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Diversity an der HAW Hamburg

Hochschulsenat beschließt Diversity Management-Konzept

Während sich noch Anfang der 2020er viele Unternehmen und Institutionen Diversity und Vielfalt auf die Fahne geschrieben haben, erleben Bemühungen um mehr Vielfalt derzeit eher Rückschritte. Die HAW Hamburg verankert mit dem aktuellen Diversity Management-Konzept die Themen fest in ihre strategische Entwicklung und in ihre Hochschulstrukturen. Wir haben mit Prof. Dr. Ute Lohrentz, Präsidentin der HAW Hamburg, und Dr. Stephanie Rose, Leitung der Stabsstelle Gleichstellung, gesprochen.

Vier Personen sitzen zugwandt in einer Bibliothek, drei Personen sind PoC und eine Person sitzt im Rollstuhl© Adobe Stock / Seventyfour

Die HAW Hamburg bekennt sich klar zu Chancengerechtigkeit und Antidiskriminierung - auch mit dem aktuellen Diversity Management-Konzept

Was bedeutet es, in Zeiten starken Gegenwinds Themen wie Antidiskriminierung, Vielfalt, Toleranz und Offenheit zu stärken und fest in der Hochschule zu verankern?
Prof. Dr. Ute Lohrentz
: Wir stehen als Hochschulgemeinschaft zusammen zu den Werten der Chancengerechtigkeit, Antidiskriminierung, Vielfalt und Offenheit. In einer Zeit, in der gesellschaftliche Polarisierungen, rechtspopulistische Tendenzen und queerfeindliche Diskurse zunehmen, verstehen wir es als unsere Verantwortung, diesen Entwicklungen aktiv entgegenzutreten. „Starker Gegenwind“ bedeutet für uns nicht nur ein rauer gesellschaftlicher Ton, sondern erkennbare Begrenzungen wie auch konkrete Gefahren: Verbale und physische Übergriffe auf unsere Hochschulangehörige, Angriffe auf Symbole wie die Regenbogenflagge, zunehmende Einschüchterungen im digitalen Raum. Wir stärken unsere Haltung als Institution durch strukturelle Maßnahmen und verankern diese in der Hochschulkultur - in Lehre, Forschung, Personalentwicklung und Gremienstrukturen. Dazu gehört ein umfassendes Diversitätskonzept, das verbindliche und konkrete Maßnahmen vorsieht: etwa Fortbildungen zu diskriminierungssensibler Lehre, die Stärkung einer diversitätsbewussten Studienberatung, geschützte Räume und niedrigschwellige Anlaufstellen für Betroffene sowie klare Interventionswege bei Diskriminierungsvorfällen. Ebenso wichtig ist uns die Einbindung und Beteiligungsmöglichkeit der Hochschulgemeinschaft. Denn Veränderungen gelingen nur im Zusammenwirken unserer Kräfte, um eine diversitätssensible und inklusive Hochschule zu gestalten.

Dr. Stephanie Rose: Ich kann mich den von Frau Lohrentz genannten Werten anschließen: Unsere Hochschule bekennt sich klar zu Chancengerechtigkeit und Antidiskriminierung. So ist es beispielsweise Tradition, dass wir jedes Jahr zur Pride Week die Regenbogenflagge hissen. Mit großer Bestürzung haben wir in diesem Jahr von dem queerfeindlich motivierten Angriff auf die Pride-Flagge an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch erfahren. Leider sind solche Übergriffe keine Einzelfälle. Wir sehen es als unsere gemeinsame Verantwortung, dem entschieden entgegenzutreten. Gerade in Zeiten, in denen queerfeindliche Diskurse zunehmen, ist es von zentraler Bedeutung als Hochschule Haltung zu zeigen– durch Schutz, durch Sichtbarkeit, durch klare Worte und ambitionierte Konzepte, wie das jetzt beschlossene.

Wir stehen als Hochschulgemeinschaft zusammen zu den Werten der Chancengerechtigkeit, Antidiskriminierung, Vielfalt und Offenheit. In einer Zeit, in der gesellschaftliche Polarisierungen, rechtspopulistische Tendenzen und queerfeindliche Diskurse zunehmen, verstehen wir es als unsere Verantwortung, diesen Entwicklungen aktiv entgegenzutreten.

Prof. Dr. Ute Lohrentz, Präsidentin der HAW Hamburg

Wo erleben Sie heute gelebte Vielfalt an unseren Campus-Standorten und an welchen Stellen sehen Sie Ansatzpunkte für weitere Anstrengungen?
Dr. Stephanie Rose
: Vielfalt haben wir schon jetzt bei unseren Beschäftigten und Studierenden, auch wenn wir das noch stärken und ausbauen wollen. Manche Vielfaltsdimensionen sind sichtbar, viele aber auch unsichtbar. Um diese Vielfalt zu wertschätzen und Chancengerechtigkeit sowie diskriminierungsfreie Strukturen zu schaffen, brauchen wir einen Kulturwandel, den wir beispielsweise mit dem Konzept „Gate-Opening“ befördern wollen. Gate-Opening ist ein Gegenentwurf zum Gate-Keeping im Wissenschaftssystem, das auf individueller und struktureller Ebene mehrfach marginalisierte Personen häufig von Karrieren in der Wissenschaft ausgrenzt. Einen berührenden Beitrag und Einblick dazu gibt es von Dr.in Reyhan Shahin mit dem Video "Yalla, Abracadabra Academia: Open Sesame!", den ich sehr empfehle.

Wie stellen Sie sicher, dass die Themen, die in dem Konzept in den Fokus rücken, wie Antidiskriminierung, in der Realität umgesetzt werden?
Dr. Stephanie Rose: Erstmal freue ich mich sehr, dass das Konzept nach einem sehr intensiven Abstimmungsprozess beschlossen wurde und, dass wir ab September wieder eine Diversityreferentin und Inklusionsbeauftragte in der Stabsstelle Gleichstellung haben, so dass wir hier gesetzte Themen mit Leben füllen können. Zudem werden wir 2026 mit dem Re-Audit Prozess für das Zertifikat „Vielfalt gestalten“ beginnen, so dass wir dann mit einem internen Dialogprozess aber auch durch Feedback von externen Expert*innen im Audit die Konkretisierung und Realisierung der Ziele und Maßnahmen begleiten.

Manche Vielfaltsdimensionen sind sichtbar, viele aber auch unsichtbar. Um diese Vielfalt zu wertschätzen und Chancengerechtigkeit sowie diskriminierungsfreie Strukturen zu schaffen, brauchen wir einen Kulturwandel.

Dr. Stephanie Rose, Leitung der Stabsstelle Gleichstellung

Was braucht es für ein (noch) toleranteres Miteinander an unserer Hochschule?
Prof. Dr. Ute Lohrentz
: Unser Miteinander ist geprägt von drei Merkmalen: Begegnung, Beteiligung und Aufmerksamkeit. Toleranz wird in der Begegnung lebendig und daher brauchen wir Räume, in denen wir uns über unsere Fachgrenzen und Hierarchien hinweg austauschen. Hierzu bieten wir aus dem Präsidium heraus regelmäßig offene Dialogformate an, in denen alle Fragen gestellt, Erwartungen gehört und Erfahrungen benannt werden können. Unser Miteinander setzt bei der Beteiligung der Mitglieder an – so wurde unter anderem das Diversity-Konzept mit vielen Beteiligten gemeinsam entwickelt und die spezifischen Perspektiven berücksichtigt. Dies gibt der Hochschulgemeinschaft Energie für die Umsetzung der Ideen und Maßnahmen! Unser Miteinander ist geprägt von der Sensibilisierung für die Vielfalt der Perspektiven. So können wir freundlicher mit Fehlern anderer umgehen und auch auf eine gewalt- und diskriminierungsfreie Sprache im Miteinander achten.

Dr. Stephanie Rose: Unsere Studierenden und Beschäftigten sind vielfältig und das ist großartig! Die Herausforderung für uns ist, dass alle Mitglieder diese Vielfalt wertschätzen und wir allen ein diskriminierungsfreies Studieren und Arbeiten ermöglichen. Das zu erreichen, bleibt eine tägliche Aufgabe, aber mit dem beschlossenen Diversity Management-Konzept haben wir eine gute Grundlage und einen Fahrplan für die nächsten Jahre.

 

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