079-Gießverfahren

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Transkript

Es ist Zeit für ein wenig Fertigungstechnik.

Zum Einen wollte ich unbedingt wieder ein Fertigungsverfahren aus der Vorlesung betrachten, zum anderen war wieder in der Fertigungstechnikklausur die Frage, warum man denn Aluminium nicht im Warmkammerverfahren gießen kann bzw. sollte.

Um aber auf so spezielle Fragen antworten zu können, braucht es zunächst einmal einen Überblick. Und diesmal schaue ich nicht in die DIN 8580 sondern in unser Vorlesungsskript. Dort ist die Unterteilung etwas anders als in der Norm.

Die Gießverfahren finden sich dennoch alle in der Hauptgruppe Urformen, d. h. aus einem formlosen Stoff wird eine definierte Geometrie. Und ich betrachte ebenfalls nur Verfahren, bei denen der metallische Werkstoff in flüssiger Form vorliegt. Ich möchte aber gerne Gruppen wie „Züchten von Kristallen“ auslassen. Nein, unsere metallischen Werkstoffe in der Fertigungstechnik bestehen meistens nicht aus Kristallen sondern aus Kristalliten. Unsere Kristalle (die Körner) sind so klein, dass es nicht zählt.

Was brauchen wir dann zum Gießen? Es braucht einen derzeit flüssigen Werkstoff, der üblicherweise bei Raumtemperatur in fester Phase vorliegt. Und wir benötigen eine Form mit unterschiedlich komplizierter Geometrie: vom leicht konischen Quader einer Bramme bis zum kompletten Motorblock und so weiter. Und mit der Form, ihrem Aufbau und ihrer Herstellung kann man eine sehr schöne Struktur für Gießverfahren aufbauen.

Es gibt Formen, die sind nach dem ersten Gießvorgang nicht mehr verwendbar, weil sie beim Entformen zerstört werden. Verfahren, bei denen das der Fall ist, nennt man Gießen mit verlorener Form. Und es gibt Formen, die wiederverwendbar sind. Solche Verfahren heißen Gießen mit Dauerformen. Die Grenze dazwischen ist tatsächlich so hart. Abgussanzahl größer als 1 – Dauerform. Klingt komisch, ist aber so.

Die zweite Gruppe wird nicht weiter unterteilt. Typische Gießverfahren in der Gruppe mit Dauerformen sind

  • Schwerkraft Kokillenguss
  • Niederdruck Kokillenguss
  • Druckguss
  • Schleuderguss und
  • Strangguss

Kokille ist ein Wort für geometrisch eher einfache Gussformen. Zum Schwerkraft Kokillenguss könnte man das Vakuumgießen aus Episode 65 zählen (ja, ich weiß, ich wollte eigentlich nur über metallische Gusswerkstoffe sprechen). In Folge 27 zur Herstellung von Rohren hatte das Stranggießen schon einen Auftritt. Die zu Beginn dieser Episode erwähnten Kalt- und Warmkammerverfahren gehören zum Druckguss. Dazu aber mehr in der nächsten Sendung.

Die Gruppe der Gießverfahren mit verlorener Form wird noch weiter unterteilt. Dabei geht es um die Herstellung der Formen. Um verlorene Formen herzustellen, benötige ich die sogenannten Modelle. Sie entsprechen (im Prinzip) der fertigen Bauteilgeometrie (oder der Hälfte davon) und um sie herum wird dann die Form erstellt. Um dann den Abguss zu machen, muss dieses Modell natürlich noch irgendwie wieder aus der Form entfernt werden.

Beim Gießen mit Dauermodellen gibt es mindestens eine Trennfuge, an der ich die Form öffnen bzw. schließen kann. So bekomme ich auch die Modelle heraus. Daher nennt man es auch Gießen mit geteilter Form.

In diese Gruppe gehören der Sandguss, der Schablonenguss sowie der Maskenformguss.

Beim Gießen mit verlorenen Modellen verlässt der Modellwerkstoff die Form in flüssigem (Feinguss) bzw. gasförmigen Zustand (Vollformguss).

Je nachdem, welche Gusstücke in welcher Stückzahl, in welchen Qualitäten oder Massen und mit welcher Bauteilgeometrie ich herstellen möchte, kann ich mir so aus diesem breiten Strauß das geeignete Verfahren aussuchen. Und ich habe Themen für weitere Podcastepisoden.

Ach übrigens: Die Herstellung von Keramik gehört laut DIN 8580 in die Gruppe 1.3 Urformen aus dem breiigen Zustand.

geschrieben von Benjamin Remmers
eingesprochen von Benjamin Remmers