033-Klausureinsicht

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Transkript

Es ist Zeit für ein wenig Fertigungstechnik.

Als ich neulich mal zu einer Podcastaufnahme bei einem unserer Professoren im Büro war, habe ich doch auf dem Tisch eine Fertigungstechnik-Klausur liegen sehen. Da konnte ich es mir nicht verkneifen, mal einen Blick hinein zu werfen. Schauen wir mal, ob wir hier im Podcast vielleicht schon das eine oder andere Thema behandelt haben bzw. welches Thema dringend mal eine Episode benötigt.

Treffer! In der ersten Frage geht es doch glatt um meine erklärte Lieblingsnorm. Wer die Episode über die DIN8580 gehört hat, kann hier die volle Punktzahl abstauben.

Mal weiter schauen. Zu den Themen der Fragen über das Gießen müssten wir wirklich mal etwas machen, während über die GussFEHLER aus Frage 5 Prof. Müller mal eine Episode veröffentlicht hat.

Jetzt kommen die Umformfragen. Einen Überblick hat der Student Pablo Janßen für uns geschrieben, das ist hilfreich. Dann geht es um Näpfe. Das Tiefziehen hat schon zwei Episoden, das andere Verfahren hat noch keine. Und gleich noch eine Tiefziehfrage.

Die Aufgaben bei der Zerspanung sind doch recht speziell. Zu den Winkeln hat Prof. Müller eine Episode gemacht, aber zu den Kräften und den Spänen bzw. der Spanbildung sollte sich in nächster Zeit jemand auf den Hosenboden setzen und eine Episode einsprechen.

So weit zum Fragenteil. Jetzt folgen die Berechnungen. Dazu haben wir hier im Podcast noch nicht so viel gemacht, da Formeln auditiv doch schwierig zu vermitteln sind. Aber zur Auftriebsberechnung beim Sandguss gibt es sowohl eine Klausuraufgabe als auch eine Podcastfolge.

Und jetzt kommt der Teil, den Ihr besser nicht weitersagt: Ich verrate Euch die Lösung einer Klausuraufgabe!

In einer der Fragen geht es um ein Thema, das ich vielleicht mal in einer der nächsten Episoden besprechen werde: Die Fließspannung

Die Frage lautet (Zitat): Wovon hängt die Fließspannung ab und wie verändert sie sich?

Also mache ich hier und jetzt eine Miniepisode dazu.

Die Fließspannung beschreibt diejenige Spannung, die überschritten werden muss, um die plastische Formänderung (das Fließen) zu beginnen und aufrechtzuerhalten. Sie wird berechnet, indem man die äußerlich anliegende Kraft durch den momentanen, kleinsten Querschnitt quer zur Kraftrichtung teilt. Kurzes Beispiel aus dem Haushalt: Wenn man das äußere, freie Ende einer Büroklammer leicht nach außen zieht und wieder loslässt, federt sie in ihre Ausgangsform zurück. Es gab nur elastische Formänderung, die Fließspannung wurde nicht erreicht. Im Spannungs-Dehnungs-Diagramm (dazu gibt es eine eigene Episode von David) sind wir unter der Streckgrenze geblieben. Wenn wir etwas weiter biegen, federt die Büroklammer immer noch zurück, aber nicht mehr in die Ausgangsform. Die Fließspannung wurde überschritten.

Wenn man versucht, einen Knick aus der Büroklammer wieder geradezubiegen, dann klappt das nicht so gut, weil der Werkstoff links und rechts von der Knickstelle eher beginnt, nachzugeben. Wenn ein Werkstoff verformt wird, wird er also fester. Damit hätten wir die erste Antwort für die Klausurfrage: Die Fließspannung ist abhängig vom Umformgrad; Mit zunehmendem Umformgrad erhöht sich die Fließspannung. Dieser Effekt nennt sich Kaltverfestigung und ist in der Fließkurve zu sehen.

In einer Schmiede sieht man, dass der Stahl an Stellen, die umgeformt werden sollen, erwärmt wird. Was passiert da? Ganz grob und vermutlich halb nicht ganz richtig: Durch Wärme steigt die brown’sche Bewegung der Atome im Kristallgitter (der energetische Zustand wird erhöht). Dadurch sinkt die, zur Überwindung der Bindungskräfte notwendige Energie. Überschreitet die Umformtemperatur die Rekristallisationsgrenze, werden auftretende Verfestigungen direkt wieder aufgehoben. Damit haben wir die zweite richtige Antwort: Die Fließspannung ist abhängig von der Umformtemperatur; Mit zunehmender Temperatur sinkt die Fließspannung. Es gibt zwei Bereiche, wo das nicht so ganz stimmt, das wird aber erst im Hauptstudium relevant. Und nebenbei steigen durch höhere Temperatur auch die erreichbaren Umformgrade.

Vorwiegend bei der Warmumformung tritt ein weiterer Einfluss auf. Wenn die Umformung schneller passiert, werden die Rekristallisationsprozesse behindert, so dass die Verfestigung wieder einen Einfluss hat. Man kann also grob sagen: Die Fließspannung ist (bei der Warmumformung) abhängig von der Umformgeschwindigkeit; mit zunehmender Geschwindigkeit nimmt die Fließspannung zu. Beim Kaltumformen ist dieser Effekt gering.

Und last but not least: Natürlich ist die Fließspannung vom Werkstoff abhängig. Aluminium hat im Durchschnitt eine niedrigere Fließspannung als z. B. Stahl. Und innerhalb eines Werkstoffes gibt es noch Unterschiede je nach Mikrostruktur, ob also ein feinkörniges oder grobes Gefüge vorliegt. Doch das führt jetzt zu weit.

Ich wünsche allen, bei denen bald Klausuren anstehen (ein Podcast ist ja zeitsouverän zu hören), einen hohen Wirkungsgrad.

Denkt dran: Eine Klausur ist eine Leistungsprüfung und Leistung ist Arbeit pro Zeit. Der Zeitfaktor spielt also leider eine Rolle.  Viel Erfolg!

geschrieben von Benjamin Remmers
eingesprochen von Benjamin Remmers