| Campus

Da steckt Physik drin!

Das Physikpraktikum an der Fakultät Life Sciences ist normalerweise eine echte Massenveranstaltung: Rund 170 Studierende aus sieben Bachelor-Studiengängen drängen sich, zwar nicht unbedingt zeitgleich, in den Physiklaboren am Ulmenliet 20. Sie protokollieren, prüfen und lernen, Fehlerberechnungen bei physikalischen Experimenten und die Ergebnisse kritisch zu prüfen und zu diskutieren. 

Zwei Studenten im Physiklabor bei einem Experiment.

So sieht das Physikpraktikum an der Fakultät Life Sciences eigentlich aus: im Labor auf dem Campus. In der Pandemie ist alles anders. Doch auch Experimente zuhause bringen Erkenntnisse und Spaß.

Doch im vergangenen Corona-Jahr war alles anders: Vor Ort waren einzelne Studierende nur in Ausnahmefällen. Die Versuche fanden weitestgehend digital und zuhause statt. Und auch bei den Prüfungen haben sich Dr. Dagmar Rokita und Carsten Westarp, die das Physikpraktikum, zusammen mit fünf Lehrbeauftragten durchführen, etwas Besonderes überlegt.

Als sich im Frühjahr 2020 abzeichnete, dass die Labore so weit wie möglich geschlossen bleiben sollten, war Kreativität gefragt. „Zum Glück waren in der Hamburg Open University (HOOU) bereits zwei Physikpraktikumsmodule entwickelt worden, die sich zuhause durchführen ließen, sagt Dr. Dagmar Rokita. Sie bietet das Physikpraktikum bereits seit 13 Jahren an der Fakultät Life Sciences an. „Die Online-Module haben uns gerettet!“ 

Mit Alltagsgegenständen zuhause einen physikalischen Versuch durchführen, ihn analysieren und in einem Video präsentieren - eine besondere Herausforderung in Pandemiezeiten, die von den Studierenden mit viel Kreativität und Bravour gemeistert wurde.

Nachdem also physikalische Berechnungen, Fehleranalysen und Berichte online eingeübt werden konnten, musste noch das Problem der Abschlussprüfung gelöst werden. „Normalerweise ist die Prüfungsleistung der Hauptversuch im Labor am Ende des Semesters“, erklärt Dagmar Rokita. „Der Versuch wird von uns vorgegeben und die Studierenden können zeigen, was sie bislang gelernt haben.“ Aber das sei aktuell ja nicht möglich. „Deswegen haben wir uns gedacht, wir drehen den Spieß einmal um und bitten die Studierenden, sich etwas auszudenken.“

Es ist schon erstaunlich, wo überall im Alltag Physik drinsteckt.

Dr. Dagmar Rokita

Das Experiment für zuhause
Und so waren die Studierenden aufgefordert, sich selbst ein physikalisches Experiment auszudenken, das sie zuhause durchführen und mit der Handykamera aufnehmen konnten. An diesem Versuch sollten dann die physikalischen Formeln und Berechnungen durchgeführt und analysiert werden. „Wir waren positiv überrascht und erfreut, was sich die Studierenden alles ausgedacht haben“, sagt Dagmar Rokita. „Von der Berechnung der Energieerhaltung auf der Halfpipe beim Skaten über den Dopplereffekt, den wir beim Vorbeifahren eines Rettungswagens bemerken können, bis hin zur Berechnung von Flugbahnen beim Werfen einer Frisbee-Scheibe, war alles dabei. Es ist schon erstaunlich, wo überall im Alltag Physik drinsteckt.“

Trotz aller Schwierigkeiten, am Ende hat es doch funktioniert.

Christina Hubert, Studentin der Umwelttechnik

Treibhauseffekt in der Küche nachgestellt.
Lotta Zibell (24) und Christina Hubert (26) studieren beide Umwelttechnik an der Fakultät Life Sciences in Bergedorf. Ihr Studium war von Anfang an von der Pandemie geprägt. Für die gemeinsamen Physikpraktikumsaufgaben haben sie sich deshalb auch online zusammengefunden. „Das ist natürlich etwas schwieriger und man lernt sich nicht so gut kennen“, sagt Christina Hubert. „Aber am Ende funktioniert es doch.“

Den beiden war klar, dass sie auf jeden Fall einen Versuch machen wollten, der etwas mit ihrem Studium zu tun hat. „Wir haben lange überlegt, aber dann ist Christina zum Glück die Idee mit dem Treibhauseffekt gekommen“, berichtet Lotta Zibell. In ihrer Küche aufgebaut hat Christina Hubert dann drei Plastikkuppeln aus dem Baumarkt. Unter der einen war normale Atemluft, die zweite wurde mit Lachgas aus dem Sahneaufschäumer gefüllt und die dritte erhielt CO2 aus einem Sodastream. Eine Infrarotlampe hat die drei Kuppeln dann gleichmäßig beschienen und Christina hat 60 Minuten lang jede Minute die Temperatur gemessen und in ein Diagramm getragen.

„Ich musste leider ziemlich schnell feststellen, dass es nicht so einfach funktioniert wie gedacht. Trotz der Abdichtung mit Silikon sind die Gase zunächst aufgrund des hohen Druckanstiegs entwichen. Geholfen hat am Ende ein Rückschlagventil, aber ich musste alles mehrmals umbauen und messen“, erklärt Christina Hubert.

Neues Format fördert Kreativität und Selbstständigkeit 
Außerdem musste natürlich alles gefilmt und am Ende zu einem schlüssigen Video zusammengestellt werden. Da sei schon sehr viel mehr Arbeit gewesen als zu Beginn gedacht, betonen beide Studentinnen. Aber am Ende habe es sich gelohnt. „Ich fand es schon sehr, sehr spannend, so kreativ werden zu können und auch Experiment zu machen, das direkt etwas mit meinem Studiengang zu tun hat“, sagt Lotta Zibell. 

Praktikumsbetreuer Carsten Westarp zieht ebenfalls ein positives Resümee: „Wir haben gesehen: Man kann die Studierenden nach einer gewissen Einweisung auch einfach loslaufen lassen und ihnen Freiheiten lassen. Das fördert in jedem Fall das selbstständige Denken.“

Text: Maren Borgerding

x