Klar wurde:Das Google von heute ist nicht mehr das Google von gestern. Und statt Google-Bashing will man künftig darüber reden, wie man die Google-Alleinherrschaft überwinden kann. Der Offene Web-Index, das konnte der Experte für Suchmaschinen, Prof. Dirk Lewandowski vom Department Information der HAW Hamburg zeigen, kann ein Weg sein, mit dem die DNA der Wissensgesellschaft als öffentliche Infrastruktur gesichert werden könnte. „Statt einer Google-dominierten Monokultur können verschiedene Wege, Webwissen auffindbar zu machen, entwickelt werden“, so Lewandowski.
Webwelt jenseits von Google? Während die Öffentlichkeit sich eine Webwelt jenseits von Google kaum mehr vorstellen kann, nehmen Experten längst Differenzierungen wahr. „Wer ist David, wer ist Goliath“, fragte Prof. Karsten Weber von der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus Senftenberg, und eröffnete damit eine sehr differenzierte Bilanzierung. „Disruptive Interventionen“ (engl. disrupt heißt unterbrechen, zerreißen) konstatierte der Hamburger Datenschutzbeauftragte Prof. Johannes Caspar anhand der Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs zu Google Spain. Wissenschaftlich setzte sich der Mainzer Publizistikwissenschaftler Pascal Jürgens mit dem Thema auseinander. Unter dem Titel „Besser alleine als in schlechter Gesellschaft“ trug er Erkenntnisse und Studien über Userverhalten und seine Folgen zusammen. Konkret zeigte der Berliner Journalist Albrecht Ude, welche Spuren jeder von uns bei Google hinterlässt und was jeder Einzelne heute schon tun kann.
Probleme und Lösungen mit Google: Prof. Dirk Lewandowski beschrieb vier Probleme mit Google und wog sechs Lösungswege ab: Punkt eins: Google stellt nur einen von vielen Lösungswegen dar. Punt zwei stellt die wachsende Bevorzugung des eigenen Contents dar. Drei: Lewandowski skizziert ein immanentes Problem der Google-Monokultur, nämlich dass diese die Suchmaschinenoptimierung mitsamt ihren fatalen Folgen erst möglich macht (bei der Existenz unterschiedlicher Suchmaschinen verlören Optimierungsstrategien ihre durchschlagende Wirkung). Und schließlich, vier, beschreibt die Dominanz des Unternehmens bei der Online-Werbung. Von den sechs debattierten Lösungsstrategien sind aus Lewandowskis Sicht fünf mit großer Sicherheit unwirksam: „Der Markt wird's richten“, hat nicht funktioniert, die Eintrittsschwelle für Unternehmen ist bei dieser Marktmacht und dem technologischen Vorsprung zu groß. Zwei: Die Idee, Google zu fairer Ergebnisanzeige zu verpflichten, würde zu einem komplizierten Konstrukt von Beiräten führen. Drei: Die Frage, „wollt ihr eine neue öffentlich-rechtliche Rundfunkkonstruktion“, wurde von vielen Zuhörern spontan verneint. Vier: Google zu zerschlagen, stellt eine nicht nur unrealistische, sondern auch destruktive Strategie dar; niemand stellt die technologische Kompetenz des Unternehmens infrage. Und die Idee, fünf, eine alternative Suchmaschine, wie immer wieder gefordert, mit Staatsmitteln aufzubauen, scheint schon aus Erfahrungen der jüngsten Vergangenheit unrealistisch.
Forderung nach einem Offenen Webindex: Der Offene Webindex als eine öffentlich finanzierte und bereitgestellte Infrastrukturleistung scheint da eine ebenso machbare wie wettbewerbsfördernde Lösung. In der abschließenden, sehr offenen Diskussion „Duchregulieren oder Liberalisieren; Wie sollte man mit Google & Co umgehen?“ wurde das Thema vom Wettbewerbsrechtler Nikita Ivlev, Universität Göttingen, Joachim Jacobs und Dirk Lewandowski kontrovers diskutiert. Ivlev warnte davor, das Kartellrecht überzustrapazieren. Jacobs plädierte dafür, Google nicht zu zerschlagen, sondern auf neue technologische Lösungen zu setzen; Google dumm machen, so seine These, sei keine Lösung. Prof. Dirk Lewandowski plädierte für Aufklärung, „es ist kein Verständnis für das Thema Suche da“, bevor er abschließend ein umfassendes Plädoyer für den Offenen Web-index formulierte: „Das europäische Gesellschaftsmodell steht hier in der Pflicht. Infrastruktur ist Kernaufgabe für die öffentliche Hand. Es geht um den kulturellen Auftrag des Staates im Informationszeitalter: Es geht darum, die Struktur des Wissens über die Welt als öffentliche Aufgabe zu sichern; und damit den Wettbewerb um die beste Möglichkeit, es den Menschen zur Verfügung zu stellen, neu zu eröffnen.
Resümee: „Wir werden das Thema Offener Web-Index gemeinsam weiter ausarbeiten und detaillieren“, so Dr. Wolfgang Sander-Beuermann in seinem Fazit. „Es ist ein realistisches Konzept, das die Tradition der europäischen Gesellschaft im Informationszeitalter intelligent interpretiert.“ Der SUMA-EV wird dazu seine Zusammenarbeit mit der HAW Hamburg fortsetzen. (SUMA-EV/red.)
Kontakt:
Prof. Dr. Dirk Lewandowski
Experte für Suchmaschinen
Tel. 040.428 75-3621
<link mail window for sending>dirk.lewandowski@haw-hamburg.de
Über SUMA-EV: Der SUMA-EV engagiert sich als eingetragener und gemeinnütziger Verein seit
2004 für einen freien Wissenszugang im Internet: unzensiert, ungefiltert und ohne kommerzielle oder staatliche Kontrollinstanzen. SUMA steht für die Abkürzung von Suchmaschine. SUMA-EV betreibt und entwickelt unter anderem die Meta-Suchmaschine MetaGer.de und fördert Alternativen zu den marktbeherrschenden Konzernen. Der seit 2007 jährlich verliehene SUMA Award prämiert Projekte und Arbeiten, die Herausragendes für die Zukunft des digitalen Wissens leisten. (SUMA-EV - Verein für freien Wissenszugang,<link http: www.suma-ev.de _blank external-link-new-window external link in new> www.suma-ev.de)