„Wir brauchen eine lebendige Forschungskultur.“

[Hochschulpolitik] „Forschung und Lehre sind zwei Dinge, die sich ergänzen und zusammengehören, das ist mir ganz wichtig“, sagt Prof. Dr.-Ing. Thomas Netzel. Vor vier Wochen hat der designierte Vizepräsident für Forschung und Transfer sein Büro im Präsidium der HAW bezogen. BlauPause hat mit ihm über seine Ideen und Vorhaben gesprochen.

BlauPause: Herr Netzel, seit Anfang April haben Sie als designierter Vizepräsident für Forschung und Transfer Ihre Arbeit für unsere Hochschule aufgenommen. Was waren Ihre ersten Schritte?

Thomas Netzel: Ganz wichtig ist es für mich, mir erst einmal einen Überblick zu verschaffen. In den letzten Wochen habe ich daher eine Ist-Aufnahme im Bereich Forschung und Transfer durchgeführt. Ich habe die Fakultäten besucht, Gespräche mit Forscherinnen und Forschern an unserer Hochschule geführt und mit Kolleginnen und Kollegen der UAS7-Hochschulen gesprochen, um zu vergleichen, wie man dort in den Bereichen Forschung und Transfer unterwegs ist.

BlauPause:
Was hat diese Bestandsaufnahme ergeben?

Thomas Netzel: Viele unserer Kolleginnen und Kollegen engagieren sind sehr stark in Lehre und Forschung. Dabei bestehen unsere Forschungsaktivitäten aus Einzelforschungen und der Forschung in Gruppen. Zum Teil erfolgt dies innerhalb der Competence Center, die unsere nach außen hin sichtbaren Forschungsschwerpunkte abbilden. Gleichzeitig steigt die Anzahl der an der HAW Hamburg betreuten Promotionen weiterhin deutlich an.

Aufgrund unserer Fächer-Vielfalt – Stichwort: von den Ingenieurwissenschaften bis hin zum Design – sind nicht nur die Inhalte, Methoden sowie die Darstellung der Forschungsergebnisse sehr unterschiedlich, sondern auch die Fördermöglichkeiten. Als eine ausgeprägte Stärke der HAW Hamburg habe ich die direkten persönlichen Kontakte in Wirtschaft und Gesellschaft und die zum Teil schon sehr enge Zusammenarbeit über Department- und Fakultätsgrenzen hinweg kennengelernt.

Vergleicht man die HAW Hamburg mit anderen Hochschulen des UAS7-Verbundes, zeigt sich, dass wir ein deutliches Potential haben. Während beispielsweise die FH Münster im deutschlandweiten Ranking beim Drittmittelvolumen ihrer Professorinnen und Professoren auf Platz 8 aller Fachhochschulen steht, nehmen wir dort aktuell Platz 78 ein. Dies liegt unter anderem daran, dass an der FH Münster Forschungs- und Transferstrukturen geschaffen wurden, die einfach sehr erfolgreich sind. Ich werde zeitnah UAS7-Partner besuchen, um mir dazu ein genaueres Bild zu machen und auf dieser Basis Handlungsmöglichkeiten für unsere Hochschule ableiten. Allerdings zeigt sich schon heute: Um unsere Forschungsaktivitäten stärker zu profilieren und zugleich unsere Vielfalt zu bewahren, müssen wir transparente und passgenaue Forschungsanreize schaffen und die Rahmenbedingungen zur erfolgreichen Forschung bieten.

BlauPause: Sie sehen hier also grundsätzlich ein strukturelles Problem. Wie wollen Sie das lösen?

Thomas Netzel: Unsere Prozesse der Forschungsunterstützung sollten verbindlicher, transparenter und auch schneller sein, sowohl was unsere Hilfestellungen bei Anträgen, als auch die Beratung zur Vertrags- oder Forschungsgestaltung angeht. Seit zwei Jahren bin ich Gutachter beim BMBF und sehe, dass wir bei der Antragstellung erfolgreicher sein könnten. Wir müssen unsere Forscherinnen und Forscher bei Antragsstellungen stärker beraten und unterstützen, damit ihre Forschungsanträge auch erfolgreich begutachtet werden. Zugleich brauchen wir ebenfalls geeignete Strukturen für die Transfer- und Technologieförderung. Es müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, um unsere Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern in der Metropolregion Hamburg und darüber hinaus auszubauen. Wir sind in Forschung und Lehre anwendungsorientiert, diese Stärke sollte sich auch hier wiederspiegeln. Das alles geht natürlich nicht, ohne die Bereitstellung von notwenigen Ressourcen, so dass wir uns grundsätzlich über die Möglichkeiten Gedanken machen müssen, die wir im Bereich Zukunftsförderung haben.

BlauPause:
Was ist Ihr Ziel?

Thomas Netzel: Ich möchte an der HAW Hamburg eine lebendige Forschungskultur entwickeln, was nur gemeinsam im Team funktioniert. Dabei ist mir ganz wichtig, dass wir die Einheit von Forschung und Lehre nicht aus dem Blick verlieren. Moderne Lehre funktioniert nicht ohne Forschung und Forschung braucht die Lehre als Basis.
Um eine Forschungskultur zu etablieren, müssen alle Kolleginnen und Kollegen aus Forschung, Lehre und Verwaltung, die hier beteiligt sind, in diesen Prozess aktiv mit einbezogen werden. Nur sie haben die Erfahrung und das Know-how, welches wir dazu brauchen. Und ich glaube, wir haben eine gute Chance. Denn es gibt bereits eine Menge toller Ideen und es ist einfach an der Zeit, diese gemeinsam umzusetzen.

BlauPause:
Herr Netzel, vielen Dank für das Gespräch.

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