Axialflussmaschine

Die Aufgabe des Forschungspojektes Mikromobilität ist die Entwicklung eigener elektrischer Maschinen für Kleinst- und Leichtfahrzeuge, welche als Radnabenantrieb eingesetzt werden sollen. Wichtig für das Vorhaben sind also eine gute Bauraumausnutzung, leichtes Gewicht des Maschinenpakets und eine Skalierbarkeit des Systems.

Zu Anfang stand völlig offen, wie das Maschinendesign aussehen wird. Der Gedanke Radialflussmaschinen zu entwickeln, die zu nahezu 100% aller in Anwendung befindlicher elektrischer Maschinen ausmachen, wurde gleich zu Anfang verworfen, als die Aufmerksamkeit durch einen Zeitungsartikel auf die sogenannte Axialflussmaschine gerichtet wurde. Es stellte sich schnell heraus, dass Axialflussmaschinen viele Vorteile aufweisen, jedoch abseits der Wissenschaft fast gar nicht verbreitet sind. So wurde der Stein ins Rollen gebracht, der zur Entwicklung eigener Axialflussmaschinen führte. Doch was macht diese Maschine aus und wo liegen ihre Vorteile?

Im Gegensatz zur technologisch dominierenden Radialflussmaschine, deren Luftspalt im Querschnitt radial und deren magnetischer Luftspaltfluss stets normal zur Rotationsachse verläuft, ist der Luftspalt der Axialflussmaschine so ausgebildet, dass der magnetische Fluss parallel zur Rotationsachse liegt. Das grundlegende Design besteht aus zwei Kreisrunden vergleichsweise dünnen "Platten" mit großem Durchmesser ("Pancake-Design"), zwischen denen der Luftspalt liegt und wodurch das Luftspaltfeld in axialer Richtung verläuft.

Jegliche Quellen verweisen immer wieder auf den entscheidenen Vorteil einer höheren Leistungsdichte [1]. Das bedeutet, dass auf dasselbe Volumen bezogen eine höhere Leistungsabgabe möglich ist. Hervorzuheben ist die Untersuchung [2], welche für fünf verschiedene Leistungsanforderungen jeweils eine Radialfluss- mit verschiedenen Typen von Axialflussmaschinen bei gleichen Last- und Umgebungsbedingungen vergleicht. Die wesentlichen Graphen dieser Studie sind in der Galerie zu sehen.

Die Maschinenparameter wie Nutfüllfaktoren, Flussdichten, Nenndrehzahlen, Pol-Nutzahlen-Verhältnisse und Anregung aller untereinander verglichenen Maschinen wurden konstant gehalten. Die Ergebnisse zeigen eine Überlegenheit der Axialflussmaschine in Bezug auf Eigenschaften wie benötigtes Permanentmagnetmaterial, Drehträgheit, Beschleunigungsvermögen oder die Masse aktiver Teile bzw. Leistungsdichte. Dabei ist zu beachten, dass die Untersuchung äußere Randbedingungen wie Bauraum, Baulänge oder Kühlkonzepte nicht berücksichtigte. Ergebnisse ähnlich gelagerter Untersuchungen unterstützen diese Aussagen [3][4][5][6][7][8][9]. Einen sehr visuellen Vergleich darüber, was eine erhöhte Leistungsdichte zur Folge hat, bietet eine Werbevideo der Firma Texa S.p.A aus Italien:
www.youtube.com/watch

Ausgehend von dieser Faktenlage wurde für das Forschungsvorhaben dieser Motorentyp festgelegt. Eine zentrale Eigenschaft der Axialflussmaschine sind ihre vielen typen-eigenen Bauweisen, über die Radiaflussmaschinen nicht verfügen [1]. Generell ist die axiale Länge bedeutend kürzer, dafür ist der Durchmesser größer. D.h. die Axialflussmaschine ist durch ihre kurze Baulänge sowie der Leistungsdichte kompakter und kann gleichzeitig in schmalen Bauräumen Platz finden. Das schafft neue Möglichkeiten in Bezug auf Konzeption und Konstruktion der jeweiligen Anwendung wie bspw. Fahrzeuge oder Radnabenantriebe.

Das grundlegende Design aus nur einem Stator und einem Rotor ist allerdings unvorteilhaft, da es zu starken axialen Anziehungskräften zwischen Rotor und Stator kommt, welche die Lager belasten [1]. Daher werden meist "Double-Gap" Konstruktionen verwendet. Das heißt, Statoren oder Rotoren sind außenliegend und doppelt ausgeführt und besitzen einen einzelnen, innen liegenden Rotor oder Stator, siehe nachfolgende Abbildungen. Werden die außen liegenden Elemente miteinander mechanisch verbunden, stützen sie sich gegenseitig ab, während sich magnetische Zugkräfte am innen liegenden Element kompensieren. Neben der Eliminierung der axialen Kräfte wird durch die Verdopplung des Bauelements auch die Leistungsabgabe mit geringem Volumenzuwachs erhöht. Davon ausgehend ist auch ein "multi-stacking" möglich, indem mehrere Rotoren und Statoren beliebig oft im Wechsel hintereinander angebracht werden [1].

Darüber hinaus ermöglicht das Design der Axialflussmaschine auch Statoren und Rotoren ohne Kerne für extremen Leichtbau, ist aber limitiert auf einen innen liegenden Stator. Dieser besteht dann ausschlielich aus kernlosen Luftspulenwicklungen, welche im übertragenden Sinne Teil des Luftspaltes sind. Dadurch werden Rastmomente und Eisenverluste im Stator vermieden, aber die benötigte elektro-magnetische Energie steigt. Mit der Verwendung eines Halbacharrays in Rotoren kann bei Permanentmagneterregung sogar auf ferromagnetisches Material für den magnetischen Rückschluss im Rotor verzichtet werden.

Zur Fertigung von Statorkernen von Axialflussmaschinen liegen nur wenige Hinweise vor [1]. Es besteht die Möglichkeit einen Kern aus einem Streifen elektrotechnischen Stahls aufzuwickeln. Die Zähne werden entweder vor dem Aufwickeln aus dem Streifen ausgestanzt oder nachtraglich herausgearbeitet. Eine weitere weit verbreite Möglichkeit zur Fertigung von Statorkernen ist das Sintern von weichmagnetischen Kompositmaterialien, engl. "Soft magnetic Powder Composites".

[1] Jacek F. Gieras, Rong-Jie Wang und Maarten J. Kamper. Axial Flux Permanent Magnet Brushless Maschines. Springer Science + Business Media B.V., 2008.
[2] K. Sitapati und R. Krishnan. "Performance comparisons of radial and axial eld, permanentmagnet, brushless machines". In: IEEE Transactions on Industry Applications 37.5 (Sep.2001). Conference Name: IEEE Transactions on Industry Applications, S. 1219-1226.

[3] Marcel Lehr, Kersten Reis und Andreas Binder. "Comparison of axial flux and radial flux machines for the use in wheel hub drives". In: Elektrotech. Inftech. 132.1 (Feb. 2015), S. 25-32.
[4] R. Al Zaher, S. de Groot, H. Polinder und P. Wieringa. "Comparison of an axial flux and a radial flux permanent magnet motor for solar race cars". In: The XIX International Conference on Electrical Machines - ICEM 2010. Sep. 2010, S. 1-6.
[5] Oussama Bouaziz, Imen Jaafar und Faouzi Ben Ammar. "3D finite element modelling and comparative performance analysis between axial and radial flux machines for micro wind turbine application". In: 2016 International Conference on Electrical Sciences and Technologies in Maghreb (CISTEM). Okt. 2016, S. 1-6.
[6] Andreas Echle, Andreas Neubauer und Nejila Parspour. "Design and Comparison of Radial Flux and Axial Flux Brushless DC Motors for Power Tool Applications". In: 2018 XIII International Conference on Electrical Machines (ICEM). Sep. 2018, S. 125-130.
[7] Amit N. Patel, Bhavik N. Suthar, Tejas H. Panchal und Rajesh M. Patel. "Comparative Performance Analysis of Radial Flux and Dual Air-Gap Axial Flux Permanent Magnet Brushless DC Motors for Electric Vehicle Application". In: 2018 2nd IEEE International Conference on Power Electronics, Intelligent Control and Energy Systems (ICPEICES). Okt. 2018, S. 804-808.
[8] Adrian Augustin Pop, Mircea Radulescu, Horia Balan und Hristiyan Kanchev. "Electromagnetic torque capabilities of axial-flux and radial-flux permanent-magnet machines". In: 2013 4th International Symposium on Electrical and Electronics Engineering (ISEEE). Okt. 2013, S. 1-4.
[9] Christopher H. T. Lee, K. T. Chau, Chunhua Liu, T. W. Ching und Fuhua Li. "A High-Torque Magnetless Axial-Flux Doubly Salient Machine for In-Wheel Direct Drive Applications". In: IEEE Transactions on Magnetics 50.11 (Nov. 2014). Conference Name: IEEE Transactions on Magnetics, S. 1-5.