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Studierendengesundheit an der HAW Hamburg

CamPuls hat mentale und soziale Gesundheit im Fokus

Das Studium bietet viele spannende und unvergessliche Momente, aber Leistungsdruck, Stress und Ängste können den Studienalltag belasten oder sogar unüberwindbar werden lassen. CamPuls will mit Präventionsangeboten dafür sorgen, dass Belastungsmomente erst gar nicht entstehen und bietet Studierenden in Stress-Situation Hilfe, beispielsweise mit Mental Health First Aid (MHFA). Wir haben mit Kathrin Poggel und Lennart Haß aus dem Team CamPuls über Studierendengesundheit gesprochen und welche Rolle Lehrende und Beschäftigte dabei spielen.

Studierende mit T-Shirt von HEALTHYLAND

CamPuls will mit Präventionsangeboten dafür sorgen, dass Belastungsmomente erst gar nicht entstehen und bietet Studierenden in Stress-Situation Hilfe, beispielsweise mit Mental Health First Aid (MHFA).

Sie sind für viele Studierende eine erste Anlaufstelle beim Thema Gesundheit. Wie steht es um die Gesundheit der Studierenden an der HAW Hamburg?
Kathrin Poggel: Diese Frage lässt sich tatsächlich noch nicht in Zahlen beantworten. Wir planen eine hochschulweite Gesundheitsberichterstattung. Erst wenn wir eine systematische Befragung durchgeführt haben, können wir faktisch belegen, wie es um die Gesundheit unserer Studierenden steht. Meine Wahrnehmung, die Erkenntnisse aus meiner eigenen Bachelor- und Masterarbeit und der anderer Studierenden sowie der Blick auf die Forschungsergebnisse anderer deutscher Hochschulen zeigen, dass viele gesundheitlich belastet sind. Ich habe beispielsweise die mentale Gesundheit von zwei Departments an der HAW Hamburg verglichen. Im Vergleich zu altersgleichen Azubis oder jungen Erwachsenen fällt sie für unsere Studierenden an der Hochschule unterdurchschnittlich aus.

Wir nehmen aus den aktuellen Forschung- und Erfahrungsberichten zur Studierendengesundheit in Deutschland wahr, dass sich mit Corona die mentale Gesundheit verschlechtert hat. Hatte vor 2020 jede*r fünfte oder vierte Studierende Depression, ist es jetzt fast jede*r Dritte. Bei CamPuls merken wir, dass insbesondere unsere Angebote zur Förderung von mentaler Gesundheit, wie Resilienzworkshops und Zeitmanagement, sehr gefragt sind. Für uns stellt sich die Frage, was Studierende wirklich brauchen, um die Balance zwischen Studium und Leben zu schaffen.

Dazu kommt, dass viele Studierende bis zum Sommersemester 2022 vor allem online studiert haben. Kann die Rückkehr zum Studium vor Ort zum Stressfaktor werden?
Lennart Haß: Wir dürfen bei der Gesundheit nicht nur die psychische, sondern auch die soziale Gesundheit betrachten. Bei unserem HEALTHYLAND-Festival ist mir aufgefallen, wie anders sich die Studierenden, im Vergleich zu vor der Pandemie, am Campus bewegen und verhalten. Veranstaltungen wie diese helfen, dass sie den Campus – wieder – kennenlernen und sich mit der Hochschule identifizieren.

Wir erwarten jetzt Erstsemesterstudierende, die die letzten zwei Jahre ihr Abitur remote absolviert haben. Dazu kommen Studierende, die mit dem Start der Online-Lehre ihr Studium begonnen haben. Das Leben am Campus verändert sich dadurch zwangsläufig. Wir sollten darauf achten, dass wir die positiven Dinge aus der Online- sowie der Präsenz-Lehre zusammenführen und so die Rückkehr zum Studium vor Ort erleichtern.

Bei CamPuls merken wir, dass insbesondere unsere Angebote zur Förderung von mentaler Gesundheit sehr gefragt sind. Für uns stellt sich die Frage, was Studierende wirklich brauchen, um die Balance zwischen Studium und Leben zu schaffen.

Kathrin Poggel vom Team CamPuls

Im Idealfall kümmern wir uns ja um uns und unseren Körper, damit wir gesund bleiben und gar nicht erst krank werden. Welche Gesundheits- und Präventionsangebote machen Sie den Studierenden?
Lennart Haß: Wir machen wirklich viel! Im vergangenen Semester hatten wir eine Reihe zum Thema Planetary Health, die wir mit der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit, kurz KLUG, und Health for Future Hamburg umgesetzt haben. Zusätzlich haben wir Resilienzworkshops und das Angebot „Psychisch fit studieren“ mit dem Verein Irrsinnig menschlich e.V. für alle Erstsemester angeboten. Zudem haben wir auch im Wintersemester wieder die von der HOOU geförderte Kompetenz-Werkstatt angeboten. Das größte Event war aber unser Gesundheitsfestival HEALTHYLAND bei dem wir mit unterschiedlichsten Aktivitäten und vor allem mit viel Spaß die Studierenden für Gesundheit begeistert haben. Die Auswertungen laufen zwar noch, aber wir können schon sagen, dass wir Studierende aller Fakultäten erreicht haben und dass das Konzert am letzten Veranstaltungsabend sehr gut angekommen ist.

Was uns besonders freut, ist der gute Start des CamPuls-Cups – der Studierendenwettbewerb im Rahmen des Festivals. Wir konnten mit vier Projekten aus den verschiedenen Fakultäten zeigen, dass Gesundheit in allen Fachrichtungen vertreten und sehr vielschichtig ist. Das ist ein toller Erfolg und spiegelt die Idee von CamPuls wider. Wir wollen das Event auf jeden Fall 2023 wiederholen.

Im kommenden Semester legen wir einen Fokus auf Studierende, die parallel zum Studium in Familien- und Careaufgaben eingebunden sind.

Kathrin Poggel: Und es startet das Fachprojekt „Gesund durchs Studium“, mit dem wir das Thema Gesundheit und Gesundheitskompetenzen in die Lehre bringen wollen. Ein weiteres Programm für die Förderung der mentalen Gesundheit ist die vertiefte Zusammenarbeit mit dem Verein Irrsinnig menschlich e.V. „Psychisch fit studieren – Hochschulen im Dialog“. Die HAW Hamburg ist eine von zehn Hochschulen in Deutschland, die daran teilnehmen. Es geht vor allem um die Entstigmatisierung von psychischen Erkrankungen, dazu ist im November oder Dezember 2022 ein Aktionstag an unserer Hochschule geplant.

 

Das Angebot vom CamPuls für Studierende ist ja sehr umfangreich, aber Sie haben jetzt ein neues Projekt – Mental Health First Aid, kurz MHFA, – gestartet. Können Sie uns dazu kurz mehr sagen?
Kathrin Poggel: Wir haben im Sommersemester 2022 die Ausbildung von unseren ersten 32 Mental Health First Aid-Ersthelfenden gestartet. Wir haben darauf geachtet, dass jeweils acht Studierende aus den vier verschiedenen Fakultäten der HAW Hamburg vertreten sind. Vier von ihnen engagieren sich auch im Peer-to-Peer-Programm der Hochschule. Die Idee des Konzeptes ist einen möglichst niedrigschwelligen Zugang für Studierende mit psychischen Belastungen zu schaffen und ihnen die Möglichkeit zu geben, in den Austausch mit geschulten Kommiliton*innen zu gehen. Das kann nur der erste Schritt sein, der aber sehr wichtig ist.

Wie war die Rückmeldung zu der Schulung?
Kathrin Poggel: Wir hatten 145 Anfragen. Daher waren wir sehr froh, dass Claudia Duwe von der HAG e.V. sich direkt bereit erklärt hat, 32 Studierende auszubilden, statt ursprünglich geplanter 16. Jedes Jahr wollen wir bis zu 16 weitere MHFA ausbilden lassen, um einen kontinuierlichen Pool an den Fakultäten vor Ort zu sichern. Neben den Studierenden haben sich auch viele Lehrende bei uns gemeldet, die gerne die Ausbildung möchten. Da sind wir mit dem betrieblichen Gesundheitsmanagement und der Personalentwicklung der HAW Hamburg im Austausch, ob und wie das möglich ist.

Lennart Haß: Im Vergleich zu unseren anderen Angeboten ist MHFA kein klassisches Gesundheits- und Präventionsangebote zur Gesundheitsförderung, sondern ein Hilfsangebot in einer akuten Situation. Der Bedarf ist so relevant, dass wir diese Hilfe einfach anbieten müssen.

Wie können Lehrende und Beschäftigte die Arbeit von CamPuls und die Studierendengesundheit grundsätzlich unterstützen?
Lennart Haß: Unsere Lehrenden können unmittelbar Einfluss auf die Gesundheit der Studierenden nehmen – in ihren Lehrveranstaltungen, indem sie ihre Rolle reflektieren und wahrnehmen, wie ihr Verhalten und die Studienbedingungen, die sie beeinflussen können, auf ihre Studierenden wirken. Wir sprechen Lehrende auch direkt an, damit sie die Angebote von CamPuls weitergeben und darauf aufmerksam machen.

Kathrin Poggel: Viele befürchten, dass Gesundheitsthemen oder Gesundheit in der Lehre mit einem großen Mehraufwand verbunden sind. Dem können wir entgegnen, dass wir den Lehrenden Materialien zur Verfügung stellen oder sehr gerne auch in die Lehrveranstaltungen kommen. Wir waren letztes Semester beispielsweise bei Sozialer Arbeit und Gesundheitswissenschaften in verschiedenen Seminaren zu Besuch. Zudem haben wir innerhalb von CamPuls verschiedene Arbeitsgruppen, die unter anderem die Vernetzung und Kooperation der einzelnen Stabstellen und Beratungsangebote an der HAW Hamburg voranbringen sollen. Es ist sicherlich noch ein engerer Austausch möglich, aber natürlich müssen dafür auch Kapazitäten bei allen Beteiligten vorhanden sein.

Unser Ziel sollte sein, dass wir während des Studiums nicht nur fachliche Kompetenzen vermitteln, sondern auch gesundheitsfördernde und überfachliche Kompetenzen mitgeben – für das Studium, die Arbeit und das Leben.

Lennart Haß vom Team CamPuls

Lennart Haß: Der Austausch miteinander ist das Wichtigste – wir freuen uns über jedes Gespräch mit Lehrenden und Beschäftigten, auch wenn sie kontrovers verlaufen. Unser Ziel sollte sein, dass wir während des Studiums nicht nur fachliche Kompetenzen vermitteln, sondern auch gesundheitsfördernde und überfachliche Kompetenzen mitgeben – für das Studium, die Arbeit und das Leben. Wir sollten das Thema Gesundheit nachhaltig denken. Es geht nicht nur darum kurzzeitig durch schwierige Phasen zu kommen, sondern Gesundheit fest im Alltag zu verankern.

Was möchten Sie und Ihr Team an der HAW Hamburg im Bereich Gesundheit in der nächsten Zeit bewegen?
Kathrin Poggel: Wichtig für uns ist aktuell eine systematisch aufbereitete und auf Daten basierende Gesundheitsberichterstattung – und das am besten so durchgeführt, dass sich die Ergebnisse für die einzelnen Fakultäten oder sogar Departments ableiten lassen. Zudem wollen wir möglichst alle Hochschulgruppen für das Thema Studierendengesundheit und Entstigmatisierung von psychischen Erkrankungen sensibilisieren. Dafür sollte vor allem die Gruppe, die es betrifft und die der Kern unserer Arbeit ist, an Entscheidungen teilhaben können.

Lennart Haß: Wir hoffen, dass wir die Partizipation mit einem Studierenden-Beirat erhöhen können. Und wir wollen CamPuls sichtbarer machen, unsere internen Netzwerke stärken und die Präventionskette ausbauen. Neben der mentalen wird die soziale Gesundheit ein großes Thema sein: Wir wollen Studierende zusammen und in den Austausch bringen, damit sie sich und ihren Campus besser kennen lernen.

Interview: Anke Blacha

CamPuls

CamPuls ist als Forschungsprojekt an der HAW Hamburg gestartet und hat zum Ziel, ein Studierendengesundheitsmanagement (SGM) aufzubauen. Die Aufgabe des SGM ist es, die Studierendengesundheit an der Hochschule zu fördern, zu entwickeln und voranzutreiben.

CamPuls bietet viele verschiedene Angebote, die nicht nur die Gesundheit und den Studienerfolg fördern, sondern auch Spaß machen. Das Team arbeitet eng mit hochschulinternen Partner*innen wie dem Studierendenwerk, Hochschulsport, AStA zusammen. Besonders wichtig: Auch Studierende selbst sollen partizipativ in das Projekt eingebunden werden. Unterstützt wurde CamPuls in der ersten Projektphase von der Techniker Krankenkasse, inzwischen wird das Projekt von der AOK Rheinland/Hamburg gefördert.

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