Seit tausenden von Jahren ziehen hier Nomaden ihre festen Bahnen. Mit ihren Begleitern, den Kamelen, Pferden, Schafen und Ziegen durchreisen sie im Wechsel der Jahreszeiten diese große leere Landschaft. Verschnürt, eingemummt und eingewickelt in dicke Decken, Felle, Jutesäcken trotzen sie der unerbittlichen Kälte und dem scharfen Wind. Wenig weiß man von diesen oft schelmisch lachenden Menschen, deren schwarze Augen unter dicken Kapuzen und Tüchern hervorblitzen. Ihre Begleiter, die Tiere, scheinen eher Freunde und Mitstreiter. Um auch sie gegen Kälte zu schützen, sind ihre Leiber ebenfalls mit festen Decken verhüllt - auch ein Zeichen der Solidarität.
Die Elemente wie auch das Farbspiel dieser Hochebenen in Weiß-Grau-Braun-Kaki haben die Arbeit von Randi Herbig im Studiengang Modedesign bei Professorin Viktoria Greiter inspiriert. Herausgekommen sind mehrer Kleidungsstücke, die mit ihrem paramilitärischen Charakter wie Panzer und Schutzhüllen gegen dieses unwirtliche Nichts wirken. Gestaltlosigkeit, Verhüllung und Vermummung bilden hier die Linie der Outfits ebenso wie ihre stoffliche Naturalität (Baumwolle, Wolle, Leder) und das geschlechtlich Unspezifische im Schnitt, Wurf und Muster. So ist beispielsweise der Look der Wüstenkleidung übernommen und bildet das Schnittmuster für eine in dieser Reihe gefertigte Hose. Die weiten rockartigen Schnitte wurden in traditionelle Falten an Hosentaschen übersetzt. Wie beispielsweise bei der Beduinenbekleidung, dient die Hose damit auch als Wärmekissen oder Belüftungsschacht. Aber auch der in sich geschnürte Mantel-Parker hat diese abweisende Ausstrahlung von Schutzkleidung und Verkleidung. Wie eine Steppdecke liegt er um den Körper und erhält seine konische Form nur durch die vielen kreuzweise verlaufenden Schnüre und Bänder, die fest gezogen werden können. Stoff und Muster des Parkers sind in Anmutung an das Militär gestaltet, das per se Funktionskleidung ist und zur Tarnung und zum Schutz dient. Diese Attribute sind auch hier aufgerufen, ebenso wie in dem anderen Outfit eines Mantels aus militärischem Tarnstoff wo der breite Kragen auch als Kopfschutz oder Schal umgemodelt werden kann. Nieten, Reisverschlüsse und geraffte Ärmel deuten auf die immer neue Verwendbarkeit dieses Mantels, der in unterschiedlichen Variationen getragen werden kann.
Der Titel "Kriegerinnen" unter dem die Arbeit von Randi Herbig noch bis zum 8. Januar 2007 im Museum für Kunst und Gewerbe im Forum Gestalt gezeigt wird, ist provokativ und stark. Ihr geht es nicht um die sonst übliche (und auch banale) Definition von Mode als schöner Schein, sondern um Funktion, Trotz und Überleben. Diese harte Aussage vermittelt sich auch dem Betrachter, der die Kleidungsstücke im Forum Gestalt vor großen Fototafeln des Hindukuschs und Afghanistans findet. Mit dieser Darstellung der Entwürfe ist auch ein Stück Freiheit vor dem Geschlecht zurück gewonnen. Denn die Landschaft ist dort ohne Symbole und Zeichen und somit auch ohne die gewohnte Kodierung des Geschlechts. Diese Freiheit gewinnt erst ihr Profil in der Auseinandersetzung mit anderen Kulturen und Lebensgewohnheiten wozu diese Kollektion "Kriegerinnen" einlädt. (jeo)
Die Arbeit "Kriegerinnen" von Randi Herbig entstand im Forschungsprojekt Moden(er)finden im Studiengang Modedesign bei Prof. Viktoria Greiter. (Zweitgutachterin: Prof. Winnie Harjes-Haas). Sie wurde im Museum für Kunst und Gewerbe in der Ausstellung "Junges Modedesign" gezeigt.
Fotos: Randi Herbig