Das übergeordnete Ziel des von Prof. Dr. Louis Henri Seukwa geleiteten Forschungsprojekts ist eine nachhaltige und ganzheitliche Verbesserung der BildungsCHANCEen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus Drittstaaten im Hinblick auf einen erfolgreichen Zugang, Einstieg, Verbleib und Abschluss eines Hochschulstudiums in Deutschland. Im Fokus stehen die Möglichkeiten der Transformation und Weiterentwicklung außerhalb Deutschlands erworbener Kompetenzen in Bildungsprozessen im deutschen (hoch)schulischen Bildungssystem. Im Rahmen des Forschungsprojektes wird die systematische Kompetenzerfassung und die kompetenzorientierten Integrationspraktiken der Arbeitsstelle Migration in Hamburger Stadtteilschulen und an der HAW Hamburg anhand qualitativer und quantitativer Forschungsmethoden untersucht, und Maßnahmen zur erfolgreichen Bildungsintegration weiterentwickelt, erprobt und implementiert.
Die Maßnahmen sind auf die spezifischen Problemlagen und Bedürfnisse von Drittstaatsangehörigen zugeschnitten und setzen sich zum Ziel, durch lebenslagen- und diversitätssensible Ressourcen- und Kompetenzorientierung Teilnehmenden ihren Fähigkeiten entsprechende Bildungsmöglichkeiten zu eröffnen. Um dies zu ermöglichen, versteht sich die HAW Hamburg als lernende Organisation, die bereit ist, Veränderungsprozesse im Sinne einer migrationsbedingten Hochschulentwicklung einzuleiten, welche die Pluralität der Gesellschaft als Potenzial und Impuls für die eigene Entwicklung aufgreift.
In Kooperation mit Schulen setzt das Projekt bereits bei studieninteressierten Oberstufenschüler*innen an, um diese beim Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung (HZB) zu fördern. Neben fachlicher Begleitung wird der Schwerpunkt auf die im akademischen Umfeld erforderlichen (fach)sprachlichen, überfachlichen und sozialen Kompetenzen gelegt, um migrationsbedingte Hindernisse abzubauen und die Schüler*innen an die Hochschule heranzuführen. Die Eltern/Familien werden kompetent beraten, um ihre Kinder auf dem Bildungsweg erfolgreich unterstützen zu können. Im nächsten Schritt auf dem Weg zum Studium soll eine gelungene Hochschulintegration für teilnehmende Studieninteressierte und Studienanfänger*innen durch studienvorbereitende und -begleitende Fachtutorien erreicht werden. Die Tutorien werden von HAW- Studierenden aus Drittstaaten durchgeführt, die wegen ihrer Vorbildfunktion und der Kenntnis der Lebenslagen der Zielgruppe besonders hierfür geeignet sind. Ein besonderer Fokus liegt auf der Förderung von Frauen aus Drittstaaten beim Zugang zu und Teilhabe an der Hochschulbildung, wofür im Rahmen der Maßnahmen frauenspezifische Angebote zur Verfügung gestellt werden.
Allerdings hängt der Studienerfolg nicht nur von fachlichen, sprachlichen und überfachlichen Kompetenzen ab, sondern auch von einem Passungsverhältnis der Lebenslage der (potenziellen) Studierenden mit den Rahmenbedingungen der Hochschule. Die Teilnehmenden müssen als ganzheitliche Subjekte in den Fokus genommen und ihr Studienerfolg als Ergebnis einer ganzheitlich teilhabeermöglichenden Lebenslage verstanden werden. Hier setzt BildungsCHANCE innovativ an und verzahnt die (fach)sprachliche, fachliche und überfachliche Kompetenzförderung mit psychosozialen, rechtlichen, gesundheitlichen, diskriminierungssensiblen sowie wohn- und finanzierungsspezifischen Beratungsangeboten. Um eine professionelle psycho-sozialen Beratung zu gewährleisten, wird eine Kooperation mit Centra eingegangen, durch welche die Projektteilnehmenden individuell und in Gruppenformaten psychosozial unterstützt werden und bei Bedarf mit weiteren Unterstützungsangeboten vertraut gemacht werden. Somit fördert das Projekt parallel zum Hochschulzugang gleichzeitig auch den Zugang zur Gesundheitsversorgung, sowie zu rechtlichen, sozialen und psychosozialen Unterstützung.
Im Rahmen der studentischen Selbstorganisation „Bunte Hände" engagieren sich Projektteilnehmende gemeinsam mit Angehörigen der Hochschule und erfahren so gesellschaftliche Teilhabe im Hochschulkontext.
Das Projekt geht die Problematik der Bildungsbenachteiligung von Drittstaatsangehörigen bei Studienbefähigung, -einstieg und -verbleib nachhaltig an, indem es die entwickelten Angebote und ihre Umsetzung wissenschaftlich begleitet, evaluiert und optimiert, und diese als mehrsprachige digitale Open Education Resources (OERs) mit dem Ziel ein modellhaftes Best Practice zu schaffen, das bundesweit von Hochschulen übernommen und angepasst werden kann.
BildungsCHANCE umfasst folgende Maßnahmen zur bedarfsgerechten Unterstützung und Begleitung:
- BildungsCHANCE Abitur: Fachtutorien, Peer-to-Peer Beratung und Unterstützung für Oberstufenschüler*innen aus Drittstaaten und ihren Eltern bzw. Erziehungsberechtigten zur Unterstützung bei der Abiturvorbereitung, Studienorientierung, Finanzierungs- und Wohnmöglichkeiten etc.
- Vorbereitungsstudium: Fachtutorien, überfachliche Workshops, Beratung und Unterstützung für Studieninteressierte aus Drittstaaten im Vorbereitungssemester
- BildungsCHANCE Studieneinstieg: Fachtutorien, überfachliche Workshops, Beratung und Unterstützung für Studieneinsteiger*innen aus Drittstaaten.
- Psychosoziale Beratung in Kooperation mit CENTRA - Koordinierendes Zentrum für traumatisierte Geflüchtete
- Bunte Hände: Studentische Initiative zur Peer-to-Peer Unterstützung, die Kultur- und Freizeitaktivitäten organisiert, sich an zivilgesellschaftlichen Aktivitäten beteiligt und bei Diskriminierungserfahrungen etc. unterstützt.
Alle Angebotsformate beinhalten neben pädagogischer Prozessbegleitung und diversitätssensibler psycho-sozialer Beratung:
- multilinguale Fachtutorien
- überfachliche Workshops zur Verbesserung der Lernstrategien, der Selbstmanagement- und interkulturellen Kompetenzen bzw. zur Studienorientierung und zur Perspektiventwicklung.
Die HAW Hamburg versteht sich als lernende Organisation, die bereit ist, Veränderungsprozesse im Sinne einer migrationsbedingten Hochschulentwicklung einzuleiten, welche die Pluralität der Gesellschaft als Potenzial und Impuls für die eigene Entwicklung aufgreift. Als "Labor für migrationsbedingte Hochschulentwicklung" eröffnet die Arbeitsstelle Migration Menschen mit Flucht- und Migrationserfahrung ihren Fähigkeiten entsprechende Bildungsmöglichkeiten durch systematische Ressourcen- und Kompetenzorientierung. Mit den vielfältigen Maßnahmen des Projektes BildungsCHANCE leistet die Arbeitsstelle Migration der HAW Hamburg einen Praxisbeitrag zur migrationsbedingten Hochschulentwicklung.
Ausgehend von der Grundannahme der „Soziokontextualität von Kompetenzen“ (Seukwa, Louis Henri: Habitus der Überlebenskunst, 2007) finden nicht nur die in Deutschland erworbenen, sondern auch die vielfältigen mitgebrachten studien- und berufsrelevanten Kompetenzen von Schüler*innen, ihren Eltern bzw. Erziehungsberechtigten, Studieninteressierter und Studieneinsteiger*innen aus Drittstaaten bei der thematischen und methodischen Gestaltung der Maßnahmen der Arbeitsstelle Migration Berücksichtigung. Daher sind alle Maßnahmen auf die spezifischen Lebenslagen und die individuelle Kompetenzentfaltung ausgerichtet.
Die Maßnahmen des Projektes BildungsCHANCE der Arbeitsstelle Migration werden aus Mitteln des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds AMIF der Europäischen Union gefördert.