Kurzbeschreibung
Im Rahmen des Projektes werden soziale Problemlagen von desorganisiert und zurückgezogen lebenden älteren Menschen identifiziert. In Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern aus dem Sozial- und Wohnungssektor wird anschließend ein sozialraumbezogenes Interventionskonzept erstellt, das insbesondere der Verbesserung der gesundheitlichen Lebenslage der Zielgruppe und der Stärkung ihrer Teilhabe am gesellschaftlichen Leben dient. Aus der begleitenden Evaluation ergeben sich Handlungsempfehlungen u.a. zur Übertragbarkeit des Konzeptes auf andere Regionen.
Kurzfilme zur Visualisierung der Erkenntnisse
Die Erkenntnisse wurden zur Visualisierung in zwei Kurzfilme (Visual Essays) gefasst.
Projektinhalte
Desorganisiertes Wohnen ist zwar ein medienpräsentes Phänomen, wird dort jedoch in erster Linie aus einer voyeuristischen Perspektive angegangen. Tatsächlich hat es weitreichende, komplexe Folgen für die Betroffenen und ist mit Schamgefühlen verbunden sowie Hilflosigkeit auf der Seite der Außenstehenden:
- Soziale Isolation und Einsamkeit
- Verstärkung von Armutssymptomen
- gesundheitliche Beeinträchtigungen
- Schädigung von eigenem und angrenzendem Wohnraum sowie damit verbundene Kosten bzw. Wertminderungen etc.
- bis hin zu drohendem Wohnungsverlust
Bedeutet das Leben in einem desorganisierten Haushalt für alle Altersgruppen eine erhebliche Beeinträchtigung der eigenen Lebensqualität, so sind aufgrund körperlicher Einschränkungen besonders ältere desorganisiert lebende Menschen auf Unterstützung angewiesen. Eine Hamburger Studie aus dem Jahr 2008 ergab, dass sich etwa ein Drittel der Wohnungen, in denen alte Menschen erst nach längerer Zeit tot aufgefunden wurden, in einem verwahrlosten Zustand befanden (vgl. Studie „Leben (und Sterben) im Alter, Püschel 2008). Die Zahl der Einpersonenhaushalte in der Altersstufe 60plus wird voraussichtlich von 40% (2009) auf 43% bzw. 52% im Jahr 2030 steigen (vgl. Statistisches Bundesamt 2010; ebd. 2012a und b). Diese Entwicklungen sowie das vermehrte Auftreten altersbedingter Erkrankungen und Einschränkungen, wie z.B. Demenz und Gebrechlichkeit, in deren Verlauf eine eigenständige Haushaltsführung nicht mehr (ausreichend) möglich ist, begünstigen das Auftreten desorganisierten Wohnens. Daneben erhöhen gesellschaftliche Entwicklungen, wie z.B. die zunehmende Individualisierung sowie Einsamkeit im Alter, das Risiko unbemerkt in extrem problematischen Wohnsituationen zu leben (vgl. Huxhold et al. 2010; Stadt Dortmund 2014).
Im Projekt wird bewusst der Ausdruck „Desorganisiertes Leben“ verwendet, da sich das Phänomen nicht ausschließlich auf die Art zu Wohnen bezieht, sondern den ‚Wohnraum‘ als Lebenslage und einen Ausdruck für tiefer liegende Probleme der Bewohner*innen versteht. Dabei ist auch die eigene Person von der Desorganisation bzw. Vernachlässigung betroffen.
Mittels Literatur-, Bedarfs- und Bestandsanalysen werden die sozialen Problemlagen desorganisiert lebender Menschen identifiziert:
- Ab wann ist ein Lebens-/Wohnstil als desorganisiert zu bezeichnen?
- Sind Muster im Auftreten und Erscheinungsbild der Desorganisation zu erkennen und wenn ja, welche?
- Wie zeigt sich desorganisiertes Leben in den verschiedenen Dimensionen des Lebenslagenkonzeptes insbesondere im Zusammenhang mit dem Alter der Betroffenen?
- Wie ist das soziale Netz der Betroffenen gestaltet?
Das Projektziel von adele ist die Konzeptionierung einer präventiven Intervention, welche zur Verbesserung der Lebensqualität von desorganisiert lebenden älteren Menschen beiträgt. Mithilfe der aufgeführten Kooperationspartner*innen aus Wissenschaft und Praxis wird die Intervention interdisziplinär erarbeitet und durchgeführt.
Visual Essays dienen schließlich der Initiierung von Koproduktionen zwischen Vertreter*innen unterschiedlicher Berufsgruppen (z.B. Wohnungswirtschaft, soziale Einrichtungen), um eine Überführung des Interventionsangebotes in ein Regelangebot mit Unterstützung aller Beteiligten anzuregen. Aus der begleitenden Evaluation ergeben sich Handlungsempfehlungen u.a. zur Übertragbarkeit des Konzeptes auf andere Regionen. Gegenstand der Evaluation ist zugleich eine Wirkungsmessung mit Bestimmung des Social Return on Investment.
Weitere Einrichtungen:
Institut für Rechtsmedizin UKE, Fakultät Design, Medien und Information HAW Hamburg