Wie ist es wirklich, dual zu studieren? Tipps aus erster Hand
Einer, der es wissen muss, wie es ist, dual zu studieren, ist Bjarne Spalding. Er schreibt aktuell seine Bachelor-Arbeit im Studiengang Elektrotechnik und Informationstechnik als dual Studierender bei Siemens Energy, einem börsennotierter Elektro- und Energietechnikhersteller. Er empfindet das duale Studium nicht anstrengender als die reguläre Studienform, da sich viele seiner Kommilitonen ohnehin mit Nebenjobs finanziell über Wasser halten müssen. „Zumindest habe ich keinen weiteren Nebenjob, dem ich nachgehen muss“, sagt Spalding. Auch sonst ist er zufrieden, denn er habe Glück gehabt mit seinem Unternehmen. „Es hat extrem viel Spaß gemacht“, so sein Fazit der vergangenen dualen Semester. Er sieht es als großen Vorteil, bereits während des Studiums Berufspraxis erworben und Geld verdient zu haben. „Ich werde am Ende des Studiums mit einem größeren Plus an Erfahrung und finanzieller Absicherung ins Berufsleben starten“, sagt er. Eine Übergangsphase, Reisen oder sonstige Projekte kann er locker finanziell überbrücken. Allerdings sei der zeitliche Druck größer als beim herkömmlichen Studium, denn die Unternehmen befürworten es sehr, wenn ihre dual Studierenden in der Regelstudienzeit abschließen.
Spalding ist sich durchaus bewusst, dass er großes Glück hatte mit seinem Unternehmen. Bei anderen Studierenden habe es manchmal einfach nicht so gut gepasst, erklärt er. Dann ist es positiv, dass man als dualer Studierender ins Regelstudium wechseln kann. Sein Tipp an angehende Studierenden, die sich für ein duales Studium interessieren: „Informiert euch gut, welche Themen euch interessieren und mit welchen Themen sich das Unternehmen beschäftigt. Das sollte schon passen“, erklärt er. Auch ist ein langer Atem von Vorteil: „Es kann sein, dass man zwanzig Bewerbungen schreibt und bei der einundzwanzigsten klappt es dann“, sagt er. „Mein Tipp: Dranbleiben und nicht entmutigen lassen“.
Lernen im Unternehmen – Lernen in der Hochschule
„Vieles, was ich in meiner Abteilung gelernt habe, habe ich an der Hochschule in Vorlesungen oder Seminaren wiedergefunden“, erzählt er. „So habe ich natürlich einen ganz anderen Zugang zu Fächern bekommen als meine Kommilitoninnen und Kommilitonen, beispielsweise in der Energie- oder Automatisierungstechnik“.
Genau das ist laut Andrea Schattschneider auch ein wichtiger Knackpunkt im dualen Studium – die Verzahnung von Theorie und Praxis. „Die dual Studierenden erfahren einfach sehr schnell, wofür sie den Stoff eigentlich lernen und werden damit konfrontiert, wie es ist, in einem Unternehmen an Problemstellungen zu arbeiten“, sagt die studierte Maschinenbauingenieurin. „Das Wissen, das sie an der Hochschule in Seminaren und Vorlesungen lernen, können sie im Unternehmen direkt anwenden. Außerdem arbeiten sie im Unternehmen von Anfang an mit“, erklärt sie. Es gehe einerseits um fachliche Kompetenzen, auf der anderen Seite aber auch um die berufliche Identität: „Dual Studierende lernen Arbeitsvorgänge kennen, Kommunikationsprozesse und interne Strukturen“. Sie können gelassener ins Berufsleben starten, denn sie bringen bereits Berufserfahrung mit.
Sprung ins Berufsleben
Die Berufserfahrung hat auch Spalding gesammelt. Er wurde von seinem Unternehmen regelrecht ins kalte Wasser geworfen. „Ich habe im Schiffsbau gearbeitet – im Powermanagement von Kreuzfahrtschiffen“, erzählt er. Was das genau bedeutet, schiebt er hinterher: „Hat ein Kreuzfahrtschiff Probleme, beispielsweise in Sachen Technik, muss herausgefunden werden, worin es genau besteht“. In einem ersten Schritt überprüfe man die Software. „Es kann aber auch sein, dass man einen Schraubenschlüssel in die Hand nehmen muss, um vor Ort der Sache auf den Grund zu gehen“. Er erinnert sich noch gut daran, wie er alleine nach einem Brand im Maschinenraum vor Ort geschickt wurde. Dort musste er das Löschwasser entfernen und die Brandursache finden. Bei derartigen Vorfällen sind dual Studierende gern gesehen, denn sie können beides: die Software bedienen, aber auch selbst Hand anlegen, wenn es sein muss.
Text: Tiziana Hiller