Angewandte Forschung

Die Flut

Extremwetterereignisse wie Überschwemmungen werden in den kommenden Jahrzehnten zunehmen, prognostizieren Klimaforscher. Auch in Hamburg. Das groß angelegte Hamburger Forschungsprojekt RESCUE-MATE beschäftigt sich mit derartigen Katastrophenfällen. Es möchte bisherige Konzepte und Maßnahmen weiterentwickeln und verbessern. Prof. Dr. Thomas C. Schmidt aus dem Department Informatik ist am Projekt beteiligt.

Mitarbeiter von Prof. Schmidt testen Funkmodule Dafür verwenden das Open-Source-Betriebssystem RIOT für das Internet der Dinge.

Stellen wir uns folgendes vor: Hamburg wird von einer Sturmflut heimgesucht. Die Elbe tritt über die Ufer – Teile Hamburgs werden überschwemmt. Es stürmt. Schiffe lösen sich im Hafen aus ihrer Vertäuung. Ein auf der Elbe treibendes Schiff hat bereits eine Brücke beschädigt. Die rund 55.000 Einwohner Wilhelmsburgs müssen evakuiert werden.

Krisenstäbe kommen zusammen. Sie beurteilen die Lage, legen Maßnahmen fest und planen Ressourcen. Müssen die Deiche durch Sandsäcke gesichert werden? Welche Wege sind versperrt, welche befahrbar? Welche Notunterkünfte sind bereits voll? Die Funknetze sind überlastet und erschweren die Kommunikation zwischen Bürgern und Krisenstäben.

Was klingt wie der Trailer zu einem Action-Film, ist der Ausgangspunkt eines großen interdisziplinären Hamburger Forschungsprojekts. Die Behörde für Inneres und Sport hat zusammen mit der Universität Hamburg, der HAW Hamburg und zahlreichen weiteren Hochschulen und Partnern ein neues Projekt mit dem Titel „Dynamische Lageerstellung und Unterstützung für Rettungskräfte in komplexen Krisensituationen (RESCUE-MATE)“ auf den Weg gebracht.
Denn Extremwetterereignisse werden durch den Klimawandel in den kommenden Jahrzehnten zunehmen, auch in Hamburg. Die Hansestadt möchte deshalb für den Katastrophenfall Konzepte und Maßnahmen weiterentwickeln und verbessern. Das Projekt ist auf die kommenden vier Jahre ausgelegt und wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung mit knapp 9 Millionen Euro gefördert.
 

Polizei und Feuerwehr können mit Hilfe unserer Box Lagebilder aktualisieren – auch, wenn kritische Systeme ausfallen

Prof. Dr. Thomas C. Schmidt

Prof. Dr. Thomas C. Schmidt und seine Forschungsgruppe Internet Technologies (iNET)  kümmern sich im Projekt RESCUE-MATE darum, Notfall-Backup-Lösungen zu entwickeln, wenn die Kommunikations-Infrastruktur nicht mehr funktioniert. Dafür entwickeln sie so genannte „Sensorboxen“ für das Internet der Dinge. Diese butterdosengroßen Boxen werden beispielsweise an den Anlagen der HPA angebracht – der Hamburger Port Authority. Hier sammeln sie an neuralgischen Punkten Umgebungsdaten und leiten diese dann an Einsatzkräfte weiter.
Polizei und Feuerwehr können mit Hilfe der Daten Lagebilder aktualisieren – „auch, wenn kritische Systeme ausfallen“, so Schmidt. Die Boxen funktionieren nämlich auch, wenn es keinen Strom mehr gibt, denn sie sind energie-autonom. Schmidt erklärt, wie das genau funktioniert: „Die Boxen verfügen außen über Solarzellen und in ihrem Inneren über Energiespeicher sowie ein ausgeklügeltes Energiemanagement-System. Das ist auch nötig. Denn auch wenn die Sonne nicht scheint, müssen sie funktionieren“.

Spannend am Projekt ist auch, dass so genannte Forschungs-Deployments geplant sind: Ganz im Sinne der angewandten Forschung werden die entwickelten Boxen in die Infrastruktur gebracht und an speziellen Tagen getestet. „Ob die Feuerwehr unsere Boxen letztendlich benutzen wird, werden wir sehen“, sagt Schmidt. Fakt ist: Sie funktionieren. Ein Prototyp für eine ähnliche Box wurde nämlich bereits im Projekt ECO-Box entwickelt. Befestigt auf dem Dach eines HVV-Buses sammelte sie Daten über Luftverschmutzung im Hamburger Straßenverkehr.

Weiterführende Informationen:

https://www.rescue-mate.de/

inet.haw-hamburg.de

https://www.riot-os.org/


Text: Tiziana Hiller

Kontakt

Prof. Dr. Thomas C. Schmidt
Department Informatik
t.schmidt (at) haw-hamburg (dot) de
+​​​​​​​49 40 42875 - 8452

x