| Forschung
Community Health Labor Veddel

Zusammenarbeit zwischen Hochschule, Gesundheitsversorgung und Stadtgesellschaft

Citizen Science ist die Zusammenarbeit von Forschenden und Bürger*innen. Kaum ein anderes Projekt der HAW Hamburg setzt diese Forschungsarbeit so erfolgreich um, wie „Community Health – Gesundheit und Wohnen auf der Veddel“, welches von Prof. Dr. Silke Betscher (HAW Hamburg) und Anna Köster-Eiserfunke (Kooperationspartnerin der Poliklinik Veddel ) geleitet wurde. Wir haben mit der Professorin für die Wissenschaft der Sozialen Arbeit zu ihrem neuen Projekt „Community Health Labor Veddel“ gesprochen, das auf den Erkenntnissen des vorherigen Projekts aufbaut, aber zusätzlich einen Fokus auf strukturell verankerte Prozesse setzt.

Citizen Science lebt von der Einbeziehung der Stadtgesellschaft - wie beim partizipativen Community Health Survey auf der Veddel (2022)

Citizen Science lebt von der Einbeziehung der Stadtgesellschaft - wie beim partizipativen Community Health Survey auf der Veddel (2022)

Bevor wir auf das Projekt in Hamburg-Veddel schauen, blicken wir zuerst Richtung Bochum-Hustadt. Hier ist vor gut acht Jahren durch die Hochschule für Gesundheit Bochum ein Stadtteillabor entstanden, das einen Community-Health-Ansatz verfolgt, der die sozialen Einflüsse von Gesundheit in den Fokus rückt und gemeinsam mit zu Forscher*innen geschulten Stadtteilbewohner*innen partizipativ an Lösungen arbeitet. „Bevor ich an die HAW Hamburg kam, habe ich mit meiner Bochumer Kollegin, Prof. Dr. Christiane Falge, die das Stadtteillabor gegründet hat, in dem Projekt gearbeitet,“ so Prof. Dr. Silke Bretscher. „Die Hustadt und die Veddel haben aufgrund der Sozialstruktur, der Vulnerabilität und oftmals mehrfachen Diskriminierung ihrer Bewohner*innen viele Ähnlichkeiten. Die ausgesprochen positiven Erfahrungen mit dem Format des Stadtteillabors habe ich mit nach Hamburg gebracht. Das Besondere ist hier, dass wir ein Stadtteillabor als Kooperation mit dem innovativen Modellprojekt Stadtteilgesundheitszentrum Poliklinik Veddel aufbauen, so dass wir Community-Forschung unmittelbar mit gesundheitlicher und sozialer Versorgung verzahnen. Von daher freuen wir uns sehr, dass wir unser Projekt `Community Health Labor Veddel´ jetzt starten können und eine gesicherte Förderung bis Frühjahr 2026 erhalten haben.“

Das Besondere ist hier, dass wir ein Stadtteillabor als Kooperation mit dem innovativen Modellprojekt Stadtteilgesundheitszentrum Poliklinik Veddel aufbauen, so dass wir Community-Forschung unmittelbar mit gesundheitlicher und sozialer Versorgung verzahnen.

Prof. Dr. Silke Betscher, Professorin für die Wissenschaft der Sozialen Arbeit an der HAW Hamburg

Während das Projekt „Community Health – Gesundheit und Wohnen auf der Veddel“ zum Ziel hatte, die Wohnverhältnisse nachhaltig zu verbessern sowie die Handlungsfähigkeit der Anwohner*innen zu fördern, setzt das neue Projekt auf strukturelle Veränderungen: Durch die enge Vernetzung von Stadtgesellschaft, gesundheitsbezogenen Dienstleistern und Hochschule soll eine bundesweit neuartige, strukturell verankerte Verbindung von gesundheitlicher Primärversorgung, Gemeinwesenarbeit, partizipativer Community-Forschung und Lehre geschaffen werden. „Uns ist es insbesondere ein Anliegen, diese Zusammenarbeit dauerhaft zu verankern. Daher sehen wir das `Community Health Labor Veddel´ auch weniger als Forschungs-, sondern vielmehr als Strukturarbeit“, so Silke Betscher. „Mit der Poliklinik Veddel und den Stadtteilforscher*innen haben wir bereits etablierte und vertrauensvolle Partnerschaften, auf die wir sehr gut aufbauen können.“ Neben den Erkenntnissen der Stadtteilforschenden, die direkt in eine lokale, multiprofessionelle Versorgung einfließen können, sollen Studierende des Studiengangs Soziale Arbeit mit dem Projekt ins forschende Lernen einsteigen. „Wir planen derzeit für das Sommersemester 2025 im Bachelor Soziale Arbeit zwei Module an das Projekt zu koppeln“, erklärt Silke Betscher. „Die Idee ist – angelehnt an das Bochumer Stadtteillabor –, dass die Studierenden im Tandem mit Community-Forscher*innen zusammenarbeiten. Sie lernen so, diversitätssensibel und auf Augenhöhe mit den Menschen zu arbeiten sowie auch deren Binnenperspektiven ernst zu nehmen und kennenzulernen.“

Die Idee ist – angelehnt an das Bochumer Stadtteillabor –, dass die Studierenden im Tandem mit Community-Forscher*innen zusammenarbeiten. Sie lernen so, diversitätssensibel und auf Augenhöhe mit den Menschen zu arbeiten sowie auch deren Binnenperspektiven ernst zu nehmen und kennenzulernen.

Prof. Dr. Silke Betscher

In die positiven Effekte für die Stadtteilbewohner*innen (Mitgestaltung von gesundheitlicher und sozialer Versorgung), Stadtteilforscher*innen (Wissenserwerb, Selbstvertrauen und Handlungsfähigkeit), die Poliklinik (auf die Bedarfe angepasste Angebote, Vernetzung in den Stadtteil), die Hochschule (aktive Mitgestaltung und gesellschaftliche Verantwortung in der (Stadt-) Gesellschaft) und ihre Studierenden (praxisbezogenes Lernen) reihen sich die Vorteile vom „Community Health Labor Veddel“ für die Stadt ein: „Für Hamburg ist das Labor ein Modellprojekt, dessen Ergebnisse in die `Lokalen Gesundheitszentren´ und `Lokalen Vernetzungsstellen Prävention´ fließen können, die als städtische Einrichtungen die medizinische Versorgung und Gesundheitsförderung in bestimmten Hamburger Quartieren unterstützen. Denn neben den unmittelbaren, lokalen Erkenntnissen für die Poliklinik Veddel wollen wir eine Toolbox entwickeln, mit der die bisherigen Erfahrungen, Methoden und Konzepte systematisch aufbereitet und in transferierbare Formate übersetzt werden“, erklärt Silke Betscher.

Das Projekt „Community Health Labor Veddel“ wird von der Investitions- und Förderbank Hamburg für eineinhalb Jahre mit rund 185.000 Euro gefördert, Start des Projekts war Oktober 2024.

Text: Anke Blacha

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