| Campus

Coronavirus-Pandemie: So gehen Lehre und Studium an der HAW Hamburg weiter

Die Coronavirus-Pandemie bringt große Veränderungen für die Studierenden und Lehrenden mit sich. Präsident Micha Teuscher und Vizepräsidentin Monika Bessenrodt-Weberpals stellen im Interview die weiteren Semesterplanungen vor – und sprechen darüber, was bei einer schrittweisen Wiedereinführung der Präsenzlehre zu beachten ist.

Studierende vor dem Berliner Tor 5

Studierende vor dem Berliner Tor 5

Die Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Corona-Virus haben in den letzten Wochen große Veränderungen für die Studierenden und die Lehrenden an der HAW Hamburg erfordert. Der Wechsel von der Präsenzlehre in die digitale Lehre ist ja sehr schnell und umfassend erfolgt. Wie haben Sie diesen Wechsel erlebt?

Micha Teuscher: Wir sind außerordentlich beeindruckt, mit welchem großen Engagement die Lehrenden und auch die Studierenden diese Herausforderung angenommen haben. Digitalisierung von Studium und Lehre ist zwar bereits seit einigen Jahren Teil unserer Strategie. Trotzdem waren wir natürlich auf einen so umfassenden Wechsel aus der Präsenz in digitale Formate noch nicht vollständig vorbereitet. Wir sind weiterhin dabei, sowohl technische und rechtliche als auch didaktische und methodische Fragen zu klären.

Monika Bessenrodt-Weberpals: Insgesamt hat das Lernen, Lehren und Prüfen in digitalen Formaten in der HAW Hamburg einen Riesenschub bekommen – natürlich mit gewissen Startschwierigkeiten und Hindernissen, die wir uns aber zugestehen sollten. Wichtig ist mir persönlich, mit den Studierenden in Kontakt zu bleiben und deren Perspektive einzubeziehen. Sie standen vor ganz besonderen Herausforderungen. Und gerade sie sind als „digital natives“ sehr flexibel und zupackend damit umgegangen. In sehr kurzer Zeit mussten sie ihre eigene technische Ausstattung und Infrastruktur auf das neue Online-Studium mit den verschiedensten Tools ausrichten. Sie haben sich diesem Stresstest mit Bravour gestellt. Hut ab! Wir dürfen aber dabei nicht diejenigen Studierenden vergessen, denen ein Online-Studium aus sozialen oder finanziellen Gründen nur eingeschränkt oder sogar unmöglich ist. Deren Benachteiligungen müssen wir versuchen weitgehend entgegen zu wirken, insbesondere durch einen geeigneten Notfallfonds der Stadt.

Die Bundeskanzlerin, die Regierungschefinnen und Regierungschefs haben in der vergangenen Woche die Rahmenbedingungen für die weitere Vorgehensweise entschieden. Am Freitag, dem 17. April 2020, hat der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg wichtige Entscheidungen zu der weiteren Konkretisierung für Hamburg getroffen. Wie sind wir an der HAW Hamburg davon betroffen?

Micha Teuscher: Wir werden auch nach dem 20. April weiterhin nur digitale Lehre anbieten, zunächst bis zum 4. Mai 2020. In dieser Zeit bereiten die Fakultäten und Departments die schrittweise Öffnung hin zu einer geschützten Präsenzlehre vor. Für Studierende, die in der Phase ihres Studienabschlusses sind, wird ab dem 4. Mai 2020 eine exklusive Abschlussphase für Prüfungen und ähnliche abschließende Arbeiten bis zum 17. Mai vorgesehen. Erst anschließend beginnt die Phase einer geschützten Präsenz für alle Studierenden bis zum Ende des Vorlesungsbetriebs am 10. Juli. Dabei werden nur spezifische Lehrformate für dringend erforderliche Kleingruppenveranstaltungen, Übungen und Laborveranstaltungen sowie Abschlussarbeiten zugelassen. Vorlesungen und seminaristischer Unterricht werden bis zum Ende des Semesters nur in digitaler Form angeboten werden können.

Selbstverständlich gilt für alle diese Phasen: Die Hygiene- und Schutzmaßnahmen wie Abstandsregelung und das Tragen von Masken müssen gewährleistet werden.

Seit den Einführungswochen vom 9. bis zum 16. März 2020 wird die Lehre an der HAW Hamburg nur digital durchgeführt. Hat das Auswirkungen auf die Kompetenzen der Studierenden?

Monika Bessenrodt-Weberpals: Auf jeden Fall, und zwar sowohl als Chancen wie auch Risiken! Chancen entstehen aus der Notwendigkeit, dass die Studierenden beispielsweise ihre Kompetenzen zum Selbstlernen und Zeitmanagement wie auch schriftlicher Ausdrucksfähigkeit massiv weiterentwickeln können, was ihnen hervorragende Möglichkeiten in der zunehmend digitalen Gesellschaft eröffnet. Risiken können sich unter anderem gerade im Sommersemester daraus ergeben, wenn soziale oder finanzielle Gründe zu Benachteiligungen von Studierenden im Online-Studium führen. Das sollte dann sowohl beim BAFÖG wie in der Regelstudienzeit berücksichtigt werden.

Eine Befragung von Studierenden in der Fakultät Technik und Informatik zeigt aktuell, dass eine Transformation der Lernziele und fachlichen Inhalte aus der Präsenzlehre in das digital‐unterstützte Online-Studium grundsätzlich erfolgt ist. Aufbau, Struktur, Umfang und Zugang zu Lerninhalten heben die Studierenden überwiegend positiv hervor. Zusätzlich loben sie das Engagement und die Erreichbarkeit der Lehrenden. Verbesserungswünsche haben die Studierenden bei TI vor allem in Hinblick auf ein einheitlicheres Angebot für digitale Lernarrangements.

Was ist bei einer schrittweisen Wiedereinführung der Präsenzlehre zu beachten?

Micha Teuscher: Wir alle haben in den letzten Wochen die persönliche Begegnung untereinander sehr vermisst. In dieser Zeit ist auch die große Bedeutung der Präsenzlehre für die kritisch-reflektierende wissenschaftliche Auseinandersetzung nochmal sehr deutlich geworden. Digitale Lehre kann die Auseinandersetzung zwischen Studierenden und Lehrenden in der persönlichen Begegnung nicht ersetzen. Sie kann sie unterstützen, durch eigene Elemente und Möglichkeiten eine Bereicherung bieten und Funktionen in der Kompetenzentwicklung übernehmen. Hochschule braucht aber weiterhin die persönliche Begegnung und Auseinandersetzung.

Wenn wir zum 18. Mai 2020 Lehre in geschützter Präsenz bis zum 10. Juli für dringend notwendige Kleingruppenveranstaltungen, Übungen, Laborveranstaltungen und Abschlussarbeiten ermöglichen, werden wir die bekannten Hygiene- und Schutzmaßnahmen, also auch Abstandsregelungen und das Tragen von Masken beachten müssen.

Hier wird auch deutlich, dass wir die vielfältigen Erfahrungen aus der Entwicklung digitaler Lehrformate auch in Zukunft in der Gestaltung der Lehre und der Semesterplanung berücksichtigen werden.

Die Studierenden wissen derzeit nicht, ob und wie die Prüfungen abgehalten werden. Können Sie hierzu auch etwas sagen?

Monika Bessenrodt-Weberpals: Natürlich werden Prüfungen im Sommersemester 2020 in einem geordneten Verfahren stattfinden. Dies geschieht mit hoher Priorität und ist in den geschützten Präsenzzeiten oder zum Teil online möglich. Was das Vorgehen zusätzlich erleichtert: Die in den Prüfungsordnungen und Modulbeschreibungen festgelegten Prüfungsformate wurden geöffnet und flexibilisiert. Hierzu hat der Präsident am 18. April 2020 eine entsprechende Entscheidung getroffen. Dies kann den Dreiklang von Lehren, Lernen und Prüfen in digitalen Zeiten zusätzlich unterstützen.

Präsidium und Dekan*innen haben gemeinsam folgende zeitliche Optionen für Prüfungen im Blick: Zunächst unsere ursprüngliche Prüfungsphase in den 14 Tagen vom 29. Juni bis 10. Juli 2020. Zusätzlich kann ab 8. August 2020, nach den Hamburger Schulferien, eine fakultätsspezifisch geregelte Prüfungsphase eingeplant werden. Schließlich gibt es ein weiteres 14-tägiges Zeitfenster vom 31. August bis 11. September 2020 vor dem Vorlesungsbeginn im Wintersemester 2020/21.

Falls übrigens Prüfungen oder Labore als geschützte Präsenzveranstaltung in der vorlesungsfreien Zeit abgehalten werden müssen, bieten wir unseren Professor*innen als Kompensationsregelung an, ihren Urlaub ausnahmsweise auch in der Vorlesungszeit zu nehmen. Darüber entscheiden die Departmentleitungen im Einvernehmen mit den Dekanaten.

Kommen wir auf das Wintersemester 2020/2021 zu sprechen. Was erwartet die Studierenden?

Micha Teuscher: Die Kultusministerkonferenz hat am 3. April 2020 entschieden, dass der Vorlesungsbetrieb für alle Hochschulen für das Wintersemester 20/21 einheitlich am 1. November 2020 beginnen soll. Mit unser Hamburger Wissenschaftsbehörde haben wir uns auf das folgende Vorgehen geeinigt: Aufgrund der verspäteten Vergabe der Abiturzeugnisse durch die Corona-Krise in diesem Jahr können die Lehrveranstaltungen der Studierenden des ersten Semesters erst zum 2. November 2020 starten und laufen mit den Prüfungen bis zum 26. Februar 2021.

Da die Studierenden des zweiten Semesters und der höheren Semester sowie die MA-Studierende nicht von dieser verspäteten Zulassung betroffen sind, können wir hier anders vorgehen. Wir haben das Ziel gemeinsamer Prüfungszeiträume für unsere Studierenden am Semesterende bis zum 26. Februar 2021, so dass die BA- Studierenden des zweiten Semesters und der höheren Semester sowie die MA-Studierende bereits am 12. Oktober 2020 starten werden.

Wegen der inhaltlichen und organisatorischen Verzahnung des Studienbetriebes mit der Praxis werden die meisten dualen Studiengänge am 14. September 2020 beginnen und laufen mit den Prüfungen bis zum 29. Januar 2021. Da in der Fakultät Technik und Informatik die dualen Studiengänge eng mit den normalen Bachelorstudiengängen verbunden sind, werden diese Studiengänge bei TI erst am 12. Oktober 2020 starten.

Das Sommersemester 2021 ist zwar noch in weiter Ferne, aber indirekt auch von der Covid-19-Pandemie betroffen. Gibt es schon Pläne?

Monika Bessenrodt-Weberpals: Die Rahmenbedingungen für das Sommersemester 2021 orientieren sich am vorangegangenen Wintersemester. Dessen Ende mit den letzten Prüfungen am 26. Februar 2021 führt konsequenterweise zu einem etwas späteren Beginn des Präsenzlehrbetriebs im Sommersemester 2021. Mit der Wissenschaftsbehörde und innerhalb unserer Hochschule ist folgendes abgestimmt: Die Vorlesungszeit für die dualen Studiengänge, außer denen der Fakultät Technik und Informatik, beginnt am 15. März 2021 und dauert mit den Prüfungen bis zum 16. Juli 2021. Die Vorlesungszeit aller anderen Studiengänge ist ab dem 22. März 2021 geplant und soll mit den Prüfungen ebenfalls am 16. Juli 2021 enden. Die hierbei auf 17 Wochen verkürzte Vorlesungszeit (einschließlich Prüfungszeit) werden wir durch digitale Lehrangebote anreichern, um die Akkreditierungsregelungen einhalten zu können.

Liebe Frau Prof. Bessenrodt-Weberpals, lieber Herr Prof. Teuscher, haben Sie noch eine Botschaft an die Studierenden?

Monika Bessenrodt-Weberpals: An der HAW Hamburg `leitet uns ein Bildungsverständnis, das die Kompetenzen der Studierenden im Zentrum der wissenschaftlich reflektierten Lehr- und Lernprozesse sieht. Mit fachlicher Expertise begleiten die Lehrenden die Studierenden beim selbstverantwortlichen Lernen.´ So formuliert es unser Leitbild Bildung, Studium und Lehre von 2019, das in der herausfordernden Corona-Lage hochaktuell ist. Es steht für eine chancengerechte Kultur des Voneinander Lernens, für ein qualitativ hochwertiges Studium und für eine  Hochschule als Ort, an dem sich Menschen mit ihren unterschiedlichen Perspektiven offen begegnen – auch im Virtuellen. Ich danke allen Studierenden wie Lehrenden für ihren außerordentlichen Einsatz und für ihr geduldiges Verständnis, wenn nicht alles gleich auf Anhieb gelingt. Wir arbeiten gemeinsam weiter daran.

Micha Teuscher: Die Covid19-Pandemie hat vieles entscheidend auf den Kopf gestellt, den Lehrbetrieb an der HAW Hamburg stark getroffen und dabei verändert. Wir hoffen auf Ihre Bereitschaft und Geduld, denn nur, wenn wir alle gemeinsam an den verschiedenen Herausforderungen dieser Tage arbeiten, werden wir gute Ergebnisse für alle Beteiligten erreichen, für die Studierenden genauso wie für die Lehrenden und die Beschäftigten in Technik und Verwaltung unserer Hochschule! Und schlussendlich wollen und sollen wir auch alle gesund durch diese Krise kommen.

(Das Interview führte Dr. Katharina Jeorgakopulos)

WETERE INFORMATIONEN
#CoronaHH: Hamburger Hilfsfonds für Studierende ist freigeschaltet: Anträge können ab sofort online gestellt werden: Studierende an Hamburger Hochschulen, die sich aufgrund der Corona-Pandemie nachweislich in einer finanziellen Notlage befinden, können ab sofort online ein zinsloses Darlehen in Höhe von 400 Euro monatlichbeantragen. Der Hamburger Hilfsfonds bietet eine Möglichkeit der Zwischenfinanzierung zur schnellen und unbürokratischen Unterstützung von Studierenden und soll dazu beitragen, den existenzsichernden Grundbedarf zu decken. Das Darlehen kann jeweils für die Monate April, Mai und Juni 2020 beantragt werden und wird vom Studierendenwerk verwaltet. Über eine Service-Hotline erhalten die Studierenden unter (040) 41902-460 zusätzliche Unterstützung bei der Antragstellung (Mo.- Fr.; 10 -13 Uhr)
 

x