klasse einen kleinen Ausflug zur unserer „Patenbrigade“, um den Frauen dort mit Gedicht oder Lied zum Frauentag zu gratulieren und Blumen – meistens rote Nelken – zu überreichen. Zusätzlich kann ich mich erinnern, dass wir gerade in der Grundschule auch unseren Lehrerinnen einen Blumenstrauß an diesem Tag mitbrachten. Natürlich konnte man dann leicht erkennen, welches die Lieblingslehrerinnen der Schüler waren. Mit der Wiedervereinigung hatte ich eher das Gefühl, dass dieser Tag komplett abgeschafft wurde – jedenfalls habe ich noch nie Blumen zum Frauentag bekommen…

        2. Ich kann an dieser Stelle keine einzelnen Frauen nennen, die mich positiv beeinflusst haben, aber ich bewundere die Frauen, die immer wieder alles unter einen Hut kriegen und dabei sogar noch Optimismus ausstrahlen. Als Mutter weiß ich nun, wie es ist, wenn man nicht nur seinen Job ausfüllt, sondern auch noch „nebenbei“ für Haushalt, Familie und Kinder sorgt. Gerade in dieser Pandemie waren das sehr große Herausforderungen, die überwiegend die Frauen gestemmt haben. Ich bewundere jede, die das alles gut meistert, ohne sich dabei selbst zu vergessen.

        3. Bisher habe ich mir darüber wenig Gedanken gemacht, aber soweit ich das überblicke, denke ich, dass die HAW Hamburg da schon recht weit ist.

        Ich kann an dieser Stelle keine einzelnen Frauen nennen, die mich positiv beeinflusst haben, aber ich bewundere die Frauen, die immer wieder alles unter einen Hut kriegen und dabei sogar noch Optimismus ausstrahlen.

        Daniela Paul, IT Service Center

        Melissa Nelson, Übersetzerin bei Presse und Kommunikation

        1. Ich bin Kanadierin und als Kind bin ich in einer WG mit meiner Mutter, meiner Schwester und einer anderen Mutter und ihren Töchtern aufgewachsen. Meine Mutter hat Women’s Studies (jetzt Gender Studies) studiert, also war der Frauentag schon damals Gesprächsthema. Die Botschaft, an die ich mich erinnere, war „Frauen sind großartig, Frauen sind stark“. Heute ist mein Verständnis des Tages nuancierter geworden: Ich sehe ihn immer noch als einen Tag, um die Errungenschaften von Frauen und den Fortschritt in Richtung Gleichberechtigung zu feiern – und von beiden gibt es eine Menge – finde aber, dass noch viel mehr passieren muss. Frauen verdienen im Durchschnitt immer noch weniger als Männer und sind in Führungspositionen unterrepräsentiert. Wie die #MeToo-Bewegung zeigt, sind sexuelle Belästigung und Missbrauch nach wie vor große Themen am Arbeitsplatz, im Sport und anderswo. Außerdem ist es wichtig zu erkennen, dass Frauen keine homogene Gruppe bilden: Einige Frauen haben deutlich mehr Privilegien und Möglichkeiten als andere. Daher muss sichergestellt werden, dass die Bemühungen um mehr Gleichberechtigung tatsächlich alle Frauen anerkennen und einbeziehen.

        2. Darüber könnte ich wahrscheinlich eine Arbeit, wenn nicht sogar ein Buch, schreiben, es gibt so viele und es kommen immer mehr dazu. Seit ein paar Jahren bewundere ich die US-amerikanische Politikerin Alexandria Ocasio-Cortez. Sie wurde mit 29 Jahren ins Repräsentantenhaus gewählt und wurde damit die jüngste Frau, die je im Kongress gedient hat. Sie ist extrem klug, engagiert, effektiv UND cool, und sie setzt sich meiner Meinung nach umfassend für „equality“ ein.

        3. An der HAW Hamburg gibt es relativ viele Frauen in Führungspositionen, was ich beeindruckend finde. Allerdings scheinen „women of colour“ innerhalb dieser Gruppe noch unterrepräsentiert zu sein. Mehr Diversität in diesem Bereich würde ein noch positiveres Zeichen setzen.

        Seit ein paar Jahren bewundere ich die US-amerikanische Politikerin Alexandria Ocasio-Cortez. Sie ist extrem klug, engagiert, effektiv UND cool, und sie setzt sich meiner Meinung nach umfassend für „equality“ ein.

        Melissa Nelson, Übersetzerin bei Presse und Kommunikation

        Prof. Dr. Monika Bessenrodt-Weberpals, Vizepräsidentin Studium und Lehre sowie Gleichstellung

        1. Den internationalen Frauentag verstehe ich als institutionalisierte Mahnung und Sorge um bestehende Benachteiligungen und Diskriminierungen von Frauen weltweit. Noch immer sind Frauen vielfach in sozialer, wirtschaftlicher und politischer Hinsicht nicht gleichberechtigt und verfügen nicht über dieselben Chancen auf Bildungsteilhabe. Gleichzeitig bedeutet der Frauentag für mich auch ein Zeichen der Solidarität mit allen Frauen weltweit, die Gewalt ausgesetzt sind, unterdrückt werden und denen Selbstbestimmungsrechte versagt bleiben.

        2. Vor allem hat mich meine Mutter positiv beeinflusst, die als junge Mutter erfolgreich Physik studierte, aber nur wenige Jahre vor mir promovierte. Sie hat mich auch auf Schriftstellerinnen und Philosophinnen wie Simone de Beauvoir aufmerksam gemacht. Später habe ich bei der Gründung des Arbeitskreises Chancengleichheit in der Deutschen Physikalischen Gesellschaft sehr viele engagierte junge wie ältere Physikerinnen kennen und schätzen gelernt, die hierarchiefrei für das gemeinsame  Ziel von mehr Chancengerechtigkeit zusammenarbeiten. Die gemeinsame Haltung zu gründlicher Analyse und konstruktiver Veränderung zugunsten von Frauen haben mich dabei besonders positiv beeinflusst.

        3. Die HAW Hamburg hat sich dieses Themas frühzeitig angenommen und erreicht inzwischen sehr gute Kennzahlen: Eine aktuelle Auswertung der Frauen- und Männeranteile an allen Führungskräften aus der zentralen Hochschulverwaltung und den Fakultätsverwaltungen nennt 13 weibliche Führungskräfte von diesen insgesamt 24 Personen; dies entspricht 54 Prozent und übertrifft den Frauenanteil in Führungspositionen der Hamburgischen Verwaltung von 42 Prozent merklich. Auch der Professorinnenanteil konnte von 19 Prozent im Jahr 2008 auf nun 30 Prozent im Jahr 2020 gesteigert werden; dieser Wert liegt deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 24 Prozent an Hochschulen für angewandte Wissenschaften, hat aber insbesondere in den MINT-Fächern noch Luft nach oben. Darüber hinaus sind 3 von 4 Dekan*innen der HAW Hamburg weiblich und 2 von 5 Präsidiumsmitgliedern. Insgesamt hat die HAW Hamburg also zahlreiche erfolgreiche Frauen in Führungspositionen.

        Vor allem hat mich meine Mutter positiv beeinflusst, die als junge Mutter erfolgreich Physik studierte, aber nur wenige Jahre vor mir promovierte.

        Prof. Dr. Monika Bessenrodt-Weberpals, Vizepräsidentin Studium und Lehre sowie Gleichstellung
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