Nach ihrem Abitur am College studierte sie Medizin an der Dow University of Health Sciences (DMC) in Karachi. „Diese Zeit hat mich sehr geprägt“, sagt sie, „ich bin meiner Universität bis heute eng verbunden“. Die Universität ist an ein staatliches Krankenhaus angeschlossen. Besonders ärmere Menschen kamen ins ‚Civil Hospital Karachi‘ um sich behandeln zulassen. „Oft fehlten uns Behandlungsmöglichkeiten. Wir mussten die begleitenden Angehörigen der Erkrankten bitten, selbst Spritzen und Medikamente zu besorgen. Einmal brachte ein Angehöriger Spritzen die ölig und benutzt waren. Sie waren ihm auf dem Schwarzmarkt verkauft worden. Ich war schockiert. Patienten können sich auf diese Weise infizieren. Aus diesem Grund hatten wir auf unserer Station einen Needle-Cutter, der die Spritzen nach Gebrauch zerstört.“
Für viele Patienten*innen, die eine Behandlung oder sogar eine Nierentransplantation benötigten, wurden aktiv Spenden gesammelt. Reiche pakistanische Industrielle beispielsweise aus der Baumwoll- oder Zuckerindustrie spendeten große Summen. „Erst wenn wir genügend Spenden gesammelt hatten, konnten wir aufwendigere Behandlung durchführen.“ Wenn ich mir heute einen „Popstar“ an die Wand hängen würde, erzählt sie, dann wäre es der Chefarzt dieses Dialyse- und Transplantationsinstituts. Er ist für mich ein Pionier, der eine Acht-Betten-Station in 40 Jahren mit Spendengeldern und unermüdlichem Einsatz in ein 750-Betten-Institut verwandelte. Es werden über 200 Nierentransplantationen und hunderttausende Dialysen pro Jahr für die Patient*innen kostenlos durchgeführt.
Pandemieforschung an der HAW Hamburg
Um ihre Spezialisierung zu erlangen, kam Amena Ahmad 2004 nach Deutschland an die HAW Hamburg. Sie besaß nun die Approbation als Ärztin und erwarb hier den Master of Public Health. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin von Prof. Ralf Reintjes übernahm sie zunächst einen Auftrag zur Pandemieforschung für die Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Rahmen des EU-Projekts SARSControl. Hier ging es um Pandemiemanagement in südostasiatischen Ländern. „Wir untersuchten die Pandemie Eindämmungsstrategie dieser Länder während des SARS Ausbruchs“. Es folgte die Durchführung des EU-Projekts (AsiaFluCap) von 2008 bis 2011, das in sechs asiatischen Ländern deren Pandemiepläne und Gesundheitssystem-Kapazitäten analysierte. Es wurden beispielsweise die vorhandenen Ressourcen in Krankenhäusern wie Betten und Beatmungsgeräte ermittelt. „Dabei gibt es in diesen Ländern große Unterschiede. Kambodscha zum Beispiel hat starken Nachholbedarf, Taiwan steht dagegen gut da.“
Das EU-Projekt HEPscreen (2011 bis 2014), an dem sechs EU-Länder (NL, D, BG, HUN, ES, ITA) beteiligt waren, wurde zu ihrer Herzensangelegenheit. Es ging um die Früherkennung von Hepatitis B und C bei Migranten*innen in Europa. „Viele der Betroffenen wissen nicht, dass sie chronisch infiziert sind. Dabei kann die Krankheit irreparable Schäden in der Leber anrichten.“ Hepatitis B und C kann über Bluttransfusion aber auch durch sexuelle Kontakte oder das gemeinsame Nutzen von Nadeln übertragen werden. In vielen Entwicklungsländern spielt zudem die Mutter-Kind Übertragung eine große Rolle. „Oft heilt Hepatitis B von selbst aus, aber eben nicht immer“, erklärt die Ärztin. Daher ist seit 1995 eine Impfung in Deutschland empfohlen. Nordwest-Europa ist ein niedrig „Prävalenz Gebiet“ aber in Ägypten zum Beispiel gibt es weiterhin eine hohe Hepatitis C Fallzahl. „Wir konnten am Ende im Auftrag des ‚European Centre for Disease Prevention and Control‘ (ECDC) in Stockholm zusammen mit dem ‚Erasmus Medical Center – Rotterdam‘, Hochrechnungen in 31 EU-Ländern durchführen und Migrantengruppen, die ein höheres Risiko tragen, ermitteln. „Ziel war und ist es, sowohl Ärztinnen und Ärzte als auch Migrant*innen aus Risikoländern für diese Krankheit zu sensibilisieren. Denn es sterben jährlich über eine Million Menschen daran. Wir wollten erreichen, dass sie sich testen lassen beziehungsweise ihnen ein Test angeboten wird. Hepatitis C lässt sich inzwischen mit einer 12 bis 24 Wochen Therapie durch Medikamente in den meisten Fällen auskurieren. „Das war ein großer Erfolg!“
Im Rahmen des EU-Projekts ECOM von 2012 bis 2016 ging es um Risikokommunikation. Anlässlich der grassierenden Schweinegrippe wurde ein Impfstoff entwickelt, der aber kaum angenommen wurde. „Es ließen sich nur acht Prozent der Bevölkerung impfen.“ Die Wissenschaftler*innen stellten fest, dass dieses an der öffentlichen Wahrnehmung und auch der medialen Aufmerksamkeit lag, die auf das Thema gelenkt wurde. „Wir untersuchten die Meilensteine der Kommunikation. Unser Fazit: Als die Medien nicht mehr berichteten, verschwand das Thema aus der öffentlichen Diskussion und der Impfstoff blieb liegen.“ Eine extra dafür im Projekt als Prototyp entwickelte App sollte deshalb mit aktuellen Informationen rund um eine Seuche bespielt werden und somit ein direkter und seriöser Informationskanal zur Bevölkerung sein. „Sie kam aber leider nicht zum realen Einsatz“, so Ahmad.