Besucher*innen zeigten sich nicht nur von den über neun Stunden an- und aufregender Film-Schau an zwei Wettbewerbstagen in perfekter technischer Betreuung und anspruchsvoller kleiner Gastronomie im Foyer des Studiogebäudes beeindruckt, sondern vor allem von der durch Mitarbeiterinnen und den Tutor*innen nnen des Produktionslabors konzipierten und durchgeführten Moderation mit ebenso kompetenten wie launigen Einführungen in die gezeigten Filme und deren Hintergründe.
Zu mehr als 20 der 50 Filme wurden die Macher*innen befragt. Das einhellige Urteil aller dabei Gewesenen lautete: Das besondere Flair, die unverwechselbare Aura und die außergewöhnliche Darbietung des Flimmerfestes beruhen vor allem auf solchem mit viel Sachverstand und Herzblut entworfenen Feedback zu jedem der Filme. Und auf der engagierten Parteinahme der das Flimmerfest gestaltenden Studierenden, die, gerade noch am Mischpult tätig, im nächsten Atemzug auf die Bühne stürmen, um einen Film anzusagen.
Unter der Leitung der Wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen Christina Becker und Martina Hentig bildeten folgende Studierende die kompetente und „unverwüstliche“ Kerntruppe des Flimmerfestes: Tilman Bensiek, Sarai Bieber, Jannes Griewe, Lennart Kraft, Aleksa Krieg, Juliane Kühnel, Finn Mangels, Lukas Mattern, Johnny McKillop-Ruppin, Sebastian Roock, Teelke Uffen und Tim Zander, ergänzt durch viele, viele weitere fleißige „Film-Geister“. Und diese waren auch nötig, um neben dem ohnehin schon umfangreichen Filmprogramm die attraktiven Rahmenveranstaltungen zu betreuen, u.a. mit einem englischsprachigen Workshop aus Praxis Dramaturgie und vor allem mit einer intensiven und die Kernfrage „Studium und Beruf“ auslotenden Gesprächsrunde mit Mareike Pielot, Lukas Rieckmann, Patrick Dadaczynski, Andreas Rippert, Dorian Behner. Sie alle üben inzwischen wichtige Funktionen in Medien und Film aus, von „Green Consultant für Film und TV“ über Redaktion und Regie von NDR-„Visite“ bis hin zur Hafengold-Film oder selbst gegründeten Unternehmen. Die derzeit so aktuelle Frage nach neuen Trends und Kompetenzen für die Zukunft wurde hierbei praxisnah und lebendig erforscht. Und dies aus der Sicht derer, die es tatsächlich betrifft…
Was wäre ein Filmfest und erst recht das Flimmerfest ohne den Ruf „And the winner is“? Die lukrativen Preise in den vier Kategorien beinhalteten neben dem Unikat eines Flimmerfest-Pokals den kostenlosen Zutritt zum ab Ende Mai anstehenden Kurzfilmfest Hamburg. In der Kategorie Dokumentation verlieh die Jurorin Christina-Björni Wölke von Zeigermann Audio GmbH den Preis an die von Jette Heinsohn eingereichte Bestandsaufnahme „Jiddisch – Sprache einer alten Heimat“. Dies ist eine Kooperation von Studierenden der HAW-Departments Information und Medientechnik aus „Systematik Dramaturgie“ über die Entstehung, Wandlung und Zukunft einer Sprachkultur, die einzigartig von der unverwechselbaren Geschichte ihrer Protagonistinnen und Protagonisten geprägt ist. Mathis Menneking, Filmemacher, Editor und Lehrender verlieh „seinen“ ersten Preis in der Kategorie „Experimentaler Film“ an Kuno Steltmann von der HfbK Hamburg für „oo“, was auch „00“ heißen könnte, 2021 entstanden. Es ist eine unmittelbar packende Bilder-Zeichen-Reise, gedruckt auf 35mm Film, mitten hinein in eine durch Ängste bedrohte, aber auch durch ihre schillernde Magie beindruckende Körperlichkeit vom Fingerabdruck bis zum Speichel, wohl ausgelöst durch die Pandemie, aber darüber hinauswirkend. Udo Engel, Filmemacher, Trickkameramann und Professor für Animationsfilm an der HfbK, seit Jahren eng dem Flimmerfest verbunden, zeichnete im Genre „Animation“ den Film „How we did get there“ von Luis Bacelar aus. Darin wird die Busfahrt einer jungen Frau gezeigt, die sich als Irrweg entpuppt und das vermeintlich Vertraute zutiefst fremd erscheinen lässt. Last but not least: Wolfgang Willaschek, Professor für Dramaturgie und Leiter des Produktionslabors der Medientechnik, verband die ihm vertrauensvoll übertragene Aufgabe, die vielschichtige Kategorie „Kurzfilm“ zu betreuen mit einem ersten Preis für „Der Zufall“ des Filmemachers Justus Hanfland als Zusammenarbeit der Freien Universität Berlin mit der HAW Hamburg. Das in Schwarz-Weiß zwischen Tankstelle und Raststätte gedrehte Nachtstück über den Zufall und die doch nicht ganz zufällige Begegnung zweier in ihrer Einsamkeit befangener Menschen, mit Missionen in Sachen Tierliebe, beeindruckt durch eine suggestive, ein wenig an die Welten von Edward Hopper Bildphantasie. Da braucht es nicht viele Worte…
Und das Fazit? Vielleicht am ehesten jenes: es ist eigentlich keines nötig, wo sich in vielen Gesprächen, Anregungen und Zwischentönen nicht nur offenbarte, wie wichtig es ist, endlich wieder zu einem Event, besser: Gemeinschaftserlebnis an einem Ort wie dem Produktionslabor zusammen zu kommen, an dem nahezu zwei Jahre lang nur unter schwierigen Rahmenbedingungen in Präsenz gearbeitet werden konnte. Nein, eine die ohnehin schon beeindruckende Quantität übersteigende Qualität filmischer Beobachtung und Wahrnehmung dokumentierte in vielen, vielen faszinierenden Facetten die Untrennbarkeit von Inhalt und Umsetzung, Lehre und Praxis, Kreation und Technik. Und diese einmalige Verbundenheit ist wohl auch der Grund, warum am Ende kaum jemand sagte: „Hoffentlich gibt es bald wieder so ein Flimmerfest“, sondern viele ausriefen: „Bis nächstes Jahr!“
Text: Prof. Wolfgang Willaschek