BlauPause: Herr Maas, Sie sind Sprecher der Gruppe der Professorinnen und Professoren im Hochschulsenat, die Gründung des Hochschulrates im Jahr 2003 hat die Rolle des Senates erheblich verändert. Wenn Sie einmal Resümee ziehen wollen, wie sieht die Position des Hochschulsenats nun nach fünf Jahren Existenz des Hochschulrates aus?
Maas: Die Gründung des Hochschulrates hat die Funktion des Senats natürlich erheblich verändert. Früher war der Senat durch seine gesetzliche Entscheidungsgewalt ein Hochschulgremium, an dem man bei hochschulpolitischen Entscheidungen nicht vorbei kam. Nun ist das Pendel in die andere Richtung ausgeschlagen. Es ist aber nicht so, dass der Senat heute keine Existenzberechtigung mehr hätte. Denn der Senat besitzt etwas, was kein anderes Hochschulgremium besitzt: Er ist mit Leuten besetzt, die tagtäglich ihre Arbeit an der Basis der Hochschule verrichten und somit der Hochschulleitung wertvolle Erfahrungen von unten vermitteln, beziehungsweise Sichtweisen korrigieren oder ergänzen können. Diese Kompetenz zum Tragen zu bringen, und zwar nicht durch Beschlüsse wie früher, sondern durch Stellungnahmen und wirkungsvolle und überzeugende Argumente, ist eine große Herausforderung.
BlauPause: Und mit welchen besonderen Themen beschäftigt sich der Senat zurzeit?
Maas: Momentan geht es vor allem um die Finanzsituation, also die Mittelverteilung. Wir sind gerade dabei, das Thema mit dem Kanzler durchzuarbeiten mit dem Ziel, die Mittelvergabe innerhalb der Hochschule transparenter werden zu lassen und ein größeres Verständnis für die Randbedingungen, aber auch die Gestaltungsfreiheiten zu erzeugen. Mir erscheint die allgemeine Stimmung dazu deutlich schlechter als es die eigentliche Lage erlaubt. Als ehemaliger Vizepräsident habe ich mitunter eine andere Bewertung der Sachlage und denke, dass hier noch mehr Vermittlungsarbeit geleistet werden muss. Die Hochschulmitglieder sollen erkennen, dass das Geld für die Entwicklung der Hochschule sinnvoll eingesetzt wird und gute Wirkung ausübt. Gemeinsam mit dem Kanzler werden wir voraussichtlich Anfang nächsten Jahres einen Gliederungsvorschlag für die jährliche Präsentation der Finanzlage vorlegen.
BlauPause: Sie sprachen von der Gestaltungsfreiheit bei der Mittelvergabe, um die Hochschule weiter voran zu bringen. Wo sehen Sie konkrete Entwicklungsmöglichkeiten der Hochschule?
Maas: Ein thematischer Schwerpunkt ist die Personalentwicklung. Die Art, wie wir unser Lehrpersonal, vor allem unsere Professorinnen und Professoren einsetzen, sollte zur Weiterentwicklung der Hochschule beitragen. Innerhalb der Professorenschaft sollte es zu einer Ausdifferenzierung der Rollen kommen und mittelfristig ist es sinnvoll, den akademischen Mittelbau auf- und auszubauen. Effektiv wird diese Idee, wenn wir ein Kontinuum an Möglichkeiten eröffnen und zwar für die Entwicklung des gesamten Personals als auch für die Phasen der Berufstätigkeit der einzelnen Person.
BlauPause: Was genau kann man sich darunter vorstellen?
Maas: Beispielsweise sollte dem wissenschaftlichen Personal mehr Zeit für die fachliche Weiterbildung und Forschung zur Verfügung stehen. Davon profitiert anschließend auch die Lehre. Denn dadurch wird garantiert, dass unseren Studierenden der aktuellste Forschungs- und Wissenstand vermittelt wird; bestenfalls sind sie während ihres Studiums bereits in Forschungsprojekte eingebunden. So würde es Zeiten des Säens und des Erntens geben oder nüchterner ausgedrückt: Phasen, in denen die Hochschule in die einzelne Person investiert, und Zeiten, in denen sie die geschaffene Qualifikation für die Lehre nutzt.
BlauPause: Diese Ideen erinnern natürlich auch an den im Hamburger Koalitionsvertrag stehenden Modellversuch eines eingeschränkten Promotionsrechts für unsere Hochschule.
Maas: Der Modellversuch kann hier sicherlich als ein Aspekt mit dazu gezählt werden.
Im Übrigen gab es bislang in jedem Jahrzehnt einen herausragenden Entwicklungstrend, der unsere Hochschule auf ein neues Qualitätsniveau gehoben hat. In den 1980er Jahren war es die Umstellung des Abschlusses Ing. grad. (graduierter Ingenieur) zum europäisch vollwertig anerkannten Diplom (Dipl.-Ing. FH). In den 1990ern begannen wir das Feld der Forschung zu erschließen. Im Jahrzehnt danach haben wir die ersten Masterstudiengänge entwickelt. Und heute arbeiten wir am Modell des eingeschränkten Promotionsrechts. Ein Trend, der in den gedanklichen Bogen passt.
BlauPause: Und welche weiteren Themen stehen noch auf der Agenda des Hochschulsenats?
Maas: Auch die abgeschlossene Fakultätenbildung beschäftigt uns. Es ist an der Zeit, eine Bestandsaufnahme des Erreichten zu machen, den gegenwärtigen Zustand zu bewerten und dann Vorschläge für die Bürgerschaft zu erarbeiten. Denn diese hat zur Mitte der Legislaturperiode eine Weiterentwicklung des Hamburger Hochschulgesetzes angekündigt.
Eine ganz große Herausforderung ist die übrigens bei all diesen Themen die Einbindung der Studierenden. Im Senat wechseln die Studierendenvertreter jährlich, so dass es schwierig ist,
diejenigen, für die wir jeden Tag zur Arbeit gehen, in diese institutionalisierte Form der Zukunftsplanung mit einzubeziehen.
BlauPause: Herr Maas, vielen Dank für das Gespräch.
Kontakt:
Prof. Dr. Christoph Maas
<link mail>christoph.maas@haw-hamburg.de