Starke Halbzeitbilanz für Verbund­projekt Nord­deutsche EnergieWende

NEW 4.0 generiert wichtige Ergebnisse und beweist sich als starkes Netzwerk für den Norden

Hamburg, 31. Januar 2019 – Mit dem erklärten Ziel, die Machbarkeit der Energiewende zu demonstrieren und den Norden Deutschlands zur Leitregion für den Klimaschutz werden zu lassen, ist vor zwei Jahren das Verbundprojekt NEW 4.0 – Norddeutsche EnergieWende an den Start gegangen. Zur Halbzeit der Projektlaufzeit legen die über 60 Partner des Konsortiums eine starke Zwischenbilanz vor – und betonen die Wichtigkeit, die Energiewende im Norden konsequent weiterzudenken.

 „Alle 100 Teilprojekte laufen erfolgreich und liefern bereits Zwischenergebnisse. In diesem Jahr geht NEW 4.0 nun in die entscheidende Erprobungs- und Umsetzungsphase: Wir werden alle Bausteine und Projekte zusammenführen und durch eine ganzheitliche Systemintegration erproben, wie das Energiesystem der Zukunft aussehen wird“, erläutert Prof. Dr. Werner Beba, NEW 4.0-Projektkoordinator und Leiter des Competence Centers für Erneuerbare Energien und Energieeffizienz (CC4E) der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg. „Wir erproben die Machbarkeit des nunmehr absehbaren Kohleausstiegs: Die Übernahme der Systemaufgaben konventioneller Kraftwerke und damit eine stabile, sichere Versorgung durch ein innovatives, CO2-freies Energiesystem.“

Projekt kommt schnell voran

NEW 4.0 wird im Rahmen des Förderprogramms „Schaufenster Intelligente Energie“ (SINTEG) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) noch bis Ende 2020 gefördert. Anlässlich der Projekthalbzeit kamen die Geschäftsführer und Projektleiter des NEW 4.0-Konsortiums am 31. Januar 2019 in der Kieler Industrie- und Handelskammer zusammen. Unterstützt wurde die Veranstaltung auch aus politischen Reihen: Schleswig-Holsteins Umweltminister Jan Philipp Albrecht und Wirtschaftsminister Dr. Bernd Buchholz, Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan und Dr. Torsten Sevecke, Staatsrat der Hamburger Wirtschaftsbehörde sowie Thorsten Herdan, Abteilungsleiter für Energiepolitik im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie waren zu Gast und widmeten sich in ihren Redebeiträgen der Rolle von NEW 4.0 für die gegenwärtigen Herausforderungen der Energiewende.

Anlässlich des Konsortialtreffens zog NEW 4.0 eine positive Zwischenbilanz:

  • Die enge Zusammenarbeit der NEW 4.0-Partner hat bestätigt, dass die Energiewende vor allem ein großes vernetztes Digitalisierungsprojekt ist. So führt die im Projekt entstandene ENKO-Plattform von Schleswig-Holstein Netz und der ARGE Netz verschiedenste Verbraucher zusammen, um ihre Flexibilitätspotenziale für den Schwankungsausgleich im Stromsystem zu bündeln. Auf diese Weise können mehr erneuerbare Energien ins Stromnetz eingespeist werden und Abregelungen von Windenergieanlagen verhindert werden.
     
  • In den vergangenen Monaten sind gleich drei Batteriespeicher im Rahmen von NEW 4.0 errichtet worden, und zwar in Brunsbüttel durch Wind to Gas Energy mit 2 MW Leistung, in Jardelund durch EnSpireMe mit 48 MW Leistung und in Hamburg-Curslack durch eine Kooperation von Vattenfall, Nordex und der HAW Hamburg mit 1 MW Leistung. Die drei Speicher helfen dabei, das Netz auf der Erzeugerseite zu entlasten und kurzfristige Schwankungen auszugleichen. Der Einsatz von Kraftwerken, die Regelenergie auf Basis von fossilen Brennstoffen erzeugen, kann so reduziert werden.
     
  • Die Hamburger Großindustrie wird mit NEW 4.0 zum Partner der Energiewende: So erproben ArcelorMittal, Trimet und Aurubis bereits erfolgreich, wie industrielle Großverbraucher anstelle von konventionellen Kraftwerken wichtige Regelenergie erzeugen können, um das Stromnetz zu stabilisieren. Gleichzeitig werden die Weichen gestellt, um Produktionsprozesse zu dekarbonisieren und statt fossiler Energieträger erneuerbaren Strom einzusetzen.
     
  • Die Energiewende ganzheitlich zu denken bedeutet, auch Wärme und Verkehr einzubeziehen. Am Beispiel von acht Power-to-Heat-Anlagen erproben die NEW 4.0-Förderpartner, wie es gelingen kann, CO2-neutrale Wärme zu produzieren – ein wesentlicher Baustein für einen schnellen Kohleausstieg.
     
  • Darüber hinaus wurde von Wind to Gas Energy in Brunsbüttel ein Wasserstoff-Elektrolyseur mit 2,4 MW in Betrieb genommen, ein weiterer Elektrolyseur wird derzeit durch die Energie des Nordens in Haurup realisiert. Beide wandeln erneuerbar erzeugten Strom in Wasserstoff um, um ihn für den Verkehrs- und Wärmesektor nutzbar zu machen.

Weichenstellung für die Zukunft

Das gute Vorankommen der Teilprojekte beweist, dass sich mit NEW 4.0 in den vergangenen Jahren ein hochleistungsfähiges Konsortium mit rund 250 qualifizierten Fachkräften herausgebildet hat. Vor diesem Hintergrund werden im Norden auch jetzt bereits die Weichen gestellt für eine Weiterentwicklung des Projekts: Ausgehend von NEW 4.0 als Leistungsbasis hat sich zusammen mit weiteren Partnern eine Großinitiative herausgebildet, die sich im Rahmen des 7. Energieforschungsprogramms der Bundesregierung gemeinsam als „Norddeutsches Reallabor für digitale, integrierte Sektorkopplung mit Schwerpunkt Wasserstoff“ bewirbt.

„Aufbauend auf den gesammelten Erfahrungen und den Kompetenzen unserer Partner sowie den errichteten Demonstratoren gilt es, die Energiewende im Norden konsequent weiterzudenken“, betont NEW 4.0-Projektkoordinator Beba. Nicht zuletzt dank der vielfältigen Verwertungs- und Entwicklungspotenziale der erzielten Projektergebnisse böte Norddeutschland ausgezeichnete Rahmenbedingungen, um im nächsten Schritt Lösungen für ein nachhaltiges Energiesystem mit dem Schwerpunkt auf Wasserstoff unter Einbeziehung aller Sektoren (Verkehr, Wärme, Industrie) großflächig zu erproben. „Strategisches Ziel eines Norddeutschen Reallabors wird es sein, den ganz konkreten Transformations­pfad für eine Dekarbonisierung der Region bis 2035 um 75 Prozent zu legen und gleichzeitig durch nachhaltige Innovationen die Zukunftsfähigkeit der Region zu stärken“, resümiert Beba.

Statements der am Projekt beteiligten Ministerien und Behörden

Jan Philipp Albrecht, Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitali­sierung des Landes Schleswig-Holstein:

„Es geht um nichts weniger als den Schritt aus dem analogen Kohlezeitalter, hinein ins digitale Zeitalter der Erneuerbaren Energien. Ob Windstrom oder Photovoltaik, wir wollen in einer vernetzten Welt unseren Energiehunger zu 100 % aus erneuerbaren Rohstoffen decken. Diesen Schritt soll unser Schau­fenster der Norddeutschen Energiewende demonstrieren und dafür werden wir uns mit aller Kraft einsetzen.“

Dr. Bernd Buchholz, Minister für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus des Landes Schleswig-Holstein:

„Mit NEW 4.0 zeigen wir klar auf, dass eine erneuerbare Energiewelt nicht rein strombasiert sein kann, sondern auch flüssige und gasförmige Energieträger benötigt – sowohl zur Speicherung des erneuerbaren Stroms als auch für den Einsatz dort, wo direkte Stromnutzung aus diversen Gründen nicht in Frage kommt. Wasserstoff ist der Schlüssel für diese Herausforderungen. Wir müssen jetzt schnell einen kraftvollen, großen Schritt in die Wasserstoffwirtschaft machen. Wir brauchen Produktionsstrukturen im industriellen Maßstab, um Skaleneffekte zu realisieren und die Vorreiterrolle bei der Wasserstofftechnologie zu behaupten. Die Reallabore der Bundesregierung können dazu einen Beitrag leisten, aber eigentlich ist die Zeit der Demonstrationsprojekte abgelaufen. Es muss jetzt richtig losgehen.“

Jens Kerstan, Senator für Umwelt und Energie der Freien und Hansestadt Hamburg:

„Der Ausbau erneuerbarer Energien im Norden Deutschlands schreitet voran. Wir können die Energiewende entscheidend voranbringen, wenn wir erneuerbaren Strom zukünftig auch im Wärme- und Mobilitätssektor nutzen. Eine integrierte, digital gestützte Sektorkopplung und innovative Wasserstoff- und Power-to-X-Technologien müssen in den nächsten Jahren – möglichst unter Realbedingungen – erforscht und in der Praxis erprobt werden. Um die nächste Stufe der Energiewende gemeinsam zu entwickeln und umzusetzen, sollten wir weiter auf das erfolgreiche NEW-4.0-Netzwerk aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik setzen.“

Dr. Torsten Sevecke, Staatsrat der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation der Freien und Hansestadt Hamburg:

 „Die Industrie hatte 2017 einen Anteil von 47% am Gesamtstromverbrauch  – ihre Flexibilisierung und Anpassung an die Volatilität der Erneuerbaren ist unabdingbar für das Gelingen der Energiewende, die wiederum essenziell zur Erreichung der Klimaziele ist. Investitionsanreize für die Industrie zu schaffen, die eine Flexibilisierung ermöglichen, muss ein wesentlicher Bestandteil der Energiewendepolitik sein.“