Seit 2014 arbeiten Lehrende und Dozent*innen der HAW Hamburg und CSULB mit Studierendenteams in Long Beach und Hamburg zusammen, um ihnen ihr Fachwissen in den Bereichen Regie, Drehbuch, Dramaturgie, virtuelle Realität und Sounddesign zu vermitteln. Aus einem gemeinsamen Studierendenprojekt entstand so 2018 der Kurzfilm "Oceans Across". Anfang 2020 gab es bereits Pläne für eine weitere Runde von Workshops, als Corona zuschlug und alles abrupt zum Stillstand kam. Es sah so aus, als würde es keinen Austausch und keine Zusammenarbeit geben. Doch als die Welt lernte, virtuell zusammenzuarbeiten, wurde eine neue Idee geboren - ein gemeinsamer Online-Workshop über den Atlantischen Ozean hinweg. Zwischen inspirierenden Vorträgen und Gesprächen über die persönlichen und beruflichen Wege der Gastdozent*innen sollten Geschichten, Bilder und Töne entstehen. Alles an einem Wochenende.
Für Wolfgang Willaschek war es ein neuer Ansatz: "Irgendwie ist es völlig verrückt. Seit acht Monaten reden Hochschulen auf der ganzen Welt über nichts anderes als über die Herausforderung, einen Weg zwischen Online- und Präsenzlehre zu finden. Als wäre es eine Formel, die es zu lösen gilt. Man kann Nähe nicht durch digitale Distanz ersetzen, aber man kann Menschen zusammenbringen, die sich sonst nicht treffen würden. Sie können zusammenarbeiten, indem sie durch das Schlüsselloch des digitalen Mediums in die Ferne schauen, mit einem Blick in die Intimität und das Innenleben, das sie einander näherbringt. In der Vergangenheit hatten wir verschiedene Workshop-Formate, aber nie Studierendenteams auf verschiedenen Seiten des Atlantiks. Was für eine Herausforderung! Was für ein Reiz!"
Die Aufgabe
Neun Studierende des CSULB und acht Studierende der HAW Hamburg wurden am Freitagabend (europäische Zeit) in deutsch-amerikanische Teams aufgeteilt. Nach einer kurzen Einführung formulierten Cassis und Patrick die Aufgabe: Die Studierenden sollten anhand ihrer eigenen Geschichten ihre persönliche Held*innenreise auf dem Weg zur Verwirklichung ihrer Träume beschreiben. Es galt vier Fragen* in je fünf Minuten zu beantworten. Jedes Team sollte dann die Geschichten eines anderen Teams bearbeiten, und die Ergebnisse sollten dann die Grundlage für einen gemeinsamen Kurzfilm bilden. Dabei sollte zusätzlich als Metapher eine Figur mit einer Fackel, die Hindernisse überwindet, visuell dargestellt werden. Für die Visualisierung und Sound Design durften die Studierenden weder Animationsprogramme noch vorgefertigte Sounds verwenden, sondern nur das, was sie in ihrer Corona-bedingten unmittelbaren Umgebung zur Hand hatten. Die Teams sollten bis 2 Uhr morgens deutscher Zeit arbeiten und dann am nächsten Tag um 12 Uhr mittags weiterarbeiten, um die gemeinsame Zeit aufgrund der Zeitverschiebung zwischen Hamburg und Long Beach so gut wie möglich auszunutzen.
Drei Tage später begrüßen Kent und Wolfgang ihre Filmstudierenden sowie ein größeres Publikum von Lehrenden und Studierenden zur Abschlusspräsentation über ZOOM. Alle sind gespannt zu sehen, was die Studierenden in so kurzer Zeit erreicht haben. Unter den Studierenden herrscht allgemein ein Gefühl der Erschöpfung, aber auch der Freude über all die Dinge, die sie erlebt haben. „Das Wochenende war eine totale Achterbahnfahrt", sagt Shane Brunton vom CSULB und eingefleischter Filmenthusiast. Ich war ein bisschen unsicher, ob ich einen Beitrag leisten könnte, aber wir waren eine lustige und starke Gruppe und haben uns gegenseitig unterstützt. Mir haben der Schnitt und das Finden der Geschichte wirklich Spaß gemacht.“
Luke Wagner von der CSULB bekam die Aufgabe, aus den einzelnen Videos einen Kurzfilm zu schneiden. „Das war eine echte Herausforderung. Ich musste zwanzig Minuten Material auf acht Minuten kürzen und eine Geschichte erzählen. Es galt das einzufangen, was ich als emotional mitreißend empfand.“ Das Material wurde dann an Ole Christiansen, Patric Pappenberg und Tim Passgang in Hamburg weitergegeben, die für Ton und Postproduktion verantwortlich waren. Der Soundtrack musste zum „Do it yourself-Ansatz“ der Visualisierung passen. „Ich hatte vier Stunden Zeit, mir neue Sounds auszudenken. Normalerweise würde ich dafür drei Tage brauchen", gibt Ole lachend zu. „Ich ging raus und nahm Pferdegeräusche auf den Feldern hinter meinem Haus auf. Es hat mich besonders gefreut, dieses schnaufende Geräusch einzufangen, das sie machen. Das ist schwer hinzukriegen.“