Where are they now? Gespräche mit Alumni

Nacha Vollenweider aus Argentinien machte 2016 ihren Masterabschluss an der HAW Hamburg. Heute ist sie freie Künstlerin und Comic-Liebhaberin. In Zeiten von Corona wollten wir wissen, was sie gerade macht.

Female student posing outside with pens and pencils

Portrait Nacha Vollenweider

2013 kam Nacha Vollenweider mit einem Künstlerstipendium des Deutschen Akademischen Austauschdiensts (DAAD) aus Argentinien für ein Jahr an die HAW Hamburg, um ein Comicprojekt mit Professorin Anke Feuchtenberger zu realisieren. Im Anschluss daran absolvierte sie ein Masterstudium bei uns. Mit ihrer Masterarbeit „Fußnoten“ über ihre Erfahrungen in Deutschland wurde sie 2016 als eine von zehn Finalist*innen für den Comic-Buchpreis der Berthold-Leibinger-Stiftung prämiert. Heute ist sie wieder zurück in ihrer Heimatstadt Córdoba und arbeitet als freie Illustratorin und Comic-Zeichnerin. Seit sechzig Tagen beschäftigt sie sich mit einem freien Kunstprojekt, welches sie „Robins@on Projekt“ nennt.

„Es ist ein Projekt, das im Rahmen des „Aislamiento Social, Preventivo y Obligatorio“, der strengen Quarantäne in Argentinien, entstanden ist. Die Einsamkeit, die Isolierung, die Perspektivlosigkeit, die Orientierungslosigkeit führten zu der Frage nach einem Weg, einem Ausgang aus diesem Labyrinth der Verzweiflung. Ich habe mir einige Fragen gestellt: Wird die Post-Corona-Welt dieselbe sein wie die Welt, die wir kennen? Sind Veränderungen möglich? Gibt es einen Ausgang aus dem Labyrinth und wenn ja, wo ist er? Wie stellen wir uns die Zukunft vor und welche Rolle spielt die Kunst in diesem Zusammenhang? Um eine Antwort auf diese Fragen zu finden, habe ich jeden Tag eine Zeichnung angefertigt und Plakate im ganzen Haus montiert. Es entstand ein 40-seitiger Comic: der „Quarantänebericht“*. Das Haus wurde in diesem Betondschungel als eine Insel inszeniert und zeigt sich als einzig mögliche Abschirmung gegenüber Chaos und Unsicherheit (symbolisiert durch das Meer).

An meiner Heimathochschule, der Universidad Nacional de Córdoba, studierte ich zuerst Malerei, habe dann aber Comic für mich entdeckt. Ich habe im Rahmen eines Workshops beim Goethe-Institut in Córdoba, Professorin Birgit Weyhe und die Comic-Szene in Deutschland kennengelernt. Das war der Beginn meiner Beziehung zu Deutschland. In meinem Masterstudium hatte ich den Schwerpunkt Illustration mit dem Fokus auf Comic. Das Medium Comic bietet zahlreiche Möglichkeiten bei Stilformen und Themen. Ich finde es spannend, Reportagen, Biographien und Comic-Essays zu gestalten, weil man über aktuelle Themen recherchieren und schreiben kann. Es war toll mit Anke Feuchtenberger und Birgit Weyhe zu arbeiten. Sie sind bekannte Comic-Künstlerinnen, und ich habe sehr viel von ihnen gelernt.

Insgesamt habe ich sechs Jahre in Deutschland gelebt – nach dem Masterabschluss als freie Illustratorin bis August 2018. Das Wichtigste an dieser Zeit war für mich die Integration, der Kulturaustausch und die Möglichkeit, eine neue Sprache zu lernen. Das hat mir viele Türen geöffnet und ich habe viele neue Freunde gewonnen. Obwohl ich seit zwei Jahren wieder in Argentinien lebe, bin ich trotzdem immer noch mit Deutschland eng verbunden.

Nach so langer Zeit in Hamburg war es auch nicht ganz einfach, sich in der Heimat wieder zurechtzufinden. Es hat eine Weile gedauert, bis ich endlich wieder Fuß fassen konnte. Für Künstler*innen und freie Illustrator*innen ist die Lage bei uns schwierig; also habe ich an vielen Ausstellungen teilgenommen, habe eigene Workshops angeboten und bin immer noch mit dem DAAD und dem Goethe-Institut in Kontakt. Im Moment arbeite ich außerdem an einem Projekt, das "Zurück in der Heimat" heißt. Es ist eine neue Graphic-Novel und handelt von meiner Rückkehr nach Argentinien. Erfreulicherweise wurde ich mit diesem Projekt erneut als eine der zehn Finalist*innen des Comic-Buchpreises der Berthold-Leibinger-Stiftung ausgewählt. Wir waren dieses Jahr insgesamt achtzig Teilnehmer*innen aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Argentinien.

Als freie Illustratorin und Comic-Zeichnerin bin ich meine eigene Chefin. Das braucht viel Risikomanagement und es verlangt nach immer neuen Ideen und Selbstdisziplin. Es ist wichtig, einen eigenen Stil zu haben, um aus der Masse hervorzutreten und wahrgenommen zu werden. Es ist ebenso wichtig, vernetzt zu sein und seine Kontakte zu pflegen.

Während des Studiums an der HAW Hamburg konnte ich meinen eigenen Stil entwickeln, eine Identität für meine Arbeit. Das ist bei der riesigen Vielfalt an Stilen sehr wichtig. Durch die kleinen Gruppen lernte ich viel im Unterricht. Es war ein toller Austausch und wir haben viel voneinander gelernt. Bei einem Studium im Ausland geht es nicht nur um Sprachfähigkeiten, sondern auch um Teamarbeit, Aufgaben zeitlich und inhaltlich zu planen und darum, Fragen und Meinungen anderer aufzunehmen. Dadurch wächst die Bereitschaft und der Mut, sich auf neue und ungewohnte Situationen einzustellen. Und vor allem entwickelt man interkulturelle Kompetenzen. Das ist ganz wichtig!“

(photo credit: Philip Meuser)

Websites:
http://avant-verlag.de/artist/nacha_vollenweider

https://www.leibinger-stiftung.de/de/comicbuchpreis/preistraeger-und-finalisten-2020/

* 8 Seiten aus dem Quarantänebericht in „Strapazin“ (Schweizer Comic Magazin)
https://strapazin.ch/?fbclid=IwAR1PMBJNstWxfwdlIgQ0fr-sIP5xl8K_hE0Hpr4X8Uxih-LD1pla99Ftl54

Kontakt

Ingrid Weatherall
Strategic Cooperations & International Marketing
International Office, HAW Hamburg

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