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Perspektiven der Jugendlichen an den Kabinettstisch

Junge Menschen sollen sich von den Eltern lösen und ihren eigenen Platz in der Gesellschaft finden. Doch mit der Devise „Bleibt zu Hause“ fehlen ihnen die Möglichkeiten, ihren Weg autonom und gemeinsam mit Gleichaltrigen zu finden. Nach Ansicht von Dr. Gunda Voigts, Professorin der HAW Hamburg, hilft da auch kaum, nur die Öffnung von Schulen anzubieten.

Vier Kinder springen in die Luft.

Zu Beginn der Corona-Krise waren die Spielplätze geschlossen und die Kinder auf sich gestellt.

Dieses Frühjahr in einem dicht besiedelten Stadtteil in Hamburg. Das Wetter ist schön, viele Bewohner der Mietshäuser sitzen in einer begrünten Gasse auf Gartenstühlen vor ihren Haustüren und genießen die Sonne. Alt und Jung, die Erwachsenen mit Sicherheitsabstand, darunter mehrere, die aus Alters- und Gesundheitsgründen zur Risikogruppe gehören. Kinder und Jugendliche tollen in kleinen Gruppen herum, spielen Ball, fahren Tretroller, Fahrrad oder Skateboard. Fünf Jungs, aufgeteilt in zwei und drei, liefern sich eine Verfolgungsjagd. Dabei schwenken sie martialisch aussehende Plastikgewehre und ballern herum.  Ein Gummigeschoss saust direkt am Kopf einer Anwohnerin vorbei, sie springt erschrocken auf.  

„Warum geht ihr nicht auf den Bolzplatz?“
„Der ist doch geschlossen“, erwidert ein ungefähr Zehnjähriger – mit trauriger Stimme.
„Ach, stimmt ja. Daran habe ich gar nicht mehr gedacht. Das tut mir wirklich Leid für Euch. Trotzdem muss ich euch bitten, mit den Geschossen vorsichtig zu sein. Dafür ist es hier einfach zu eng.“
„Okay.“ Sie nicken betreten – und zockeln von dannen.  

Die Szene zeigt, wie schwierig die coronabedingten Einschränkungen für Kinder und Jugendliche sind, vom Unterricht zu Hause mal ganz abgesehen. Es geht um viel mehr als die Schließung von Schulen und Kitas, auch Freizeit-Möglichkeiten und Orte der persönlichen Entfaltung fehlen.

Was brauchen Kinder und Jugendliche über die Schule hinaus?
 

Die Lage der Kinder und Jugendlichen in Zeiten von Corona war vor kurzem auch Thema einer Landespressekonferenz, welche die Niedersächsische Kinder- und Jugendkommission aus aktuellem Anlass einberufen hatte. „Die Perspektiven der Jugendlichen gehören an den Kabinettstisch“, sagte Dr. Gunda Voigts, Mitglied der Kommission und Professorin am Department Soziale Arbeit der HAW Hamburg. Sie verwies auf den Beitrag der jungen Menschen zum Infektionsschutz, von denen die meisten ohne großes Murren auf all das verzichteten, was in ihrer Lebensphase so dringend notwendig sei und was ihnen niemand wird zurückgeben können: Die Schulabschlussfeier, den 14., 16. oder 18. Geburtstag mit rauschender Party, die Konfirmation, der erste Auftritt ihrer Band oder die ausgespielte Meisterschaft mit ihrer in dieser Saison gerade so grandios aufspielenden eigenen Mannschaft. 

Contact

Fakultät Wirtschaft und Soziales
Department Soziale Arbeit
Prof. Dr. Gunda Voigts
Grundlagen der Wissenschaft und Theorien Sozialer Arbeit
Theorie und Praxis (offener) Kinder- und Jugendarbeit
T +49 40 428 75 7074
gunda.voigts (at) haw-hamburg (dot) de

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