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„Der Amazonas spielt im Klimaschutz eine zentrale Rolle“

Die Weltklimakonferenz findet im November in Brasilien statt. Das Land müsse in Sachen Klimaschutz mit gutem Beispiel vorangehen, legt der Leiter des Forschungs- und Transferzentrums Nachhaltigkeit und Klimafolgenmanagement (FTZ NK), Prof. Dr. Walter Leal, in einem aktuellen Beitrag in „Science“ dar. Wir haben mit ihm über die Bedeutung des Landes im Kampf gegen die Erderwärmung gesprochen.

Poträt-Foto von Prof. Dr. Walter Leal, u.a. Leiter des Forschungs- und Tranferzentrums "Nachhaltigkeit und Klimafolgenmanagement" am Department Gesundheitswissenschaften der HAW Hamburg

Prof. Dr. Walter Leal ist u.a. Leiter des Forschungs- und Tranferzentrums "Nachhaltigkeit und Klimafolgenmanagement" am Department Gesundheitswissenschaften der HAW Hamburg

Herr Leal, der kommende Klimagipfel COP30 findet im November in Brasilien statt. In einem Artikel in der Fachzeitschrift „Science“ weisen Sie jetzt darauf hin: Als Gastgeberland geht Brasilien derzeit nicht mit gutem Beispiel voran. 
Ja, die Vorbereitungen Brasiliens auf die COP30 geben Anlass zur Sorge, insbesondere in Hinblick auf die Abholzung im Amazonasgebiet. Trotz weltweiter Forderungen nach Klimaschutzmaßnahmen sind die Entwaldungsraten nach wie vor alarmierend hoch. Zurückzuführen ist dies auf die Ausweitung der Landwirtschaft, auf illegalen Holzeinschlag und die unzureichende Durchsetzung von Umweltgesetzen. Der Amazonas, eine wichtige Kohlenstoffsenke, schrumpft weiter. So werden die weltweiten Bemühungen zur Bekämpfung des Klimawandels untergraben! Jüngste politische Maßnahmen und Budgetkürzungen für Umweltbehörden haben den Urwaldschutz weiter geschwächt und signalisieren einen Mangel an Engagement für Nachhaltigkeit. Bei der Erhaltung seiner Wälder nicht mit gutem Beispiel voranzugehen schadet der Glaubwürdigkeit Brasiliens als Gastgeber der COP30 – und es gefährdet die globalen Klimaziele. Brasilien muss dringend Maßnahmen ergreifen, um den internationalen Klimaverpflichtungen nachzukommen.

Im brasilianischen Amazonasgebiet ist die Häufigkeit von Bränden stark angestiegen, im Jahr 2024 stieg die von Bränden betroffene Fläche im brasilianischen Amazonasgebiet um fast das 18-fache. Woran liegt das?
Das ist hauptsächlich auf die Abholzung für die Landwirtschaft, den Holzeinschlag und die Landnahme zurückzuführen. Diese Brände setzen große Mengen des Treibhausgases Kohlendioxid in die Atmosphäre frei und verstärken so die globale Erwärmung. Als größter tropischer Regenwald der Welt fungiert der Amazonas als wichtiger Kohlenstoffspeicher, der CO2 absorbiert und das Klima stabilisiert. Durch die grassierenden Brände wird diese Fähigkeit jedoch beeinträchtigt, wodurch der Wald zu einer Kohlenstoffquelle wird. Dies beschleunigt nicht nur den Klimawandel, sondern stört auch die globalen Wettermuster, bedroht die biologische Vielfalt und untergräbt die internationalen Bemühungen, den Temperaturanstieg zu begrenzen, was eine ernsthafte Bedrohung für die Klimastabilität des Planeten darstellt.

Sehen Sie auch Möglichkeiten, dass Brasilien die zentrale Rolle des Amazonasgebietes in der internationalen Klimapolitik stärker positiv einbringen wird? Immerhin hat Präsident Lula da Silva (gefolgt auf den ausgewiesen Klimawandelleugner Bolsonaro) sich dafür eingesetzt, dass die COP 30 in der brasilianischen Amazonasmetropole Belém stattfindet.
Ja. Trotz der aktuellen Probleme wächst der Optimismus, dass Brasilien die zentrale Rolle des Amazonas in der internationalen Klimapolitik stärker betonen kann. Die jüngsten Regierungswechsel haben ein erneuertes Engagement für den Umweltschutz signalisiert, mit Zusagen, die Überwachung der Entwaldung zu verstärken und geschädigte Gebiete wiederherzustellen. Auch der internationale Druck und die Finanzierung für den Schutz des Amazonas nehmen zu und ermutigen Brasilien, sich den globalen Klimazielen anzuschließen. Als Gastgeber der COP30 hat das Land die einmalige Gelegenheit, mit gutem Beispiel voranzugehen, nachhaltige Entwicklungen zu präsentieren und die Bedeutung des Amazonas im Kampf gegen den Klimawandel zu unterstreichen.

Was erhoffen Sie sich generell von der COP30 angesichts der Tatsache, dass die USA aus dem Klimaschutzabkommen ausgestiegen sind und 2024 die globale Durchschnittstemperatur bereits 1,6 Grad über dem vorindustriellen Niveau lag? 
Die COP30 in Brasilien bietet eine entscheidende Gelegenheit, den globalen Klimaschutz trotz der Herausforderungen wie dem Rückzug der USA aus wichtigen Klimaabkommen und dem alarmierenden Anstieg der globalen Temperaturen wiederzubeleben. Die Konferenz muss sich darauf konzentrieren, stärkere Verpflichtungen der Nationen zur Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 °C zu erreichen, wie im Pariser Abkommen festgelegt. Zu den wichtigsten Zielen gehören der beschleunigte Übergang zu erneuerbaren Energien, die Eindämmung der Entwaldung, insbesondere im Amazonasgebiet sowie die Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen für gefährdete Nationen. Es besteht auch Bedarf an einer spezifischen Initiative und einem Fonds zum Schutz der Regenwälder. Ich hoffe, dass auf der COP30 eine Vereinbarung darüber getroffen wird.

Sie werden wahrscheinlich selbst vor Ort sein bei der COP30. Was nehmen Sie sich als Leiter des Forschungs- und Transferzentrum Nachhaltigkeit und Klimafolgenmanagement der HAW Hamburg vor (FTZ NK)? 
Unser Zentrum leitet die Initiative „Amazon 2030“. Wir organisieren vor Ort einige Veranstaltungen, darunter eine Veranstaltung im Vorfeld der COP30 zum Thema nachhaltige Nutzung der Regenwälder. Zudem unterstützen wir verschiedene Projekte in einer Reihe von Bundesstaaten im brasilianischen Amazonasgebiet. Wir sind also in der Region sehr präsent und werden die Entwicklungen auf der COP mit großem Interesse verfolgen.

Hinweis: Am 24. April findet an der HAW Hamburg das Zukunftsforum Nachhaltigkeit statt: www.haw-hamburg.de/zukunftsforum-nachhaltigkeit

Die Fragen stellte Matthias Echterhagen

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