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Gute Aussichten 2020/2021

Fotoarbeiten von Studierenden in den Deichtorhallen zu sehen

Unter dem Motto „Das Schöne, Schäbige, Schwankende“ zeigen prämierte Nachwuchsfotograf*innen vom 11. Februar bis zum 1. Mai 2022 in ihre Werke in der Ausstellung „Gute Aussichten 2020/2021“. Darunter sind auch die Arbeiten von zwei Absolvent*innen im Studienschwerpunkt Fotografie. Aufgrund der Corona-Pandemie hat sich die Eröffnung verschoben. Eine Online-Version der Ausstellung gibt es aber bereits. Eine Erfolgsgeschichte von zwei Nachwuchskünstler*innen aus dem Department Design der HAW Hamburg.

Fotokunstwerk mit Farnen und Beinen.

Aus der Fotoserie "Leuchtende Augen" von Sophie Allerding

Aus 71 Einreichungen von 32 deutschen Hochschulen wählte eine neunköpfige Jury im vergangenen Jahr acht Preisträger*innen und ihre Arbeiten aus – darunter auch die Fotoarbeiten von Sophie Allerding und Robin Hinsch. Beide sind Absolvent*innen im Studienschwerpunkt Fotografie des Departments Designs der HAW Hamburg.

Die von der Autorin Brigitte Kronauer entliehene Überschrift der aktuellen Ausstellung „Das Schöne, Schäbige, Schwankende“ ist dabei der rote Faden, der die sieben Werke der insgesamt acht Preisträger*innen miteinander verknüpft. Unter diesem Motto rücken die jungen Fotograf*innen „den Menschen als Individuum in den Fokus ihrer Betrachtungen, zeigen Missstände auf, beziehen Stellung, reflektieren die eigene Bezüglichkeit“. Die Arbeiten von Sophie Allerding und Robin Hinsch reflektieren dieses Motto auf sehr unterschiedliche und berührende Weise.

Fotoserie WAHALA
Robin Hinsch, geboren 1987, studierte von 2014 bis 2020 Fotografie bei Prof. Vincent Kohlbecher und Prof. Linn Schröder im Master. Bereits 2016 wurde erstmals eine Fotoarbeit von ihm in den Deichtorhallen bei der „European Photo Exhibition Award“ einem großen Publikum vorgestellt. Die Liste seiner internationalen Ausstellungen und Preise ist lang. Hier sind nur einige seiner Awards genannt: 2010 erhielt Robin Hinsch den „Deutschen Jugendfotopreis“, 2014 gleich vier Mal den „International Photography Award“ in unterschiedlichen Kategorien, 2019 folgte dann der „The European Photoawards“, 2020 der „Sony World Photography Award“ und 2021 der Gute-Aussichten-Award für seine aktuell ausgestellte Fotoserie WAHALA.

Mit seiner Fotoarbeit hinterfragt Robin Hinsch die Ausbeutungsmechanismen und Produktionsbedingungen bei der weltweiten Förderung fossiler Brennstoffe. „WAHALA offenbart, dass es zwischen der Zerstörung der Umwelt und der Gewalt gegen Menschen keinen prinzipiellen Unterschied gibt und legt die Widersprüche des Versprechens vom ewigen Wachstum offen“ – so die Beschreibung seiner Bilder im Ausstellungs-Blog.

Sophie Allerding bedient nicht nur formal, sondern auch thematisch eine neue Form der subjektiven inszenierten Fotografie, die installativ erfahrbar im Raum gezeigt wird und die die Jury überzeugt hat.

Prof. Linn Schröder, Professorin für Fotografie im Department Design der Fakultät DMI

Fotoserie Leuchtende Augen
Sophie Allerding, geboren 1993, hat ihren Bachelor-Abschluss bei Prof. Linn Schröder und Irina Ruppert gemacht. Sie bewarb sich mit ihrer Abschlussarbeit „Leuchtende Augen“ beim Gute-Aussichten-Wettbewerb“ – und wurde ausgewählt. Für ihre Arbeit war sie, die selbst aus Brasilien stammt, ins Amazonasregenwald gefahren, um sich auf die Spuren der Mythen und Legenden, die von der ursprünglichen Verbindung von Mensch und Natur handeln, zu begeben. „Ich selbst bin mit diesen Geschichten aufgewachsen, spreche die Sprache der Menschen dort und war oft als Kind in Brasilien bei meiner Familie. Die Mythen und Legenden des Amazonasgebiets sind also Teil meiner Kultur“, erzählt sie.
 
Eine zweite, diese Eindrücke vertiefende Reise dorthin konnte sie coronabedingt nicht mehr unternehmen. „Die zweite Reise war vor allem gedacht um die Bilder, die ich letztendlich im Studio gemacht hatte, vor Ort mit den Menschen zu inszenieren“, sagt Sophie Allerding. So entstand die finale Bilderserie „Leuchtende Augen“ in dem Fotostudio der HAW Hamburg, in dem sie die auf der Reise gewonnen Eindrücke und Bilder künstlerisch reinszenierte. Dabei arbeite sie mit realen Bildern aus dem Amazonas wie mit Blitzlichtern, die sie mit neuen Studienaufnahmen vermischte und collagenhaft übereinanderlegte. Dabei ging es ihr um die Sichtbarmachung des Geheimnisvollen und Spirituellen, der innigen Verbindung von Mensch und Natur im brasilianischen Amazonas, „die in westlichen Gesellschaften oft nicht mehr greifbar ist“.

Der Weg zu dieser reinszenierten Wiedervereinigung gelingt der jungen Fotografin, indem sie sich mit diesem Thema physisch auseinandersetzt. Sophie Allerding: „Ich benutze meinen eignen Körper als Forschungsinstrument und Ausdrucksmittel. Zwischen dem Dahinter und  dem Davor einer Kamera gibt es ein Machtgefälle: Vor der Kamera wird man zum Objekt – nicht umsonst nennen wir die Linse Objektiv – denn wer hinter der Kamera steht, entscheidet, wie das, was vor der Kamera ist, wahrgenommen wird. Diese Objektifizierung von Natur ist das Gegenteil von dem, was ich aus den Geschichten des Amazonas kenne.“

Allerding suchte nach einem Weg, dieser Objektifizierung der Natur in ihrer Darstellung zu entkommen. „Mir geht es darum, wieder eine Verbindung von Natur und Mensch zu schaffen, und diese ist nicht draußen, sondern im Inneren zu finden. Daher habe ich mich selbst zur Natur gemacht, sie in mir gesucht, sie vor der Kamera inszeniert; mich also selbst zum Objekt gemacht, um durch diesen Prozess mich selbst und die Natur wieder zum Subjekt werden zu lassen.“

Prof. Linn Schröder, Professorin für Fotografie im Department Design der Fakultät DMI hatte die Bachelorarbeit von Sophie Allerding betreut: „Sophie arbeitet sehr komplex mit vielen Erzählsträngen in ihren Bildern. Die Verdichtung der Eindrücke in den Bildern aus dem Amazonas hat sie erst im Studio gewonnen. Das war eine große Leistung, denn sie hätte das Projekt auch coronabedingt abbrechen können. Aber gerade in dieser Vermischung und Überlagerung von realen und inszenierten Bildern schafft sie es, die mythischen Geschichten und spirituellen Verbindungen von Mensch und Natur in Bilder zu übersetzen und sichtbar zu machen. Damit bedient sich Sophie Allerding nicht nur formal, sondern auch thematisch einer neuen Form der subjektiven inszenierten Fotografie, die installativ erfahrbar im Raum gezeigt wird und die die Jury überzeugt hat.“

Sophie Allerding blickt ebenfalls auf eine Liste von herausragenden Preisen und Nominierungen zurück wie beispielsweise den „Canon Profiphoto youth development award“ aus dem Jahr 2016, den aktuellen Gute-Aussichten-Preis sowie die Nominierung für den „Dior photography and visual arts award“ von 2021.

Text: Katharina Jeorgakopulos

Weitere Informationen: 
www.deichtorhallen.de/ausstellung/gute-aussichten-2022
www.guteaussichten.org

Künstler*innen: Sophie Allerding (ab 3:08), Leon Billerbeck, Robin Hinsch (ab 2:45 Min.), Jana Ritchie, Tina Schmidt & Kerry Steen, Conrad Veit, Konstantin Weber

Video by Konstantin Weber

Kontakt

HAW Hamburg
Fakultät Design, Medien, Information (DMI)
Department Design
Linn Schröder
Professur für Fotografie
linn.schroeder (at) haw-hamburg (dot) de

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