Seit 1990 erscheinen die Sachstandsberichte des IPCC und warnen vor den Folgen des Klimawandels. Gibt es etwas grundlegend Neues im aktuellen Bericht?
Prof. Dr. Dr. Walter Leal: Die Berichte des Weltklimarates waren in den 1990ern nur wenigen bekannt. Heute sind sie ein wichtiges Instrument, das einen zentralen Einfluss auf die Entscheidungen im Bereich Klimapolitik weltweit hat. Die Ergebnisse der aktuellen Veröffentlichungen des Weltklimaberichts zeigen, dass sich die globalen Wettermuster ändern. Auch wir in Europa sind gegen den Klimawandel keinesfalls immun, wie wir durch die Brände in Südeuropa und das Hochwasser in Mitteldeutschland deutlich zu spüren bekommen haben. Dies sind nur einige Beispiele für Veränderungen, die wir im globalen Wetter- und Wasserkreislauf zukünftig noch häufiger erleben werden, da die Systeme sind nicht mehr so stabil wie früher sind. Dies ist eine Folge der veränderten Klimabedingungen. Und diese Veränderungen sind gefährlich, weil niemand genau weiß, wo und wann die damit verbundenen Extremereignisse auftreten werden.
Können Sie uns Ihre Aufgaben als Leitautor für den jüngsten Weltklimabericht beschreiben?
Walter Leal: Ich bin federführender Autor von Kapitel acht, das sich mit Armut, Existenzgrundlagen und nachhaltiger Entwicklung befasst. Genauer gesagt geht es in meinem Beitrag darum, wie sich der Klimawandel auf die Armut und das Streben nach einer nachhaltigen Entwicklung auswirken. Ich arbeite auch an den Kapiteln sieben und neun über Klimawandel, Gesundheit und Afrika mit.
Meine Aufgabe als Leitautor ist es, die Forscher-Teams mit Recherchen zu Studien und Analysen zu unterstützen, wie auch neue Ideen und eigene Perspektiven einzubringen. Außerdem lektoriere ich die Texte und versuche Fehler zu bereinigen und Lücken zu schließen, um eine klare Botschaft zu kommunizieren Es geht darum, die Beiträge so wissenschaftlich zu untermauern, dass sie möglichst frei sind von subjektiven Stellungnahmen, Polemiken oder Unklarheiten.
Sie haben zu den Themen Armut und Klimawandel gearbeitet. Die Staaten des globalen Südens fordern, das Budget für Anpassungsmaßnahmen an die Folgen des Klimawandels auf 50 Prozent zu erhöhen. Gibt es dazu Vorschläge?
Walter Leal: Reiche Länder wie die USA und viele EU-Länder zögern, mehr finanzielle Unterstützung zu gewähren, wenn nicht sichergestellt ist, dass die unterstützten Länder sich stärker für den Klimaschutz engagieren. Aber die Eindämmung des Klimawandels ist nicht nur eine Angelegenheit der etablierten Industriestaaten. Auch die neuen oder aufstrebenden Wirtschaftsnationen müssen einen konkreten Beitrag leisten, insbesondere Länder wie China, Südafrika und Indien, damit die Bemühungen in einem Teil der Welt nicht durch übermäßige Emissionen in anderen Teilen der Erde untergraben werden. Auf der UN-Klimakonferenz COP26 in Glasgow im vergangenen November hatten sich die armen Länder beschwert, dass die in Paris 2015 zugesagten 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr für die Bekämpfung der Klimawandels noch nicht bereitgestellt wurden. Es gibt also keine finanzielle Basis, Klimaanpassungsmaßnahmen, die dringend erforderlich sind, umzusetzen.