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Blockchain-Technologie

Blockchain und Energiemarkt: wie geht das zusammen?

Strom vom Dach des Nachbarn kaufen statt vom großen Energiekonzern – Energie soll per sogenanntem Peer-to-Peer-Handel verkauft werden. Ein Forschungsprojekt beim Transferzentrum Digitale Wirtschaftsprozesse (FTZ DiWiP) in Bergedorf lotet mit der Blockchain-Technologie die Möglichkeiten aus.

Strom vom Dach des Landwirts, und zwar direkt. Ein Ziel der noch virtuellen Plattform von PEAK.

Strom vom Dach des Landwirts, und zwar direkt. Ein Ziel der noch virtuellen Plattform von PEAK.

PEAK – so lautet die Abkürzung für die „Integrierte Plattform für Peer-to-Peer Energiehandel und Aktive Netzführung“ an der Dennis Witzke und Mathias Röper am FTZ DiWiP in Bergedorf zusammen forschen. PEAK könnte, wenn das bislang virtuelle Projekt als Blaupause in die Praxis geht, den Energiemarkt revolutionieren. Die Herkunft der Energie wird dann transparent, so dass sich die Verbraucher zum Beispiel individuell für den per Windrad oder Solaranlage produzierten Strom eines Landwirts aus Schleswig-Holstein entscheiden können. Der Anbieter gibt ein Gebot ab, das die Stromkunden und -kundinnen einkaufen; man spricht hier von Peer-to-Peer-Handel. Der Verkauf erfolgt über die Handels-Plattform PEAK.

„Bislang speisen die privaten Energieproduzenten den Strom, den sie selbst nicht verbrauchen, unkontrolliert in das Netz ein, solange dieses es zulässt. Der grün erzeugte Strom wird so zu Graustrom und verschwindet unsichtbar in der Masse der Einspeiser“, sagt der wissenschaftliche Mitarbeiter Dennis Witzke. Hinzu kommt, dass erneuerbare Energie in Deutschland sehr unterschiedlich erzeugt wird. Die großen Megawatt-Windparks in der Nordsee erzeugen bei starkem Wind mehr Energie als abtransportiert werden kann. Dadurch kann es zur Abregelung kommen – für die die großen Windparkbetreiber Entschädigungen erhalten. „Das ist für die Stromverbraucher und -verbraucherinnen, also für uns, ziemlich teuer – und zudem absurd, da parallel in Süddeutschland Kohle- oder Gaskraftwerke zum Ausgleich hinter den Stromengpässen hochgefahren werden müssen, da der Strom dort weiterhin benötigt wird“, erklärt Witzke weiter. „Mit PEAK wollen wir das ändern. Wir wollen lokal erzeugten Strom auch lokal verbrauchen. Dafür benötigen wir Kleinstkraftwerke, die den Strom dezentral produzieren. Wir wollen so von der zentralisierten Energiewirtschaft wegkommen.“

Wir wollen so von der zentralisierten Energiewirtschaft wegkommen.

Dennis Witzke, Wissenschaflicher Mitarbeiter im Projekt PEAK

Wie funktioniert nun aber PEAK? Die Plattform agiert wie eine Handelsbörse. Der private Stromanbieter mit zum Beispiel einer Fotovoltaikanlage auf dem Dach registriert sich auf der Plattform und gibt ein Gebot für seinen Strom ab. Der Preis wird vorher durch einen vollautomatischen Energieagenten ausgehandelt. Stromkunden und -kundinnen aus der Nachbarschaft, die gerade viel Strom benötigen, akzeptieren das Gebot und kaufen die Energie vom lokalen Erzeuger ab.

„Diese Art von Peer-to-Peer Stromhandel ist nicht ganz neu“, erklärt Witzke, der zuvor den Master „Renewable Energy Systems“ bei Prof. Hans Schäfers an der HAW Hamburg studierte. In den USA wurde dieser Ansatz bereits untern anderem im Rahmen des sogenannten Brooklyn Microgrids ausgelotet. „In Deutschland ist diese Dezentralisierung von Stromlieferanten noch relativ neu.“ Dabei interagiert die Plattform PEAK gleichfalls mit dem Netzbetreiber vor Ort, um Netzengpässe festzustellen. „Auf Hamburg bezogen wäre es das die Stromnetz Hamburg GmbH. PEAK bedient also drei Interessensgruppen: die lokalen Netzbetreiber, den Stromerzeuger und die Verbraucher und Verbraucherinnen vor Ort. Erst in diesem Dreieck funktioniert es.“

Was müsste nun der lokale, private Stromerzeuger tun, um Teil des Pilotprojekts PEAK zu werden? „Das ist gar nicht so schwierig“, erklärt Witzke. Teilnehmende nehmen Kontakt zu PEAK auf, registrieren sich und lassen sich die Hardware- und Softwarekomponenten implementieren. Im Anschluss können die Teilnehmenden über eine App ihre Präferenzen in Bezug auf Herkunft, Umkreis und weiteren Randbedingungen, wie beispielsweise mindestens 50 km Reichweite des E-Fahrzeuges am Morgen, einstellen. Der Rest funktioniert automatisch.

Wir loten gerade die Möglichkeiten aus, wie wir Blockchain wirksam einsetzen können. Dabei wollen wir weg von dem umgangssprachlichen Begriff Blockchain hin zu einer sinnvollen Anwendung.

Dennis Witzke, der auch für die Administration beim FTZ DiWiP zuständig ist

Wie aber kommt nun die Blockchain Komponente dazu? „Tatsächlich ist das noch schwierig zu beantworten“, erklärt Forscher Witzke. „Wir loten gerade die Möglichkeiten aus, wie wir Blockchain wirksam einsetzen können. Dabei wollen wir weg von dem umgangssprachlichen Begriff Blockchain hin zu einer sinnvollen Anwendung, die im Vergleich zu üblichen Lösungen echten Mehrwert bietet.“ Die dezentrale Stromerzeugung bietet einige Anwendungsfälle, die das Team am FTZ DiWiP untersucht. Blockchain kann beispielsweise dafür eingesetzt werden, dass der Datenverlauf transparent gestaltet und vollständig übermittelt wird. „Das verschafft Sicherheit zum Beispiel in der korrekten Berechnung des Marktprozesses.“ Die neue Technologie kann so Vertrauen durch transparente Abläufe schaffen und Sicherheit für alle Seiten herstellen. „Aber wir haben gleichzeitig eine Herausforderung beim Thema Datenschutzgrundverordnung, der DGSVO, da alle Daten gespeichert, nicht mehr zu löschen und unter Umständen für alle sichtbar sind. Das stellt eine im Projekt noch zu lösende Aufgabe dar.“

Text: Katharina Jeorgakopulos

Weitere Information:
Forschungs- und Transferzentrum Digitale Wirtschaftsprozesse (FTZ DiWiP)

Kontakt

Fakultät Life Sciences
Forschungs- und Transferzentrum Digitale Wirtschaftsprozesse (FTZ DiWiP)
Prof. Dr.-Ing Volker Skwarek (Leitung)

Dennis Witzke
Administration FTZ DiWiP
Wissenschaflicher Mitarbeiter im Projekt PEAK
Tel.: 040 428 75-6504
dennis.witzke (at) haw-hamburg (dot) de
 

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