Women in Engi­neering - Biotech­nologie

Apurva Shrivastava, Masterstudentin aus  Indien, weiß die engen Kontakte der HAW Hambur-Lehrenden sehr zu schätzen und ist sich sicher, dass sie sich im Studium ein sehr gutes Verständnis für die Biotech-Industrie angeeignet hat.

Was für ein wunderbares Geschenk von Eltern an ihr Kind: „einzigartig bzw. wie keine andere“, das ist die Bedeutung von Apurva, dem Vornamen der 23-jährigen Studierenden im Aufbaustudium, die ich heute interviewe. Apurva Shrivastava studiert im Masterstudiengang "Pharmaceutical Biotechnology" an der HAW Hamburg am Campus für Life Sciences in Bergedorf und genießt nach einem anstrengenden Studiensemester eine wohlverdiente Auszeit. Die Gebäude und Laboratorien auf dem Campus sind praktisch menschenleer und die sonnige Terrasse, auf der sich sonst Studierende zwischen den Lehrveranstaltungen entspannen, gehört uns ganz allein.

Der Weg zu einem Master-Abschluss kann steinig sein

Ich kenne Apurva als eine unserer Stipendiatinnen; eine Chance, die sie aufgrund ihrer hervorragenden Noten im ersten Semester an der HAW Hamburg erhielt. Darum bin ich gespannt, mehr über ihren Lebensweg zu erfahren. Apurva wurde im indischen Hyderabad geboren, verbrachte sieben Jahre ihrer Kindheit in Chennai und schloss die High-School in Nashik ab. Ihr Vater ist Chemieingenieur und musste für seine Arbeit häufig umziehen, und so folgte ihm die ganze Familie. Sie kehrten nach Hyderabad zurück, wo Apurva 2015 ihren Bachelor of Technology in Biotechnologie an der Jawaharlal Nehru Technological University machte.

Im Laufe ihres Bachelorstudiums reifte in ihr der Wunsch, sich auf die Forschung zu konzentrieren und einen Master-Abschluss zu machen. Doch es lief nicht ganz nach Plan für die ambitionierte Studentin. „Ich bewarb mich bei mehreren Universitäten und erhielt kein einziges Angebot“, sagt sie. „Das ließ mich ernsthaft an meiner Fähigkeit zweifeln, ein Masterstudium zu absolvieren, und ich stürzte daraufhin in eine depressive Phase.“ Die normalerweise gesellige Studentin zog sich zurück und verbrachte die nächsten vier Monate mit Lesen und Nachdenken. Sie erzählt uns, dass diese Erfahrung für sie in mehrerer Hinsicht lehrreich war. „Ich erkannte, dass ich mental noch nicht bereit war, als ich mich das erste Mal auf das Masterstudium bewarb . Ich las noch einmal das Motivationsschreiben, das ich für meine Universitätsbewerbungen geschrieben hatte, und es wurde mir klar, dass es nicht die Reife widerspiegelt, die für die Herausforderung eines Masterstudiums erforderlich ist“, gibt sie ehrlich zu.

Ich finde es wirklich sehr gut, dass man jederzeit, wenn man Rat braucht, mit den Dozenten sprechen kann und dass die Ressourcen es einem erlauben, unabhängig zu arbeiten und sogar Fehler zu machen.

Also bereitete sie sich vor. Durch ihre Dozenten erfuhr sie von der Möglichkeit, als Projektassistentin am Institut für Genetik an der Osmania University in Hyderabad zu arbeiten. Sie bewarb sich und arbeitete sechs Monate lang an einem Forschungsprojekt über den Zusammenhang zwischen Genpolymorphismus und wiederholt auftretenden Aborten in der südindischen Bevölkerung. In dieser Zeit lernte sie Prof. Dr. Deepika M.L.N. kennen. „Sie war eine wunderbare Lehrerin. Sie half mir, zu verstehen, wie Forschung funktioniert und wie man mit Zeit und Material umgeht“, sagt sie. „Sie war sehr streng mit mir, aber gleichzeitig brachte sie mir bei, Verantwortung zu übernehmen. Sie erwartete Ergebnisse und war überzeugt, dass ich diese erzielen könnte.“

Ein Master-Abschluss an der HAW Hamburg

Als es dann soweit war, sich erneut für Masterstudiengänge zu bewerben, hatte Apurva eine viel bessere Vorstellung davon, was sie interessierte, wo ihre Stärken lagen und warum sie einen Master-Abschluss anstrebte. „Aus einer einzigen schlechten Erfahrung kann eine Menge neuer Erkenntnisse entstehen", reflektiert sie. Die Frage war, ob sie in Indien oder Europa studieren sollte – und bei der Entscheidung half das Schicksal eine bisschen mit. Ihr Vater arbeitete bei einer Firma mit Stammsitz in Bremen, und so nutzte er seine Kontakte, um sich über die Studienbedingungen in Deutschland zu informieren. Sein Chef versicherte ihm, dass Deutschland ein hervorragender Hochschulstandort sei und dass er Apurva auf jede erdenkliche Weise unterstützen werde. Damit war die Entscheidung gefällt und Apurva bewarb sich bei mehreren Hochschulen und erhielt vier Angebote. „Die Antwort der HAW Hamburg mit dem Angebot eines Studienplatzes kam als letztes, und da ich mir bereits in den Kopf gesetzt hatte, unbedingt in Hamburg studieren zu wollen, war die Wartezeit ganz schön spannungsgeladen“, erinnert sie sich.

Obwohl es sich um ein englischsprachiges Studium handelt, benötigte Apurva für die Einschreibung Deutschkenntnisse der Stufe A2. Also besuchte sie Deutschkurse in Indien und war bei ihrer Ankunft in Hamburg auf dem Niveau B1. Seitdem hat sie ihr Deutsch stetig verbessert, da sie in einer deutschen Familie lebt und darauf besteht, dass Deutsch mit ihr gesprochen wird. „Ich habe die Familie durch das weBuddy-Programm gefunden und sie sind wirklich unheimlich nett zu mir. Der Vermieter ist für mich wie ein zweiter Vater. Er hat mir am Anfang bei den Verwaltungsfragen geholfen, und ich habe mit allen ein richtig gutes Verhältnis.“ Deutsch zu sprechen half ihr auch dabei, andere deutsche Studierende kennenzulernen und an der Uni Freunde zu finden. „Deutsche schätzen es sehr, wenn man versucht, mit ihnen in ihrer eigenen Sprache zu sprechen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sie ganz offen sind, wenn man Gemeinsamkeiten findet, die einen verbinden", sagt sie.

Nach zwei Semestern an der HAW Hamburg ist Apurva sich sicher, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hat. Und sie weiß auch genau, warum. „An der HAW wird einem nicht das Händchen gehalten. Am Anfang tappte ich oft völlig im Dunkeln. Aber das hat mir gezeigt, dass ich was im Kopf habe und in der Lage bin, dieses Studium zu bewältigen", beschreibt sie ihre ersten Wochen. „Ich finde es wirklich sehr gut, dass man jederzeit, wenn man Rat braucht, mit den Dozenten sprechen kann und dass die Ressourcen es einem erlauben, unabhängig zu arbeiten und sogar Fehler zu machen.“ Sie ist sehr dankbar für die engen Kontakte zur Industrie, die die Dozenten der HAW Hamburg bieten, und meint, dass sie insbesondere für die biologische Verarbeitungsindustrie ein sehr gutes Verständnis erworben hat. „Sie zeigen einem alle Aspekte des Feldes und geben einen Einblick in die praktischen Aspekte der Industrie. Sie zwingen dich dazu, darüber nachzudenken, welche Schritte in deinen Forschungsprojekten notwendig sind, und du musst wirklich hart arbeiten".

Eine Master-Arbeit in Genetik

Apurvas Leidenschaft gilt der Molekularbiologie, und somit lag es auf der Hand, dass sie ihre Doktorarbeit auf diesem Gebiet schreiben würde. Die HAW Hamburg bietet ein regelmäßiges Forschungsseminar an, bei dem externe Wissenschaftler Vorträge über ihre Projekte halten. Im Rahmen dieses Seminares lernte Apurva Prof. Dr. rer. nat. Tanja Zeller kennen, die die Professur für Genomik und Systembiologie am Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) innehat. „Als ich von ihrer Arbeit hörte, wusste ich sofort, dass ich genau dort meine Masterarbeit schreiben wollte", erinnert sich Apurva. „Nach dem Seminar sprach ich sie an und erzählte ihr von meinen Erfahrungen in der Forschung in Indien, und sie riet mir, mich zu bewerben.“ Im Oktober beginnt Apurva ihre Forschung in dem von der EU geförderten Projekt auf dem Gebiet der molekularen Kardiologie, das sich mit der Transkriptom-Analyse zur Charakterisierung von genetischen Varianten und der Genexpression bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen befasst. „Mir gefällt besonders, dass die Forschung in einer Krankenhausumgebung stattfindet und sofort in der Patientenbehandlung umgesetzt wird.“

Mentoren finden, die einen anleiten

Wenn sie auf ihr 20-jähriges Selbst und die Wege, die sie gegangen ist, zurückblickt, dann zeigt sich, wie weit sie gekommen ist, und dass es auf ihrem Weg verschiedene Menschen gegeben hat, die sie ermutigt und angeleitet haben. „Die Meinung meines Vaters ist für mich am wichtigsten. Er kennt mich am allerbesten und sagt immer, dass man in dem Gebiet tätig sein sollte, für das man sich begeistert.“ Professor Dr. Krishnam Raju war während ihres Bachelorstudiums ein ausgezeichneter Mentor, der Apurva ermutigte, auf Konferenzen zu gehen und ihr Wissen weiterzuentwickeln. „Er kennt mich seit meinem ersten Studienjahr und hat immer an mich geglaubt.“ Und wohl am wichtigsten war ihre Professorin M.L.N, da sie den Grundstein für eine Zukunft in der Forschung legte und in ihr das Vertrauen weckte, eine solche Zukunft für möglich zu halten. An der HAW Hamburg ist es Professor Dr. Oliver Ullrich, der sie maßgeblich unterstützt hat. „Professor Ullrich hat mir Zellkulturtechniken beigebracht, hat mein Master-Forschungsprojekt begleitet und wird mein Betreuer bei der Masterarbeit sein. Er gibt immer konkrete Beispiele dafür, was man im Rahmen der Forschungsarbeit zu erwarten hat, und seine Präsentationen und Vorträge sind so anschaulich und stellen hilfreiche Verknüpfungen mit anderen Bereichen her, so dass ich dadurch den Gegenstand besser verstehe.

Als Bachelor-Absolventin fühlte sich Apurva noch nicht bereit für die Herausforderungen eines Masterstudiums, aber die selbstbewusste junge Frau vor mir zeigt ein anderes Bild. Nach ihrer Masterarbeit ist ihr nächstes Ziel ein Doktorat und die Forschungstätigkeit, und so stellt sie sich darauf ein, im nächsten Semester weiter sehr hart zu arbeiten, um, wie sie sagt, nicht nur gute Noten, sondern vor allem Wissen zu erwerben. Ihr Leitspruch ist: „Wenn dein Ziel einmal gesetzt ist, steht zwischen dir und deinem Ziel nur noch eines: Zeit.“

Apurva, es war ein wunderbares Gespräch mit dir, und wir wünschen dir alles Gute für Deine Masterarbeit.

 

iw August 2017