Die Internationalen Wochen gegen Rassismus finden jährlich um den 21. März statt, dem durch die Vereinten Nationen ausgerufenen Tag für die Beseitigung rassistischer Diskriminierung.
In Hamburg und Umgebung sowie online finden in diesen Wochen verschiedene Angebote statt.
Für alle, die zusätzliche Inspiration oder einen Einstieg in das Thema suchen, hat Gate Opening intersektional eine Auswahl verschiedener Medien zusammengestellt, die unterschiedliche Dimensionen von Rassismus abbilden:
Sachbücher
Emilia Roig: Why We Matter. Das Ende der Unterdrückung.
Wie erkennen wir unser Privileg? Wie können weiße Menschen die Realität von schwarzen Menschen sehen? Männliche Muslime die von weißen Frauen? Und weiße Frauen die von männlichen Muslimen? Emilia Roig deckt die Muster der Unterdrückung auf und leitet zu radikaler Solidarität an. Sie zeigt - auch anhand ihrer eigenen Familiengeschichte, in der Rassismus und Black Pride, Trauma und Auschwitz, Homophobie und Queerness, Patriarchat und Feminismus wie unter einem Brennglas aufeinanderprallen - wie sich Rassismus mit anderen Diskriminierungen im Alltag überschneidet. Ob auf der Straße, an der Universität oder im Gerichtssaal: Roig schafft ein neues Bewusstsein dafür, wie sich Zustände, die wir für "normal" halten - die Bevorzugung der Ehe, der männliche Körper in der Medizin oder der Kanon der klassischen Kultur - historisch entwickelt haben. Und dass unsere Welt eine ganz andere sein könnte.
Seit Jahrzehnten zeigt sich in Deutschland die kollektive Unfähigkeit, die Kontinuität und Gegenwärtigkeit rechter Ideologien wahrzunehmen und dagegen zu handeln. Eine psychologisierende Medienberichterstattung, die Verharmlosung von Antisemitismus, Rassismus und Misogynie sowie das Beharren auf der These der „Einzeltaten“ prägen den gesellschaftspolitischen Umgang. Die Beiträge in Nachhalle fragen danach, wie tief diese Gewaltverhältnisse in Deutschland verankert sind, wie sie wirken und was wir ihnen entgegensetzen können. Wie kann ein Wandel hin zu der gesellschaftlichen Einsicht gelingen, dass die Bedrohung für bestimmte Gruppen und Minderheiten sowohl historisch als auch aktuell alltäglich ist und Biografien sowie Lebensentwürfe vieler Menschen überschattet?
Nachhalle versammelt unterschiedliche Perspektiven auf den Anschlag in Halle, auf den Prozess und auf die daraus entstandenen Beziehungsnetze. Im Mittelpunkt stehen die Erfahrungen von Betroffenen antisemitischer, rassistischer und misogyner Gewalt und damit die verheerenden Folgen, die diese hat und wie sie Menschen ihres Rechts auf physische, psychische und soziale Unversehrtheit beraubt. Ausgehend von ihren Perspektiven wird der Blick auf mögliche und notwendige Formen der Solidarität, des Widerstands und der Allianzbildung gelenkt: Die Autor*innen zeigen, dass diejenigen, die sich der rechten Gewalt entgegenstellen, zusammenfinden. Welche gesellschaftlichen Bündnisse und welche Solidarität sind aus diesen erdrückenden Verhältnissen entstanden, gerade infolge des Anschlags von Halle, und wo gibt es weitere Bedarfe an wirkungsmächtigen Allianzen?
Rassismus ist strukturell und prägt alle Kinder von klein auf. Dieses Buch bietet Eltern, Pädagog*innen und Interessierten eine Basis, um Kinder antirassistisch zu begleiten. Es führt durch die verschiedenen Altersstufen vom Kleinkindalter bis zur Pubertät und hält grundlegende Informationen und viele praktische Tipps sowie ein Glossar der wichtigsten Begrifflichkeiten bereit. Josephine Apraku zeigt auf, was es braucht, um BIPoC-Kinder zu empowern und weiße Kinder zu sensibilisieren und wie wir gemeinsam solidarisch gegen Rassismus vorgehen können. Beiträge diverser BIPoCAutor*innen zu den verschiedenen Formen von Rassismus und Kurzinterviews mit Expert*innen vermitteln konkrete Zugäng und aktuelle Impulse.
Wir alle sind rassistisch sozialisiert. Rassismus findet sich in jedem Bereich unseres Lebens, unserer Gesellschaft. Allerdings haben wir nicht gelernt ihn zu erkennen, geschweige denn darüber zu sprechen. Rassismuskritik ist kein Trend und keine Phase. Rassismuskritisch denken und leben ist die Möglichkeit, Gesellschaft aktiv mit- und umzugestalten und eine gerechtere Welt für uns alle zu schaffen. Denn die echte Auseinandersetzung mit Rassismus eröffnet einen neuen Blick auf uns selbst und unsere Mitmenschen. Sie ermöglicht neue Perspektiven und Begegnungen. Sei dabei! Entscheide dich jeden Tag bewusst dafür, das System Rassismus Stück für Stück mit zu dekonstruieren. Tupoka Ogette ist DIE deutsche Vermittlerin für Rassismuskritik. Ihr Buch gibt dir – konkret und alltagsnah – Anregungen, wie du rassismuskritisch leben lernst. Im Freundeskreis, in der Familie, als Lehrer*in in der Schule, in der Freizeitgestaltung und im Beruf.
Gianni Jovanovic mit Oyindamola Alashe: Ich, ein Kind der kleinen Mehrheit.
In seinem Buch erzählt Gianni Jovanovic gemeinsam mit der Journalistin Oyindamola Alashe seine ungewöhnliche Lebensgeschichte. Gemeinsam zeigen sie nicht nur, wie viel Rassismus und Benachteiligung Rom*nja in Deutschland und Europa erleben, sondern zeichnen auch ein Bild von einer gerechteren Gesellschaft.
Hami Nguyen: Das Ende der Unsichtbarkeit
Wie fühlt es sich an, aufgrund seines Aussehens ausgegrenzt zu werden? Wie kann eine Familie in Deutschland ankommen, wenn sie auf gepackten Koffern leben muss, in der Angst, abgeschoben zu werden? Wie kann ein Kind einfach Kind sein, wenn die ersten Erinnerungen geprägt sind von Sorge, Scham und Traurigkeit? Wenn es nicht im Kindergarten war, kein eigenes Bett besaß?
In diesem persönlichen Buch verhandelt Hami Nguyen die Themen Rassismus und Klasse am Beispiel ihrer eigenen Lebensgeschichte. Anti-asiatischer Rassismus wird in der Debatte oft ausgeklammert, weil asiatisch gelesene Menschen als »angepasst« gelten. Sie sind unsichtbar. Die Geschichten der vietnamesischen Migrant:innen in Deutschland sind kaum erzählt – dabei sind sie ein Teil der deutschen Geschichte.
Alice Hasters: Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen aber wissen sollten.
Wer Rassismus bekämpfen will, muss Veränderung befürworten – und die fängt bei einem selbst an. „Darf ich mal deine Haare anfassen?“, „Kannst du Sonnenbrand bekommen?“, „Wo kommst du her?“ Wer solche Fragen stellt, meint es meist nicht böse. Aber dennoch: Sie sind rassistisch. Warum, das wollen weiße Menschen oft nicht hören. Alice Hasters erklärt es trotzdem. Eindringlich und geduldig beschreibt sie, wie Rassismus ihren Alltag als Schwarze Frau in Deutschland prägt. Dabei wird klar: Rassismus ist nicht nur ein Problem am rechten Rand der Gesellschaft. Und sich mit dem eigenen Rassismus zu konfrontieren, ist im ersten Moment schmerzhaft, aber der einzige Weg, ihn zu überwinden.
Rom:nja und Sinti:zze berichten von Ausschlüssen, Barrieren und Gewalt in allen Lebenssituationen. Das community-basierte Forschungsprojekt zeigt die Wirkungsweisen dieses spezifischen Rassismus auf, ebenso wie die historischen Kontinuitäten und Nachwirkungen, die Allgegenwart und die alltäglichen Folgen für das Leben von Rom:nja und Sinti:zze. Die Rekonstruktion des Geflechts ineinandergreifender Praktiken zeigt eindrücklich, dass Rassismus auch kumulativ wirkt und zu einer Spirale von Diskriminierung führen kann. Das Buch schließt mit Empfehlungen für verschiedene Politikbereiche.
Hier geht es zum Video-Beitrag von ze.tt: Wie Sinti und Roma in Deutschland gegen Rassismus kämpfen
Roman
Olivia Wenzel: 1000 Serpentinen Angst
»Ich habe mehr Privilegien, als es je eine Person in meiner Familie hatte. Und trotzdem bin ich am Arsch. Ich werde von mehr Leuten gehasst, als meine Großmutter es sich vorstellen kann. Am Tag der Bundestagswahl versuche ich ihr mit dieser Behauptung 20 Minuten lang auszureden, eine rechte Partei zu wählen.« Eine junge Frau besucht ein Theaterstück über die Wende und ist die einzige schwarze Zuschauerin im Publikum. Mit ihrem Freund sitzt sie an einem Badesee in Brandenburg und sieht vier Neonazis kommen. In New York erlebt sie den Wahlsieg Trumps in einem fremden Hotelzimmer. Wütend und leidenschaftlich schaut sie auf unsere sich rasant verändernde Zeit und erzählt dabei auch die Geschichte ihrer Familie: von ihrer Mutter, die Punkerin in der DDR war und nie die Freiheit hatte, von der sie geträumt hat. Von ihrer Großmutter, deren linientreues Leben ihr Wohlstand und Sicherheit brachte. Und von ihrem Zwillingsbruder, der mit siebzehn ums Leben kam. Herzergreifend, vielstimmig und mit Humor schreibt Olivia Wenzel über Herkunft und Verlust, über Lebensfreude und Einsamkeit und über die Rollen, die von der Gesellschaft einem zugewiesen werden.
Industrieschnee markiert die Grenzen des Orts, eine feine Säure liegt in der Luft, und hinter der Werksbrücke rauschen die Fertigungshallen, wo der Vater tagein, tagaus Aluminiumbleche beizt. Hier ist die Ich-Erzählerin aufgewachsen, hierher kommt sie zurück, als ihre Kindheitsfreunde heiraten. Und während sie die alten Wege geht, erinnert sie sich: an den Vater und den erblindeten Großvater, die kaum sprachen, die keine Veränderungen wollten und nichts wegwerfen konnten, bis der Hausrat aus allen Schränken quoll. An die Mutter, deren Freiheitsdrang in der Enge einer westdeutschen Arbeiterwohnung erstickte, ehe sie in einem kurzen Aufbegehren die Koffer packte und die Tochter beim trinkenden Vater ließ. An den frühen Schulabbruch und die Anstrengung, im zweiten Anlauf Versäumtes nachzuholen, an die Scham und die Angst – zuerst davor, nicht zu bestehen, dann davor, als Aufsteigerin auf ihren Platz zurückverwiesen zu werden.
Filme
Arkadij Khaet & Mickey Paatzsch: Masel Tov Cocktail (2020)
Dima ist ein Sohn russischer Einwanderer, Schüler am Gymnasium und Jude. Das wäre nicht der Rede wert, wenn nicht alle ständig darüber reden würden
Oliver Hardt: Black Deutschland (2006/2020)
Der Dokumentarfilm ist eine intime Studie über das Denken und Fühlen einer gar nicht so kleinen Minderheit, über schwarze Deutsche und Schwarze in Deutschland. Regisseur Oliver Hardt porträtiert Kulturschaffende, die dem Zuschauer auf emotionale, gleichwohl reflektierte und humorvolle Weise eine Idee davon vermitteln, was es bedeutet, als Nicht-Weiße in einer Gesellschaft zu leben, die sich als "weiß" definiert. In offenen, freundschaftlichen Gesprächen geben die Protagonisten Auskunft über Fremd- und Selbstbilder und Vorurteile, über ein tief verwurzeltes Selbstbewusstsein, aber auch über ihre Ängste und Unsicherheiten. Der Regisseur sagt über seinen Film: "Mich hat interessiert, wie Bilder und Gegenbilder, Lebensentwürfe und ihre medialen Spiegelungen sich gegenseitig bedingen und beeinflussen. Und wie sich daraus eine gesellschaftliche Realität formt, in der uralte Klischees und Zuschreibungen fortbestehen, und zwar ganz unabhängig von guten oder bösen Absichten. Und natürlich geht es um die Frage, inwieweit es in einer sich als weiß definierenden Gesellschaft überhaupt möglich ist, nicht rassistisch zu sein."
Achtung: Im Film wird Rassismus in Wort und Bild reproduziert. Innerhalb des Films geschieht dies in der Auseinandersetzung mit rassistischen Gewaltbegriffen bzw. rassistischer Gewalterfahrung.
Katharina Mückstein: Feminism WTF (2023)
Aus dem Missy Magazine: "Mit „Feminism WTF“ bringt Katharina Mückstein den intersektionalen Feminismus als verspielte Dokumentation auf die Kinoleinwand. Die österreichische Regisseurin setzt den Schwerpunkt auf die Wissenschaftslage, die relativ niedrigschwellig von einem diversen Forscher*innenteam wiedergegeben wird. Dabei geht es um die aktuellen Debatten des heutigen Feminismus: Warum sprechen in der Gesellschaft immer noch so viele von nur zwei Geschlechtern? Wieso passen Feminismus und Kapitalismus nicht zusammen? Was hat der Feminismus mit dem Klimawandel und was der Kolonialismus mit sexueller Freiheit zu tun? [...]."
Podcasts
Minh Thu Tran & Vanessa Vu: Rice and Shine UND Diaspor.Asia Podcast
Aus dem Missy Magazine: In Deutschland wird asiatischen Stimmen und Perspektiven viel zu wenig Platz eingeräumt. Dagegen gehen nun zwei neue Podcasts vor: „Diaspor.Asia“ und „Rice and Shine“. Die Macher*innen von „Diaspor.Asia“ identifizieren sich als queer und sprechen wöchentlich aus panasiatischer Perspektive über Diaspora in Deutschland in postkolonialen Kontexten. Dazu laden sie auch Gäste ein. Ihren Fokus legen sie dabei auf Empowerment, die Sichtbarmachung asiatischer Identitäten und die dazugehörigen Geschichten. [...] Minh Thu und Vanessa von „Rice and Shine“ haben sich auf der Journalist*innenschule kennengelernt und wollten etwas schaffen, das die Unwahrscheinlichkeit, dass zwei Vietdeutsche in einer Klasse landen, überdauert. Sie sprechen jeden Monat mit ihren Gästen über Vietsein in Deutschland, Leben, Liebe, Eltern, Kämpfe, Vorurteile, politische Positionierung und natürlich Essen.