Ihre Gründungsidee: ein intelligentes System zur Reduzierung von Ablenkung am Steuer. Für dieses Vorhaben erhielt das Start-up ein Jahr lang Unterstützung des bundesweiten Gründungsprogramms EXIST vom Bundesministerium für Wirtschaft. Wir haben mit den Gründer*innen Mohamad Jalalzada und Marie König zu ihrer Idee gesprochen und gefragt, wie sie als Unternehmensneulinge durch die Corona-Zeit gekommen sind:
Können Sie einem Laien in einfachen Worten Ihre Gründungsidee beschreiben?
Marie König: Wir wollen ein 3D-Navigationssystem in das Auto einbauen. Dabei sollen die Fahrer*innen alle wichtigen Infos auf der Windschutzscheibe sehen, also zum Beispiel Navigationsinformationen, Warnungen zu Hindernissen auf der Straße und komplizierte Verkehrssituationen. Der Vorteil von unserem System ist, dass die Fahrer*innen den Blick nicht von der Straße abwenden müssen, um auf einen externen Bildschirm zu schauen, denn das bedeutet, dass sie quasi im Blindflug fahren, was ein hohes Unfallrisiko birgt. Eine Sekunde Ablenkung bedeutet bei Ortsgeschwindigkeit 14 Meter blind zu fahren, das ist schon sehr viel, gerade auf engen Straßen in der Stadt.
Wir integrieren unser transparentes Foliendisplay in die Windschutzscheibe und bringen zwei Kameras an – eine, die die Fahrer*innen und eine, die die Straße scannt. Die Fahrenden können die dargestellten Informationen aus allen Winkeln sehen, was gegenüber dem relativ neuen Head-up-Display (wörtlich: „Kopf-oben-Anzeige“) einen großen Vorteil darstellt, denn dort können Inhalte nur aus einem bestimmten Blickwinkel gesehen werden.
Wie hat die Automobilindustrie auf Ihr Produkt reagiert?
Mohamad Hamed Jalalzada: Noch in unserer Förderzeit durch EXIST sollte ein Pilotprojekt mit einem Autozulieferer realisiert werden. Dann kam der Lockdown und es wurde auf Eis gelegt. Von den großen Autoherstellern hieß es, dass Produkt sei nicht marktreif und sie selbst müssten noch Geld in die Hand nehmen. Auch bei ihnen hatte die Pandemie zunächst für Verunsicherung gesorgt und so bewegte sich nichts mehr. Aber wenn die Pandemie vorbei ist, soll das angedachte Pilotprojekt realisiert werden, diese Chance besteht noch.
König: Einerseits fördert die Automobilindustrie mit Stipendien, Accelerator-Programmen und Wettbewerben die Start-Ups. Andererseits sind die Kommunikationswege zu den Entscheider*innen und Chefetagen extrem lang, was für uns ungünstig ist. Oder sie wollen ein interessantes, junges Unternehmen gleich aufkaufen und deren Mitarbeiter*innen einstellen. Insgesamt wird oft jeder Cent umgedreht und es gibt wenig Spielräume. Unser 3D-Navigationssystem haben wir gerade als Patent angemeldet, auch um unsere Idee zu schützen.
Hat sich die Pandemie auf die Entwicklung Ihres Start-Ups ausgewirkt?
Jalalzada: Das Schöne an einem Start-Up ist, dass es sehr vielschichtig und wendig ist. Wir hatten ein Jahr lang durch die Förderung durch EXIST Zeit, unsere Gründungsidee umzusetzen. Danach war es Corona-bedingt schwierig weiter zu machen. Wir konnten aber schnell reagieren und haben uns Mitte 2020 auf „Digital out of Home“-Werbung (DOOH) konzentriert. Das sind die großen Displays, die man draußen aber auch im Innenbereich von Shopping-Centern sieht. Wir wollten den wiederaufgelebten Einzelhandel nach dem ersten Lockdown mit personalisierter Werbung unterstützen.
Unser Motto ist: Jede Scheibe mit digitalen Inhalten bespielen und damit zu einer Anzeigenfläche machen. Durch optische Sensoren, die wir an dem Bildschirm anbringen, führen wir Analysen durch und bestimmen so die Käufergruppe, der dann gezielt Werbeinhalte gezeigt werden. Wir sind quasi die Schnittstelle zwischen zum Beispiel der Firma Ströer für Außenwerbung und dem personalisierten Kunden, die Inhalte kommen von den Unternehmen.
Mit dem zweiten Lockdown musste der Einzelhandel wieder schließen, was dazu führte, dass wir uns auf den Onlinehandel fokussierten. Aber es fehlten uns die Begegnungsmöglichkeiten mit Interessierten für die Idee. So haben wir unser Netzwerk aus EXIST-Zeiten reaktiviert und darüber Kontakte zu Branchenvertreter*innen aus der Industrie geknüpft. Das hat gut geklappt. So kamen wir von der Automobilindustrie zum Einzelhandel und schließlich zum Onlinehandel. Eigentlich sind wir dank Corona ein perfektes Beispiel, wozu ein Start-Up fähig ist, wenn es anpassungsfähig bleibt und aus Erfahrungen und Fehlern lernt.