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Das EU-Forschungsprojekt mySMARTLife verfolgt die Vision einer digitalen Stadt

Das Projekt mySMARTLife wird in den drei europäischen Städten Helsinki, Nantes und Hamburg durchgeführt. Es verfolgt das Ziel, digitale Lösungsansätze für städtische Herausforderungen in den Bereichen Zusammenleben, Mobilität, Produktion und Konsum zu entwickeln. Das ausgewählte Hamburger Quartier ist der Bezirk Hamburg-Bergedorf. Hinter dem Projekt stehen insgesamt 27 Partner, die HAW Hamburg ist Konsortiumsmitglied. Wir sprachen mit Simon Decher, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Competence Center für Erneuerbare Energien und Energieeffizienz sowie federführend tätig in dem EU-geförderten Projekt:

Science Center

ScienceCenter Hamburg Entwurf: Renner Hainke Wirth Zirn Architekten

Herr Decher, welche Aufgabe übernimmt das CC4E der HAW Hamburg im Projekt mySMARTLife?

Die HAW Hamburg ist verantwortlich für insgesamt sieben Teilprojekte in den Bereichen Mobilität und Energie im Hamburger Bezirk Bergedorf. Eines dieser Vorhaben, das gemeinsam mit den Unternehmen Gasnetz Hamburg und Enercity durchgeführt wird, ist die Nutzung von Wasserstoff zur Wärmeversorgung eines Wohnquartiers. Ebenso wird die Versorgung der neuen Elektrobusse der Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein mit Windstrom aus dem Forschungswindpark Curslack sowie die Entwicklung eines Lademanagements für das Elektroauto des CC4E zur Maximierung der Netzdienlichkeit realisiert.

Neben der Umsetzung dieser Teilprojekte unterstützt die HAW Hamburg im Projekt mySMARTLife vor allem durch wissenschaftliche Untersuchungen und Auswertungen in zahlreichen weiteren Teilprojekten. Durch die starke Vernetzung und die Arbeit in weiteren Projekten in dem Bereich Erneuerbare Energien, die am CC4E angesiedelt sind, bringt die HAW Hamburg außerdem den Blick über das Projekt hinaus für Deutschland mit.  

An welchem Punkt befindet sich das Projekt in Bergedorf derzeit und was sind die nächsten Meilensteine?

Wir schließen Ende November die Umsetzung in den Teilprojekten ab. Anschließend kommt das Projekt in die Monitoringphase. Das bedeutet, dass für zwei Jahre die Nutzung und Realisierung der verschiedenen Teilprojekte gemessen wird. Das kann zum Beispiel beim Wasserstoff die erzeugte Wärmemenge und der Wasserstoffverbrauch sein. Beim E-Auto geht es um den Vergleich, wie sich das Verschieben des Ladezeitpunkts auf den Anteil der genutzten erneuerbaren Energien oder den Strombezugspreis auswirkt. Dadurch, dass wir uns unsere Arbeit zwei Jahre lang evaluieren, sollen weitere Anpassungen und Verbesserungen vorgenommen werden. Die Daten werden übrigens auf der Urban Data Platform der Stadt Hamburg öffentlich zugänglich gemacht.

Welche Potentiale sehen Sie für den Bezirk Bergedorf, aber auch für Hamburg insgesamt?

Der Bezirk Bergedorf ist ein großer Verbraucher von Strom und Wärme. Vor allem der benötigte Strom wird aus dem Umland geliefert. Allerdings wird dieser zukünftig auch zunehmend zur Wärmeerzeugung genutzt. Eine Möglichkeit dafür ist es, den überschüssigen Strom für die Herstellung von Wasserstoff zu nutzen. Wichtig dabei ist jedoch, dass die Verbraucherseite für diese neuen Energieträger fit gemacht wird. Bergedorf bietet durch das Wärmenetz und die nahegelegenen Windparks geeignete Voraussetzungen, um diese neuen Energieträger zu testen und Erkenntnisse wie Empfehlungen für die zukünftige Umsetzung zu gewinnen.

Der Bezirk Bergedorf kann mit seinen 130.000 Einwohnerinnen und Einwohnern exemplarisch aufzeigen, wie Mobilität und Verkehr aber auch Strom- und Wärmeversorgung sukzessive an erneuerbare Energien und deren Nutzung angepasst werden können. Dabei liegen Hemmnisse in Bergedorf, genauso wie in vielen anderen Städten, oftmals in Energie- und Mobilitätskonzepten, die für Unternehmen nicht attraktiv genug für Investitionen erscheinen.

Die Erkenntnisse und Bestrebungen, die in Bergedorf vorangetrieben werden, können für die Stadt Hamburg als Blaupause dienen. Was in diesem Bezirk umgesetzt werden kann, kann auch in ganz Hamburg funktionieren. Und was wir in Bergedorf lernen, müssen wir für ganz Hamburg nicht noch einmal lernen.

Was waren bisher für Sie die größten Herausforderungen in Ihrer Mitarbeit im Projekt?

Eine Herausforderung ist, nicht in der Kleinteiligkeit der Projekte verlorenzugehen, sondern das große Ganze im Blick zu behalten. Wir wollen in diesem Projekt die Energiewende voranbringen und zukunftsfähige Lösungen entwickeln. Diese Vision droht im laufenden Projektalltag manchmal unterzugehen, so dass man sich zwischendurch immer wieder daran erinnern muss.

Welche Parallelen und Unterschiede sehen Sie zu den beiden anderen Leuchtturm-Städten Helsinki und Nantes?

Die Herausforderungen in allen drei Städten sind ähnliche: Das Problem der schleppenden energetischen Sanierung von Gebäuden beschäftigt die Team-Kollegen in Nantes und Helsinki ebenfalls. Ebenso spielt die Elektrifizierung des öffentlichen Nahverkehrs eine wichtige Rolle. Die große Herausforderung, städtische Ballungsräume ohne fossile Energieträger mit Strom und Wärme zu versorgen, trifft alle Metropolen in Europa.

Ein Unterschied der drei Städte liegt im Fokus auf das Projekt mySMARTLife. Nantes und Helsinki sind deutlich kleiner als Hamburg, aber es hat mich trotzdem beeindruckt, welch hohen Stellenwert das Projekt dort hat.

Lieber Herr Decher, ich danke Ihnen für das Gespräch!

(Das Interview führte Elvira Hinz, Öffentlichkeitsbeauftragte des CC4E)

Weiterführende Informationen CC4E:Das Competence Center für Erneuerbare Energien und EnergieEffizienz (CC4E) ist eine fakultätsübergreifende wissenschaftliche Einrichtung der HAW Hamburg, die sich in interdisziplinärer Weise den gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen der Energiewende annimmt. Damit leistet das CC4E einen nachhaltigen Beitrag zu wirksamem Klima- und Umweltschutz. Eine wichtige Aufgabe ist der intensive Austausch mit der Gesellschaft über die zukünftigen Veränderungen im Rahmen der Energieversorgung von morgen und damit durch die Inhalte und Ergebnisse unserer Projekte für die Energiewende zu begeistern. Die Infrastruktur und das Know-how, das im Rahmen unserer Forschungsprojekte aufgebaut wird, führt auch zu einer anwendungsbezogenen Vermittlung von relevantem Wissen zu technologischen, energiepolitischen und wirtschaftlichen Fragestellungen in der Lehre der HAW Hamburg. Die Kernkompetenzen liegen in den Bereichen Windenergie, Speicher, Systemintegration, Sektorenkopplung, Umwelt und Akzeptanz sowie dem hierfür relevanten Innovationsmanagement.

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