Auslandssemester in Barcelona (Interview mit der Redaktion der Freundeskreiszeitung)

Wann war dein Auslandsaufenthalt?

Ich war zum Wintersemester 2019/2020 im Ausland.

Aus welchen Gründen wolltest du ein Auslandssemester antreten und warum hast du dich für diesen Ort entschieden?

Ich habe mich sehr spontan dazu entschieden, mich noch kurzfristig für ein Auslandssemester über Erasmus zu bewerben. Der Zeitpunkt im Studium stimmte für mich (5.Semester abgeschlossen) und ich wollte die Chance nutzen ein paar Monate in einem fremden Land zu verbringen, die Kultur, das Land und die Menschen dort kennen zu lernen. Neben der Tatsache, dass ein Auslandssemester im späteren beruflichen Leben einen guten Eindruck macht, konnte ich die Chance nutzen und mein Spanisch noch ein wenig verbessern und mich persönlich dieser Herausforderung stellen und daran wachsen. Ich war in Barcelona und habe an der UPC (Universitat Politècnica de Catalunya) studiert, obwohl zunächst Irland bei mir hoch im Kurs stand. Man kann insgesamt drei Wunschorte und Institute angeben. Mir wurde nach dem Auswahlverfahren Barcelona angeboten, nach kurzer Skepsis, ob meine Sprachkenntnisse ausreichen habe ich mich dann dafür entschieden, das sonnige Wetter war auf jeden Fall einer der ausschlaggebenden Gründe.

 

Gibt es Besonderheiten, die man beim Bewerbungsprozess beachten muss?

Für ein Auslandssemester über Erasmus muss man vorher einen Test ablegen, der einem die Studierfähigkeit in der jeweiligen Unterrichtssprache bescheinigt. (DAAD reicht) Ich habe auf Englisch studiert. Zudem sollte man sich für alle drei Wunschorte die Kurse anschauen, damit man möglichst auch etwas davon hat und sich Kurse anrechnen lassen kann. Ganz wichtig ist natürlich, die Einhaltung von Bewerbungsfristen.

Wie hast du die Reise organisiert (Flüge, Unterkunft etc.)? Von welchen Organisationen hattest du ggf. Unterstützung?

Ich habe meinen Hinflug drei Monate vorher gebucht, den Rückflug erst sehr spät vor Ort. Unterstützung in dem Sinne gab es keine, nur in Form von Informationen über Websiten, die man zum Beispiel bei der Wohnungssuche nutzen kann. Ich habe gemeinsam mit einer Kommilitonin von Deutschland aus eine Wohnung gebucht, leider haben wir damit super schlechte Erfahrungen gemacht und ich lege jedem ans Herz, sich für die ersten zwei Wochen etwas zu buchen und dann vor Ort Wohnungen zu besichtigen und sich nicht auf die Informationen und Bilder im Internet zu verlassen.

Geflogen sind wir mit der spanischen Gesellschaft Vueling und unsere Wohnungen (sowohl die erste mit der schlechten Erfahrung, als auch die letzte in der wir schluss endlich gewohnt haben), haben wir über Uniplaces gebucht.

Wo war deine Unterkunft und wie hoch waren die Kosten für Miete, Lebenshaltung etc. bzw. die Gesamtkosten für dein Auslandspraktikum?

Die Unterkunft war im Randgebiet der Innenstadt im Stadtteil Nou Barris. Wir haben nachdem wir einige Male umgezogen und viele Rückschläge einstecken mussten zum Glück eine annehmbare Unterkunft gefunden. Bezahlt haben wir dafür 1400€ im Monat. Wichtig zu sagen ist auf jeden Fall, dass man den Wohnstandard einfach nicht mit Deutschland vergleichen kann und sich auf Abstriche einstellen muss. Wir wollten gerne eine eigene Wohnung haben, wenn man in ein WG Zimmer zieht geht es günstiger.

Für die Lebenshaltung haben wir ca. 500€ pro Monat ausgegeben, dieser hohe Betrag kommt  deshalb zustande, da wir viele Ausflüge mit gemacht haben und uns persönlich gesagt haben, dass wir so viel wie möglich mitnehmen wollen und nicht zu genau aufs Geld schauen. Rechnet man nur die Lebensmittel kommt man mit 300€ pro Monat ganz gut hin. Neben der Erasmusförderung die man bekommt empfehle ich jedem ca. 2000€ gespart zu haben. Ich persönlich habe an eigenen Ersparnissen ca. 2500€ ausgegeben. Lebensmittel sind etwas teurer als in Deutschland und das Leitungswasser in Barcelona ist gechlort, daher haben wir das lieber gekauft.

Was waren die deutlichsten kulturellen bzw. gesellschaftlichen Unterschiede zu Deutschland?

Der größte Unterschied ist meiner Meinung nach, dass die Spanier sehr viel weniger Wert auf materielle Dinge legen. Das fängt bei den Autos an und hört bei den Wohnungen auf. Ich muss aber auch sagen, nach dem ersten Schockmoment gewöhnt man sich auch ganz schnell an die andere Wohn- und Lebenssituation und merkt, dass man auch mit weniger gut leben kann. Und man muss mehr Acht auf seine Wertgegenstände geben, da Diebstahl leider hoch im Kurs steht. Mir ist aber zum Glück nichts abhanden gekommen.

Was für Kurse hast du besucht bzw. welche Klausuren hast du geschrieben?

Ich habe Fächer im Wert von 20 CPs belegt (Erasmus Vorgabe), davon muss man mindestens 16 CPs bestehen, um die Erasmusförderung nicht aberkannt zu bekommen (Ausnahmen natürlich möglich). Ich habe fünf Kurse belegt, alle auf Englisch, allerdings waren zwei Labore auf Spanisch, da haben dann spanische Studenten übersetzt und geholfen, sodass das kein Problem war. Die Kurse waren Elektrotechnik, Technisches Englisch, Projektmanagement, Zerspanung und Numerische Mathematik. Ich habe zwei Klausuren pro Fach geschrieben und ein Labor bzw. ein Projekt pro Fach gehabt aus denen sich nachher die Gesamtendnote ergeben hat. Numerische Mathemathik habe ich allerdings nicht beendet, da es zeitlich eng wurde. Mein Tipp: weniger ist mehr.

Die Professoren und Studenten waren jederzeit zur Stelle, wenn man Fragen hatte und das gesprochene Englisch war gut zu verstehen. Ich habe dreieinhalb Tage die Woche Vorlesungen besucht, viele davon lagen in den Abendstunden und gingen auch mal bis 21.00.

Was für Freizeit- und Ausflugsmöglichkeiten gab es während des Aufenthalts?

Barcelona ist eine unglaublich schöne Stadt mit super offen und freundlichen Menschen. Die Stadt hat viele Sehenswürdigkeiten innerhalb und im umliegenden Land, die sehr gut zu erreichen sind, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Sehr bekannt sind die Sagrada Familia, die Berge: Montserrat, Montjuic, Tibitabo. Geheimtipp: Bunkers del Carmel

Eine absolute Empfehlung ist die App: „Erasmus Barcelona“. Über diese kann man Ausflüge und Partys buchen. Ich selbst habe zwei Ausflüge mitgemacht und basquische Städte besucht und war in einem atemberaubenden Canyon wandern und baden.

Und der Stadtstrand liegt direkt vor der Haustür, schwimmen, surfen, Boot fahren sind nur einige Möglichkeiten.

Wie lange im Vorfeld hast du dich darauf vorbereitet? War das so passend?

Tatsächlich hat die Planung weniger Zeit in Anspruch genommen, als man zunächst vermuten würde. Man muss den Bewerbungsprozess durchlaufen, dabei habe ich für mein Motivationsschreiben, für den DAAD Test (vorher Termin bei der Stelle ausmachen) und die Informationseinholung über die verschiedenen Angebote jeweils einen Tag, also drei Tage gebraucht. Nachdem der Prozess vorüber war und man ausgewählt wurde, muss man dem Platz zusagen und dann je nach Fristen Kontakt mit der Partnerhochschule aufnehmen und per Mail Dokumente austauschen, unterschreiben lassen etc.

Des Weiteren muss man einen Nachmittag eine Informationsveranstaltung zum Auslandssemester besuchen. Dann natürlich die Flüge buchen, Kofferliste schreiben, Koffer packen, wichtige Arzttermine erledigen, Rezepte ausstellen lassen und Medikamente besorgen.

Ich habe meinen Koffer eine Woche vorher angefangen zu packen und hatte ihn einen Tag vor Abflug fertig. Barcelona ist gut und günstig ausgestattet, was Apotheken betrifft, man bekommt aber nicht alle Medikamente, daher spezielle Medikamente am besten selbst in ausreichender Menge mitbringen. Wichtig ist auch das Abschließen von Versicherungen und alle Dokumente beisammen zu haben. Sobald man alle Dokumente hat lädt man diese in Mobility Online hoch, diese Plattform dient der Organisation und begleitet einen bis zum Ende des Aufenthalts.

Auf was muss man sich einstellen, wenn man in dieses Land reist? Aktuelle Lage, Brexit etc.

Barcelona ist eine meiner Meinung nach sehr sichere Stadt. Als ich dort war, war die Lage sehr aufgewühlt und angespannt und es haben zahlreiche Demonstrationen stattgefunden. Hintergrund hierbei ist der Unabhängigkeitswunsch Kataloniens. Ich persönlich habe keine Tipps oder Empfehlungen, in Bezug auf besondere Vorbereitung.

Welche Tipps würdest du anderen geben, die Ähnliches wie du vorhaben?

Offen und locker in das Abenteuer starten. Die Wohnung auf jeden Fall erst vor Ort mieten und mit Fehlschlägen rechnen. Ich wollte nach der ersten Woche erst abbrechen, da wir so viel Pech mit den Wohnungen hatten, ich eine sehr schwere Mandelentzündung bekommen habe und am Ende der ersten Woche alleine in einem viel zu teuren Hotel saß und mit meinen Nerven am Ende war. Ich bin aber geblieben und habe mich nicht unterkriegen lassen. Darüber bin ich sehr froh.

Ich empfehle sehr sich für das „Buddy Programm“ anzumelden, wenn die Partnerschule dies anbietet. Ich hatte vor Ort meinen persönlichen Buddy (lokaler Student von dort). Mein Buddy war mir eine ganz große Hilfe und ich konnte bis ich zusammen mit meiner Kommilitonin eine Wohnung gefunden habe mit in der WG wohnen. Im Buddy Programm haben wir zudem von der Partnerschule organisierte Ausflüge mit gemacht und ca. 100 andere Erasmus Studenten kennen gelernt.

Fazit/Weiterempfehlung Ja oder Nein?

Der Anfang meines Aufenthalts war wirklich richtig besch*****. Aber ich bin geblieben und es ist doch alles gut geworden. Absolute Weiterempfehlung!!! Das Auslandssemester war bisher die schönste und geilste Erfahrung meines Lebens und ich bin super traurig, dass diese Zeit vorbei ist. Barcelona ist traumhaft, top Wetter, Sonnenschein ohne Ende, ich habe so viele tolle Menschen kennen gelernt und Ich würde diesen Schritt immer wieder aufs Neue wagen!

Sarah Kühn, Studiengang Produktionstechnik und -management, 6. Semester