Soziales Lernexperiment

Von der Bereitschaft zu scheitern

Neugierig, offen, experimentierfreudig – lauter Eigenschaften, die an einer Hochschule gern gesehen sind. Doch sind wir das auch, wenn es darum geht, eigene (Verhaltens-)Muster im Arbeits- und Studienalltag zu hinterfragen, den Perspektivwechsel zu wagen und das eigene Handeln zu reflektieren? Katrin Schillinger, Projektmanagerin im Digitalisierungsprojekt „Hybride Lernräume“, hatte das Lernexperiment gewagt und Interessierte eingeladen, einmal gewohnten Pfade zu verlassen.

Fauenhand hält kleine Glaskugel, die das Bild im Hntergrund auf den Kopf stellt

Mit dem Hineinversetzen und aktivem Agieren in anderen Rollen, gelingt den Teilnehmenden ein Perspektivwechsel - das Lernexperiment bietet viele Aha-Momente

Ein wenig fragend sind die Blicke der Teilnehmenden am Workshop „Vom Ich zum Wir: Campusentwicklung auf Augenhöhe – ein soziales Lernexperiment“ beim University Future Festival im November 2021 schon. Nach einem kurzen Impulsvortrag von Katrin Schillinger geht es direkt los, die Teilnehmenden sind angehalten, den weiteren Verlauf des Workshops zu bestimmen. „Für mich ist es auch jedes Mal ein Experiment“, erklärt Katrin Schillinger. „Die einzigen Vorgaben: Ein gemeinsames Thema muss gefunden werden zwei, drei Personen nehmen bestimmte Rollen ein, und einige Teilnehmende beobachten, ob die Rollen eingehalten werden, wie die Personen in den Rollen agieren und wann und wie Irritationen oder Wendepunkte auftreten.“ Das reicht, um während des Workshops einige Aha-Momente zu erleben und die Worthülsen „Agiles Arbeiten“ und „Kommunikation auf Augenhöhe“ mit Leben zu füllen.
 

Die Welt ist in den vergangenen Jahren volatiler, unsicherer geworden. Um in den neuen Spannungsfeldern nicht nur zu reagieren, sondern auch zu agieren, hilft es, sich immer wieder auf unbekanntes Terrain zu wagen.

Katrin Schillinger, Projektmanagerin im Digitalisierungsprojekt „Hybride Lernräume“

Viele werden es von sich kennen: Mit eingefahrenen Mustern zu brechen, ist nicht leicht. Das zeigt sich beispielsweise bei den guten Vorsätzen für das neue Jahr. Dass wir aber grundsätzlich zu Veränderungen in der Lage sind, zeigt unsere Anpassungsfähigkeit in Zeiten von Krisen wie der Corona-Pandemie. „Die Welt ist in den vergangenen Jahren volatiler, unsicherer geworden. Um in den neuen Spannungsfeldern nicht nur zu reagieren, sondern auch zu agieren, hilft es, sich immer wieder auf unbekanntes Terrain zu wagen“, so Katrin Schillinger. Doch das ist nicht die einzige Erkenntnis bei dem Lernexperiment. „Mit dem Hineinversetzen und aktivem Agieren in anderen Rollen, gelingt den Teilnehmenden ein Perspektivwechsel – bei einem Experiment nahm ein*e Kolleg*in aus der Verwaltung die Rolle eines Studierenden ein, ein*e Lehrende*r die eines Präsidiumsmitglieds. So bekommen die Teilnehmenden ein besseres Verständnis für das Handeln anderer Personen.“

Neben dem Unbekannten und dem Perspektivwechsel kommt beim Lernexperiment ein drittes, wichtiges Element des agilen Arbeitens hinzu: die Retrospektive. Der Blick zurück auf umgesetzte Maßnahmen hilft, für die Zukunft zu lernen. Beim Workshop haben die beobachtenden Teilnehmenden hierauf ein besonderes Augenmerk gelegt. „Es ist spannend, so ergebnisoffen, frei und in einer anderen Rolle in eine Diskussion zu gehen. Aus dieser Erfahrung und der Sicht der anderen in der Retrospektive habe ich viele Denkanstöße mitgenommen“, so Hanna Meyer zu Hörste, Projektkoordinatorin der Lernumgebung viaMINT und Teilnehmerin des Lernexperiments.

Es ist spannend, so ergebnisoffen, frei und in einer anderen Rolle in eine Diskussion zu gehen.

Hanna Meyer zu Hörste, Teilnehmerin und Projektkoordinatorin der Lernumgebung viaMINT

Nach einer Stunde sind viele Teilnehmende überrascht, wie intensiv und zielführend die Diskussionen über ein Thema war, das am Anfang des Workshops für alle noch nicht feststand. „Das Lernexperiment verlangt allen sehr viel ab. Aber statt in Starre zu verfallen – was häufig in Überforderungssituationen passiert – sind wir im Workshop angehalten, uns direkt mit der neuen, mitunter komplexen Lage auseinanderzusetzen“, erklärt Katrin Schillinger. „So schaffen wir eine Dynamik, die jeder und jedem zeigt, was möglich ist. Vor allem werden wir agiler und innovativer mit Situationen umgehen, wenn wir uns selbst erlauben, auch mal zu scheitern – um anschließend aus unseren Fehlern zu lernen.“

Wer selbst an einem solchen Lernexperiment teilnehmen möchte, sollte sich den 23. März schon einmal vormerken und sich für den Termin anmelden.

Text: Anke Blacha

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