Mit Hilfe von Simulationen und aufgeteilt in zwei Teams, erarbeiteten 13 Teilnehmer*innen realistische Szenarien, wie die Erzeugung von Windenergie im norddeutschen Raum effektiver gestaltet werden kann. Das Projekt erforderte starke Teamarbeit und die Fähigkeit, sich auf neue Themenfelder einzulassen. Wir haben darüber mit Prof. Dr. Wolfgang Renz und Nils Kranauge gesprochen. Prof. Dr. Wolfgang Renz betreute das Integrationsprojekt zusammen mit Prof. Dr. Kolja Eger. Nils Kranauge arbeitete im Team „RE-Solutions“.
Nils Kranauge, Sie haben das Integrationsprojekt dieses Semester absolviert, was genau haben Sie dabei gelernt?
Sehr viel. Ich habe besonders gelernt, mich im Team zu organisieren. Da wir ein Team aus einem Teamleiter, zwei Programmierern und vier weiteren Teammitgliedern waren, musste stets eine gute Kommunikation vorhanden sein. Der Umfang war riesig und wir mussten für eine schwierige Aufgabenstellung eine einfache, aber präzise Lösung finden. Das hatte so selbstständig bisher keiner von uns je gemacht. Die eigenständige Einarbeitung in unbekannte Bereiche wie neue Speichertechnologien war für mich ebenfalls sehr schön und lehrreich.
Prof. Renz, warum gibt es ein Integrationsprojekt im BachelorstudiumRegenerative Energiesysteme und Energiemanagement – Elektro und Informationstechnik?
Zur Gründung des Studiengangs entwickelten wir das „fächerintegrierend-themenorientierte“ Lehrkonzept. Im ersten Studienjahr werden dabei die Grundlagenfächer mit der zentralen Lehrveranstaltung über Regenerative Energien verzahnt. Im zweiten Studienjahr wird diese fächerintegrierende Themenorientierung von den Studierenden in den Integrationsprojekten im Sinne des „Problem-based learning“ selbst umgesetzt.
Was war Ihr Highlight aus der Lehrveranstaltung?
Nils Kranauge: Für mich waren es die Teammeetings, in den ich gespürt habe, dass alle sehr motiviert sind und Lust auf die Aufgabenstellung haben. Denn genau sie ist es, warum wir uns alle für diesen Studiengang entschieden haben: Wir wollen zukünftig Energie zu 100% regenerativ erzeugen!
Welche Kompetenzen und Fachwissen vermittelt das Integrationsprojekt und wo finden diese im Berufsleben Anwendung?
Prof. Dr. Wolfgang Renz: Die Integrationsprojekte schulen den zielorientierten Blick aufs Ganze und die Teamfähigkeit im praxisnahen Anwendungskontext. Die Studierenden trainieren ihre Fähigkeiten zur Problemlösung in der Analyse der Anforderungen eines fiktiven Auftraggebers, bei der Modellierung und der eigenständigen Planung von Arbeitspaketen und Aufwänden. Schon im Praxissemester werden sie mit der Komplexität aktueller Fragestellungen und Teamkooperation konfrontiert. Praxisorientierung und Evaluation waren wesentliche Argumente für die Vergabe des Hochschulpreises „Bestes Maschinenhaus 2017“ des VDMA (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e. V.) an diesen Studiengang.
Welche sind die Vorteile der Arbeit im Team? Und wie sind Sie an das Projekt herangegangen?
Nils Kranauge: Die Vorteile sind ganz klar: Wir unterstützen uns stets gegenseitig und finden gemeinsam eine bessere Lösung. Jeder hat eine andere Idee im Kopf und am Ende kann man sich meistens auf die sinnvollste davon einigen. Wir haben uns Meilensteine gesetzt, die wir erreichen wollen und uns zu jedem Meilenstein Arbeitspakete überlegt, die es zu erledigen gab. Für jedes Arbeitspaket gab es einen Verantwortlichen und so haben wir auch die Arbeit aufgeteilt, was sehr gut funktioniert hat.
Welche Projektergebnisse haben dieses Semester überzeugt und warum?
Prof. Dr. Wolfgang Renz: Eines der Teams bestach durch sein zielorientiertes, strukturiertes Vorgehen, das schon in den Meilensteinen die geforderten Ergebnisse erreichte und in der Detailarbeit sogar schon darüber hinausging. Die Studierenden haben zum Beispiel die Flächenthematik für den Ausbau der Windkraft auf Vorrang- und Potentialflächen in Schleswig-Holstein sowie das Repowering, also den Ersatz alter Windräder durch moderne leistungsfähigere und dem Windstandort besser angepasste Anlagen, sehr realistisch modelliert. Außerdem realisierte das Team zur Optimierung notwendiger Investitionen ein Simulationssystem, das auch Solarparks und Speicheranlagen, z. B. auf Basis von Druckluft umfasste.
Wie lautete Ihr Lösungsszenario, um ganz Hamburg und Schleswig-Holstein mit grünem Strom zu versorgen?
Nils Kranauge: Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass der Ausbau von Windenergie essenziell für das Erreichen des Ziels ist. Ein Ausbau der Photovoltaik-Energie hat praktisch keinen Mehrwert, da die Sonnenstunden im Vergleich zu den Windstunden in Schleswig-Holstein sehr gering sind. Wir planen für den wirtschaftlichsten Fall mit einem Ausbau von Windenergie bis 76% der Stunden im Jahr erzeugt durch Wind, bestandene Photovoltaik-Energie und Biomasse. Zur Deckung der Flautezeiten wird viel Speicherkapazität benötigt. Hier haben wir uns für Druckluftspeicher entschieden. Diese können besonders gut bei den vorhandenen Bodenstrukturen gebaut werden. Die gesamten Investitionskosten belaufen sich dabei laut unserer Simulation auf etwa 15 Milliarden Euro.
Wie können die Studierenden auf das Gelernte aus dem Integrationsprojekt aufbauen?
Prof. Dr. Wolfgang Renz: Sowohl die erworbenen Kompetenzen als auch die konkreten Ergebnisse werden in verschiedenen Richtungen weiter ausgebaut. Es könnte beispielsweise Nachfolgeprojekte in der wirtschaftlichen Analyse und im Bereich der alternativen Regulierungsbedingungen geben. Interessant sind außerdem technische Fragestellungen rund um das Internet of Things oder bei der Datenanalyse mit Machine Learning. Die Lehrenden am Department Informations- und Elektrotechnik bieten in diesen Bereichen auch Bachelorprojekte und Abschlussarbeiten an.
Vielen Dank für das Gespräch!
Nils Kranauge arbeitete im Team „RE-Solutions“ zusammen mit Maximilian Boje, Lasse Gildenstern, Siham Kaibour, Maximilian Kompch, Alshimaa Muhamed und Alexander Wengert. Das zweite Integrationsprojekt-Team „Hanseatic Renewables“ bestand aus Karim Betani, Lennart Bunn, Lukas Dreyer, Jessica Lim, Merle Riedel, Nikita Timoshenko. Das Integrationsprojekt betreuten Prof. Dr. Kolja Eger und Prof. Dr. Wolfgang Renz.
Interview: Aleksandra Doneva
Aleksandra Doneva
Öffentlichkeitsarbeit
Department Informations- und Elektrotechnik
T +49 40 428 75-8302
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