032-Werkzeugmaschinen

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Transkript

Es ist Zeit für ein wenig Fertigungstechnik.
Wir haben in den vergangenen Episoden sehr ausgiebig über verschiedene Fertigungsverfahren gesprochen, Formeln vorgestellt und alles in die DIN8580 eingeordnet. Doch heute möchte ich mich einmal mit denen beschäftigen, ohne die das beste Verfahren nicht funktionieren würde: Den Werkzeugmaschinen.
Naja, ganz früher ging es auch mal ohne. Da brauchte man noch Muskelkraft und Geschick. Aber Scherz beiseite…
Ich schaue mir mit Euch mal EINE Definition an. Zitat:
„Eine Werkzeugmaschine ist eine mechanisierte und mehr oder weniger automatisierte Fertigungseinrichtung, die durch relative Bewegung zwischen Werkstück und Werkzeug eine vorgegebene Form an einem Werkstück erzeugt. Hergestellte Werkstücke sind keine Halbzeuge (Urformmaschinen) und keine Verbrauchsgüter (Verarbeitungsmaschinen), sondern in der Regel Teile von Baugruppen in Maschinen, Werkzeugen, Fahrzeugen etc.“
Was steckt da alles drin?
mechanisiert: Also nichts mehr mit Muskelkraft und Geschick. Nach dieser Definition wäre eine Drechselbank, bei der das Werkzeug noch mit der Hand geführt wird, keine Werkzeugmaschine. Eigentlich ist sie wirklich nur ein Motor und der ist eine sogenannte Kraftmaschine.
mehr oder weniger automatisiert: Damit wird die weite Spanne von den konventionellen Maschinen, bei denen z. B. die Zustellung zwischen den Bearbeitungsschritten noch per Hand verstellt wird, bis zu den CNC-Maschinen eröffnet.
Relative Bewegung zwischen Werkstück und Werkzeug: Aha, es braucht also ein Werkzeug und ein Werkstück, die sich definiert zueinander bewegen. Schauen wir mal: Tiefziehen, check; Fräsen, check; Bohren, check; Walzen, ja, auch. Es scheint für sehr unterschiedliche Fertigungsverfahren Werkzeugmaschinen zu geben.
vorgegebene Form: Mit einem Auto gegen einen Laternenpfahl zu fahren, zählt also nicht. Das wäre Verformen statt Umformen.
keine Urformmaschine: Da scheiden sich die Geister. Je nachdem, in welche Epoche man schaut und wessen Definition man benutzt, fließen die Grenzen da. Eine Anlage zum Strangguss könnte also eine Werkzeugmaschine sein oder aber auch nicht.
keine Verbrauchsgüter: Montageautomaten oder Teilehandling gehören also auch nicht dazu.
Eine neue fließende Grenze sehe ich persönlich bei den Robotern. Je nach Einsatzgebiet übernehmen Sie ursprünglich Handlingsaufgaben, werden aber inzwischen auch vermehrt für Fertigungsschritte verwendet. Es kommt also darauf an, wofür man den Robbi benutzt.
Ich würde gerne noch etwas Struktur in das Durcheinander bringen. Allerdings werde ich heute nicht das Fass mit der Unterscheidung zwischen Maschine, Gerät, Anlage und so weiter aufmachen.
Wir können zu Beginn eine ganz grobe Unterscheidung zwischen Universal- und Einzweckmaschinen treffen. Die Begriffe erklären sich einigermaßen selbst und darauf gehe ich im nächsten Schritt noch ein.
Hier können wir versuchen, die Werkzeugmaschinen den Hauptgruppen der Fertigungsverfahren zuzuordnen.
Urformen: Da habe ich vorhin schon erwähnt, dass diese Gruppe von manchen als Grenzfall gesehen wird. Aber nehmen wir wieder die Stranggussanlage, in der in einer Kokille (das Werkzeug) die Schmelze zumindest zum Teil erstarrt und durch sie hindurchgeführt wird, um dann danach bei Abkühlen gebogen, wieder gerichtet und abgelängt zu werden. Deswegen nenne ich sie vermutlich auch Anlage, weil darin mehrere Prozessschritte vereint werden. Aber es gibt ein Werkzeug (die Kokille) und das Werkstück (die teilerstarrte oder später erstarrte Schmelze) bewegt sich relativ dazu.
Umformen: Bei den Umformmaschinen gibt es verschiedene Modelle. Da wären zum einen die Pressen. Es gibt Universalpressen, in denen das Werkzeug entscheidet, ob tiefgezogen, geschmiedet oder gebogen wird. Und es gibt Einzweckmaschinen wie Gesenkbiegepressen, die nur dafür geschaffen sind, Bleche und Bänder abzukanten. Zum anderen wären da die Walzgerüste. Davon gibt es einige, die die klassischen Walzprozesse durchführen, und andere, die Bleche biegen oder Bänder zu Profilen formen. Die Walzen sind dabei die Werkzeuge. Zu den Walzverfahren gibt es bereits eine eigene Podcastepisode.
Trennen: Bei den zerteilenden Verfahren wie z. B. Stanzen werden häufig wieder die Pressen von eben verwendet. Und dann gibt es da noch die große Gruppe der Zerspanungsmaschinen. Drehmaschinen, Fräsmaschinen, Bearbeitungszentren, Schleifmaschinen und -zentren, Plasmaschneidanlagen und so weiter und so weiter. Und die Funkenerosion.
Fügen: Beim Fügen haben wir natürlich viele Montagevorgänge, die wir nach der Definition von vorhin auslassen. Aber es gibt da zum Beispiel die Schweißautomaten, die je nach Ausführung z. B. mit einem Roboter eine Relativbewegung zwischen Elektrode (Werkzeug) und Werkstück ausführen und dabei eine gewisse Form erzeugen.
Beschichten: Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ein Roboter mit einer Sprühpistole zum Lackieren als klassische Werkzeugmaschine durchgeht. Ich habe jetzt nicht in die Literatur geschaut, aber mir würde da der Punkt „Form erstellen“ fehlen.
Stoffeigenschaft ändern: Hier fällt mir nun wirklich keine passende Werkzeugmaschine ein.
Dann möchte ich mit Euch ganz kurz noch ein paar Elemente durchgehen, die eine Werkzeugmaschine braucht, um ihre Aufgabe zu erfüllen, und das immer wieder und wieder und in der geforderten Qualität.
Fangen wir mit dem an, was die Maschine zusammenhält: dem Gestell. Es hat die Aufgabe, die dynamischen und statischen Lasten der Maschinenbaugruppen und der Prozesskräfte aufzunehmen. Hier sind Hebelarme, Form, Querschnitte, Werkstoffe und die Dämpfung bei der Auslegung relevant.
Dann sind die Antriebe wichtig. Heutzutage sind es meistens Elektromotoren, in ihren diversen Bauformen; auch als Linearantriebe.
Zwischen Gestell und bewegten Teilen gibt es die Führungen. Je nach Belastungen und Anforderungen gibt es da Wälzlager und Gleitlager in diversen Ausführungen.
Dann wären da die Regelung und die Steuerung, besonders wichtig bei CNC-Maschinen.
Soweit also heute zu den Maschinen hinter den Fertigungsverfahren. Sie sind ein ganzes eigenes Feld in der Produktionstechnik. Ich sehe da noch viel Potential für Podcastepisoden, irgendwann.

 

geschrieben von Benjamin Remmers
eingesprochen von Benjamin Remmers