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Comic-Ausstellung zur Pride-Week

Queere Themen sichtbar machen

Die HAW Hamburg bekennt sich mit dem Diversity Audit dazu, Strukturen und Prozesse so zu gestalten, dass sie die vielfältigen Lebensrealitäten der Hochschulangehörigen abbilden. Dazu gehören Chancengerechtigkeit, Antidiskriminierung und eine respektvolle Konfliktkultur. Die wird an 365 Tagen im Jahr gelebt – doch während der Pride Week in Hamburg, die in diesem Jahr vom 29. Juli bis 6. August ist, wird der Fokus noch einmal stärker auf die LGBTIQ+-Community gesetzt.

Porträt von Martina Schradi

An der HAW Hamburg findet in der Pride Week im Foyer am Berliner Tor 5 eine vom Team der Stabsstelle Gleichstellung organsierte Ausstellung statt mit queeren Comics von Martina Schradi, Künstlerin und Mitarbeiterin der Arbeitsstelle Studium und Didaktik (ASD) an der HAW Hamburg.

An der HAW Hamburg organisiert die Stabsstelle Gleichstellung vom 29. Juli bis 25. August im Foyer am Berliner Tor 5 eine Ausstellung mit queeren Comics von Martina Schradi, Künstlerin und Mitarbeiterin der Arbeitsstelle Studium und Didaktik (ASD) an der HAW Hamburg.

Liebe Martina Schradi, für alle, die gerade nicht am Campus Berliner Tor sein können: Was ist in der Ausstellung zu sehen?
Ich habe für die Ausstellung 50 Poster, das heißt, 50 Geschichten zusammengestellt, die ich seit 2012 gezeichnet habe. Jede Geschichte beruht auf wahren Begebenheiten, die LGBTIQ+-Personen im deutschsprachigen Raum erlebt haben. Sie sprechen daher ganz unterschiedliche Themen an: Welche Erfahrungen durfte oder musste ich machen, weil meine Geschlechteridentität nicht innerhalb der Norm ist? Wie möchte ich in Beziehungen und im Familien- und Freundeskreis leben? Wie erlebe ich Unterstützung? Es sind auch Geschichten von Geflüchteten dabei, die aus Ländern kommen, in denen sie von Mitmenschen bedroht wurden und seitens des Staates keinen Schutz erhielten. Die Comics sind in sehr enger Zusammenarbeit mit den Personen hinter der Geschichte entstanden. Mir ist wichtig, dass sie sich gesehen fühlen. Zugleich sind die Comics so gemacht, dass Leser*innen sich sehr stark mit den Protagonist*innen identifizieren können. Wenn ich jemanden persönlich kenne oder die Person jemandem ähnlich ist, die oder den ich kenne, ändern sich der Blick und das vermeintlich Fremde oder Unbekannte, das Ablehnung hervorruft, löst sich auf. Die Comics bieten ein vielfältiges Spektrum, um sich mit queeren Themen auseinander zu setzen – und dass ohne erhoben Zeigefinger.  

Neben Ihrer Arbeit in der ASD an der HAW Hamburg zeichnen Sie unter anderem „Lach- und Sachgeschichten von LGBTI*“. Was können queere Comics vermitteln, was auf anderen Wegen nicht möglich ist?
Das Medium Comic ermöglicht es, dass Menschen angstfrei und auf unterhaltsame Weise queeren Thema begegnen können. Im Vergleich zu einem Text oder einer Broschüre sind Bilder universell verständlich – ich muss nicht unbedingt den Text verstehen, um die Geschichte des Comics zu erleben. Mir ist der niedrigschwellige Zugang sehr wichtig, da LGBTIQ für viele nach wie vor ein Tabu-Thema ist. Viele Angestellte stresst es beispielsweise, mit Kolleg*innen über Queer-sein zu sprechen – und wenn ich über etwas nicht sprechen kann, ist das gleich eine Hemmschwelle. Mit den Comics schaffe ich einen anderen Zugang, der im besten Fall einen Austausch und eine Auseinandersetzung ermöglicht.

Das Medium Comic ermöglicht es, dass Menschen angstfrei und auf unterhaltsame Weise queeren Thema begegnen können. Im Vergleich zu einem Text oder einer Broschüre sind Bilder universell verständlich – ich muss nicht unbedingt den Text verstehen, um die Geschichte des Comics zu erleben.

Martina Schradi, Künstlerin und Mitarbeiterin der Arbeitsstelle Studium und Didaktik (ASD) an der HAW Hamburg

Bei einer Beschreibung für Ihre Comics heißt es: „Homo-, bisexuell oder lesbisch zu sein… heute kein großes Thema mehr in Deutschland, oder? Wir sind doch ein aufgeklärtes Land. Aber ist das wirklich so?“ Wie lautet Ihre Antwort – in Bezug auf die HAW Hamburg und gesamtgesellschaftlich?
Da möchte ich vorab gerne eine Erfahrung teilen, die ich erlebt habe: Ich habe zwei Bücher herausgebracht und wurde nach der Veröffentlichung sehr angefeindet und der Vertrieb nahm dann die Bücher zeitweise aus seinem Angebot. Und wir erleben derzeit vermehrt Angriffe auf queere Menschen oder Demonstrationen gegen queere Veranstaltungen. Zudem stehen für Projekte mitunter weniger Geld von staatlichen Stiftungen zur Verfügung.

Zugleich sehe ich, dass sich in der rechtlichen Dimension in den vergangenen Jahren in Deutschland viel verbessert hat: Gesetze schützen queere Menschen und mit dem allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz gibt es rechtliche Möglichkeiten, sich gegen Diskriminierung zu wehren. Aber es liegt auch noch ein weiter Weg vor uns. Erst Ende 2022 wurden im Strafgesetzbuch bei Hasskriminalität die Motive, die sich gegen die trans- oder intergeschlechtliche Identität des Opfers richten, aufgenommen.

Daher ist wichtig, dass so großen Einrichtungen wie die HAW Hamburg Richtlinien und Commitments haben, die für alle verpflichtend festlegen, wie wir mit bestimmten Themen umgehen. Und Studierende und Beschäftigte, die queer leben, sollten wissen, an wen sich bei Diskriminierung wenden können. Aber die Angebote müssen viel sichtbarer werden. Denn aktuelle Studien zeigen, dass 50 Prozent der queeren Personen am Arbeitsplatz diskriminiert werden – das können beleidigende Kommentare, Ausgrenzung oder Mobbing sein.

Lehrende und Führungskräfte der HAW Hamburg können mit ihrem Verhalten dazu beitragen, dass sich alle in ihrer Vielfalt hier wohlfühlen. Besonders Studierende gehören zur vulnerablen Gruppe, die sich bei Anfeindungen eher zurückziehen als Hilfe zu suchen. Daher ist es wichtig, Zivilcourage und Unterstützung zu zeigen, wenn jemand Diskriminierung beobachtet – das gilt natürlich nicht nur im Zusammenhang mit LGBTIQ-Feindlichkeit. Jede*r von uns kann mit ihrem und seinem Verhalten die Gesellschaft mitgestalten und sich für ein tolerantes, vielfältiges Miteinander entscheiden.

Ich persönlich möchte mit Führungen zu der Comic-Ausstellung allen die Möglichkeit geben, in den Austausch zu kommen.

Mit der Antidiskriminierungsrichtlinie hat die Hochschule bereits ein klares Statement gemacht, wie wir zusammen studieren und arbeiten wollen. Wichtig ist, dass vom Präsidium, von den Lehrenden und von den Führungskräften vorgelebt wird, wie das Miteinander an der HAW Hamburg sein soll und dass Beleidigungen oder üble Nachrede hier keinen Platz haben.

Martina Schradi

Sie haben bereits erwähnt, was die Hochschule machen kann. Aber haben Sie noch konkretere Beispiele, welchen Beitrag die Mitglieder der HAW Hamburg leisten können, um Diversity und Antidiskriminierung im Alltag zu leben?
Mit der Antidiskriminierungsrichtlinie hat die Hochschule bereits ein klares Statement gemacht, wie wir zusammen studieren und arbeiten wollen. Wichtig ist, dass vom Präsidium, von den Lehrenden und von den Führungskräften vorgelebt wird, wie das Miteinander an der HAW Hamburg sein soll und dass Beleidigungen oder üble Nachrede hier keinen Platz haben. Und wie schon gesagt, müssen die vielen Angebote, die wir an der Hochschule haben, sichtbarer und klarer kommuniziert werden – an wen kann ich mich wenden, wenn es einen diskriminierenden Vorfall gab, entweder als Betroffene oder wenn ich Zeug*in bin. Und ich muss mir sicher sein, dass die HAW Hamburg im Falle einer Diskriminierung hinter mir steht.

Was wünschen Sie sich für Ihre Comic-Ausstellung?
Ich finde es erst einmal großartig, dass die Ausstellung stattfindet und ich gefragt wurde. Das Foyer am Berliner Tor 5 ist ein offener Ort, an dem viele vorbeikommen können und somit vielleicht auch zufällig auf die Comics aufmerksam werden. Im Idealfall kommen die Besucher*innen dann in den Austausch und entdecken für sich etwas Neues. Und es würde mich sehr freuen, wenn die Ausstellung auch an den anderen Fakultäten und Standorten der Hochschule gezeigt werden könnte, damit möglichst viele sie sehen können.

Die Comics der Reihe "Ach, so ist das" von Martina Schradi finden Sie auf der Website.

Informationen zur Pride Week in Hamburg sowie zu queerem Leben in Hamburg und Deutschland finden Sie unter folgenden Links:

Neuer Aktionsplan „Hamburg l(i)ebt vielfältig“ des Hamburger Senats

Aktionsplan "Queer leben"

LGBTQ-Rechte: Wie sicher sind queere Menschen in Deutschland?

 

Interview: Anke Blacha

Stellungnahme der HAW Hamburg

Aktuell erleben wir in Deutschland und weltweit eine Zunahme von Homo-, Trans*- und Queerfeindlichkeit. An der HAW Hamburg gab es ebenfalls entsprechende Vorfälle. Erst kürzlich wurde eine Pride-Flagge gestohlen und diskriminierende Schmierereien entdeckt. Wir stellen uns Diskriminierung entschieden entgegen.

Die HAW Hamburg steht für ein solidarisches Miteinander und gegenseitigen Respekt. Dafür haben wir in den vergangenen Jahren immer wieder klare Position bezogen und werden das auch in Zukunft machen.

Die vollständige Stellungnahme der HAW Hamburg können Sie hier lesen.

Diversity an der HAW Hamburg

Die HAW Hamburg sieht sich in der besonderen Pflicht, Antidiskriminierung und Chancengerechtigkeit zu fördern. Für die Hochschule bedeutet das, diskriminierende Strukturen und Prozesse zu beseitigen und diskriminierendem Verhalten, Belästigung und Gewalt entschieden entgegenzutreten. Das Team der Stabsstelle Gleichstellung bietet mit verschiedenen Broschüren, Flyern und Informationen auf der Website Informationen und Tipps zum Thema Diversity und Antidiskriminierung.

Diversity

Antidiskriminierung

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