Kontamination des Trinkwassers in Flugzeugen

Das "Trinkwasser" an Bord von Flugzeugen ist oftmals mit Keimen und chemischen Stoffen verunreinigt. Zwar müssen Fluggesellschaften regelmäßig Wasserproben entnehmen und die Leitungen säubern sowie desinfizieren, doch oft genug reichen die Maßnahmen nicht.

Getränkeservice an Bord. Viele Airlines setzen zumindest bei Kaltgetränken auf versiegelte Ware.

Trinkwasser ist an Bord von Flugzeugen wichtig, denn fehlende Flüssigkeit kann Auswirkungen auf die Gesundheit von Passagieren und Crew haben. Die relative Luftfeuchtigkeit ist in Flugzeugkabinen gering. Daher sollte im Flug besonders auf Flüssigkeitsaufnahme geachtet werden. Doch Passagierflugzeuge haben oft unsauberes Trinkwasser an Bord. Dabei werden Grenzwerte teilweise deutlich überschritten, wie Untersuchungen zeigen. Es gibt Fluggesellschaften, die bei Verdachtsfällen die notwendige Desinfektionsmaßnahme nicht einleiten. Auch vorgeschriebene Folgeuntersuchungen werden nicht immer durchgeführt.

Wichtig ist das Verständnis der Trinkwasserversorgungskette im Luftverkehr. Die Trinkwasserversorgungskette reicht vom Wasserversorger bis zur Entnahmestelle im Flugzeug. Besondere Beachtung findet dabei das Flugzeugtrinkwassersystem.

Mikroorganismen (Parasiten, Bakterien, Pilze und Viren) im Trinkwasser von Flugzeugen stellen seit Beginn der Luftfahrt ein Problem dar, weil sie Infektionen auslösen können. Fachartikel beschreiben das Problem seit mindestens 20 Jahren. Die niederländische Luftverkehrsgesellschaft KLM berichtete im Jahr 2001, dass Legionellen im Wassersystem an Bord eines Flugzeuges festgestellt wurden. (https://perma.cc/E59K-G4N5)

 

Das Wasser aus den Flugzeugtanks wird dennoch regelmäßig als Trinkwasser gereicht, zur Zubereitung von Tee und Kaffee genutzt. Das kurzzeitige Erhitzen des Trinkwassers beim Durchlaufen einer Kaffeemaschine ist dabei keine sichere Maßnahme, um alle Mikroorganismen im Wasser unschädlich zu machen. Das Trinkwasser kann auch zum Anmischen von Säften oder sonstigen Getränken genutzt werden. Auch für die Zubereitung von Suppen kommt es zum Einsatz. Doch auch Menschen, die das Wasser an Bord nicht trinken, kommen damit in Kontakt. Es wird benutzt, um beispielsweise warme Tücher zu befeuchten, zum Händewaschen oder Zähneputzen.

Bakterien vermehren sich stärker in Flugzeugen mit geringer Nutzung. Besonders in Zeiten der Corona-Pandemie werden viele Flugzeuge über mehrere Monate geparkt oder gelagert. Hierfür werden die Wassersysteme gemäß den Handbüchern entleert, es verbleibt aber eine nicht vermeidbare Restmenge an Flüssigkeit im Tank und im Leitungssystem. Dadurch können sich Bakterien auch während des Parkens der Luftfahrzeuge im Wassersystem bilden, was Probleme bei der Wiederinbetriebnahme aufwerfen kann.

Probleme verursachen neben Bakterien aber auch Metallpartikel. Metallischer Abrieb aus dem Triebwerk ist eine potentielle Gefahr, weil metallische Partikel über das Triebwerksöl in das Wassersystem gelangen können. Dies ist möglich, weil in vielen Flugzeugtypen Zapfluft aus dem Triebwerksverdichter über das Pneumatiksystem zum Druckaufbau in den Wassertanks genutzt wird.

Durch Zapfluft kontaminiertes Trinkwasser in einem Airbus A320. Der Wassertank wird direkt mit der Zapfluft aus dem Triebwerkskompressor bedruckt. Das letzte Wasser, das aus einem Tank entnommen wird, bevor er leer ist, ist schwarz, wahrscheinlich von Triebwerksölrückständen. Siehe dazu das Wasser im Becher.

Meiden Sie Kontakt mit Wasser an Bord von Flugzeugen. Der Zustand der Trinkwassersysteme von Flugzeugen einer Fluggesellschaften ist für Passagiere intransparent. Nur in den USA gibt es eine entsprechende über das Internet zugängliche Datenbank (https://sdwis.epa.gov/ords/arcs/f?p=130:109). Diese Daten zeigen zwar, dass die weitaus meisten Tests des Trinkwassersystems ohne Befund hinsichtlich der Colibakterien sind. Eine chemische Belastung des Trinkwassers an Bord wird dabei aber nicht überprüft. Die Gültigkeit der Messungen und Eingaben der Airlines werden auch nicht kontrolliert. Einzelne Fluggesellschaften sind in der Vergangenheit aufgefallen durch grobe Missachtung der Hygienevorschriften, was vergleichsweise wenig Konsequenzen hat. Die Kontamination des Trinkwassers an Bord von Flugzeugen mit Keimen oder Metallen ist potentiell gegeben und nicht unbedenklich. In dieser Situation erscheint es ratsam, vorsichtig zu sein.

 

Hier entsprechend die wichtigsten Ratschläge, um besonders sicher zu gehen:

  • Bringen Sie Ihr eigenes Wasser mit an Bord. Bis zu ca. 5 mal 100 ml pro Person, umverpackt in einem durchsichtigen wiederverschließbaren Beutel ist möglich.
  • Verzichten Sie auf alles, was Trinkwasser an Bord nutzt. Im Detail:
  • Trinken Sie niemals offen angebotenes Wasser, offen angebotene Getränke oder Suppen.
  • Nehmen Sie nur Wasser oder Getränke an Bord entgegen aus versiegelten Behältern.
  • Trinken Sie keinen Kaffee oder Tee an Bord.
  • Waschen Sie an Bord Ihre Hände nicht mit Wasser. Bringen Sie stattdessen eine kleine Menge Handdesinfektionsmittel mit.
  • Verzichten Sie auf die heißen, feuchten Handtücher, die verteilt werden.

Ausgangspunkt für diese Online-News war eine Bachelorarbeit:

ÖCALAN, Mehmet, 2021. Kontamination des Trinkwassers in Flugzeugen durch Mikroorganismen und Metalle. Bachelorarbeit. HAW Hamburg, Aircraft Design and Systems Group (AERO). Verfügbar unter: https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:gbv:18302-aero2021-09-29.015.

Die Problematik der Bedruckung des Trinkwassersystems in Flugzeugen wurde bereits in einer Zeitschriftenveröffentlichung beschrieben:

SCHOLZ, Dieter, 2022. Routes of Aircraft Cabin Air Contamination from Engine Oil, Hydraulic and Deicing Fluid. In: INCAS BULLETIN, 14(1), pp.153-170. Verfügbar unter: https://doi.org/10.13111/2066-8201.2022.14.1.13.

Ausführlicher sind die Zusammenhänge auf 22 Seiten in einem HAW-Bericht beschrieben:

SCHOLZ, Dieter, 2022. Kontamination des Trinkwassers in Flugzeugen. Bericht. Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, Aircraft Design and Systems Group (AERO). Verfügbar unter: https://doi.org/10.48441/4427.437. Direkt zum PDF: https://purl.org/aero/RR2022-04-27.

Eine Variante dieses Textes ist erschienen online in airliners.de, der Wissensplattform für die deutsche Luftverkehrswirtschaft als:

SCHOLZ, Dieter, 2022-04-27. Warum das Trinkwasser an Bord von Flugzeugen vielfach verunreinigt ist. In: airliners.de. Archiviert als: https://perma.cc/7X2N-M7LQ

 

Fazit: Studierende des Departments Fahrzeugtechnik und Flugzeugbau können einen Beitrag leisten zu aktuellen Fragestellungen z. B. in Form einer Bachelorarbeit. Die studentischen Ergebnisse werden nach bibliothekarischen Standards veröffentlicht in den einschlägigen wissenschaftlichen Datenbanken und Bibliothekskatalogen bis hin zur Deutschen Nationalbibliothek. Über eine populärwissenschaftliche Aufarbeitung gelingt die Beteiligung am öffentlichen Diskurs (hier: Online-Zeitschrift). Die populärwissenschaftliche Aufarbeitung kann selbst auch wieder höherwertig als HAW-Bericht ohne Bezahlschranken verbreitet und zugänglich gemacht werden. Auch eine wissenschaftliche Publikation (mit Peer Review) lässt sich integrieren in den Themenkomplex.

Text: Prof. Dieter Scholz

Kontakt

Prof. Dr. Dieter Scholz, MSME

Leiter Aircraft Design und Systems Group (AERO)
Professor für Flugzeugentwurf, Flugzeugsysteme und Flugmechanik
Department Fahrzeugtechnik und Flugzeugbau
Berliner Tor 11
20099 Hamburg
T +49 40 181 19-881
http://www.ProfScholz.de
dieter.scholz (at) haw-hamburg (dot) de

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