Gender Mainstreaming in der Veranstaltungsplanung

Im GründungsService an der HAW Hamburg machen wir uns bei jeder Planung eines Veranstaltungsformats viele Gedanken darüber, zu welcher Uhrzeit wir dieses Format idealerweise anbieten, um damit auch allen Bedürfnissen unserer Zielgruppen gerecht zu werden.

Insbesondere bei Veranstaltungen, die sich vorrangig an Frauen richten, grübeln wir ausführlich darüber, wann eine günstige Zeit sein könnte, in der nicht gerade familiäre Verpflichtungen bei unserer potentiellen Zielgruppe anstehen. Dabei wollen wir aber auch vermeiden, bestehende Rollenklischees zu verfestigen.

Im Vordergrund stehen bei unseren Diskussionen die Ziele des Gender Mainstreaming, wir im GründungsService wollen Frauen und Männer gleichwertig ansprechen, das heißt Chancengleichheit herstellen, Benachteiligungen abbauen, gleiche Teilhabe ermöglichen und damit auch die Lebensrealitäten von Gründerinnen oder gründungsinteressierten Frauen abbilden und ihnen die bestmöglichen Angebote unterbreiten.
 

Die eigene Haltung ist entscheidend

Und damit haben wir den ersten wichtigen Schritt unternommen: die Einnahme einer Haltung, die Bereitschaft signalisiert, über geübte Prozesse und Strukturen zu reflektieren und mit erweiterten Perspektiven zu verstehen, an welchen Stellen welche Aspekte zu beachten sind, um unsere Formate für alle Zielgruppen gleichwertig zu gestalten. Und damit geht es weiter, woran sollten wir denken, welche Bedingungen beachten, um eine Gleichwertigkeit herzustellen?

Sieht man sich diesbezügliche Ratgeber – beispielsweise zu gendersensiblem Veranstaltungsdesign – an, erscheint ein grundsätzlicher Rat maßgeblich: „Achten Sie darauf, dass in der Phase der Veranstaltungsplanung nach Möglichkeit Sachverstand und Lebenserfahrung von Frauen und Männern gleichermaßen einbezogen werden.“ Gendersensible Veranstaltungsplanung – Eine Handreichung für die Durchführung von Veranstaltungen des Landes NRW, S. 5

Klingt einfach, bildet sich aber bei genauerer Betrachtung an unzähligen Details ab:

Themen, Inhalte, Ziele der Veranstaltung, Besetzung der Referent*innen, Panelteilnehmer*innen, aber auch Rahmenbedingungen, wie Uhrzeit, Ort oder Dauer der Veranstaltungen sind hier in die Planungsüberlegungen einzubeziehen.
 

Thematische Ausrichtung von Veranstaltungen

Fangen wir bei den Inhalten bzw. Themen unserer Veranstaltung an. Hier achten wir darauf, auch Gründungsthemen anzubieten, die die Tendenz von Gründungsvorhaben von Frauen, in sozial oder nachhaltig orientierten Bereichen zu gründen, abbilden. Wir erweitern die Bandbreite unserer Workshop-Inhalte um alternative Unternehmensformen, partizipatives Unternehmensmanagement und wollen so auch das Image von Entrepreneurship insgesamt ausdifferenzieren.

Hier ist auch darauf zu achten, dass wir Stereotypen nicht weiter verfestigen und auch technologie-orientierte und naturwissenschaftliche Gründungsansätze weiterverfolgen und stärken. Wie können wir diese Themen so aufbereiten, dass sie alle Gruppen gleichermaßen ansprechen und von allen gleichermaßen wahrgenommen werden. Konkret kann dies bedeuten, zu den als vormals männlich zugeordneten Themen und Inhalten Referentinnen und Expertinnen für die Veranstaltungen zu gewinnen, um ihre Perspektive einzubringen.
 

Paritätische Besetzung

Bei der Auswahl von Referent*innen und/oder Moderator*innen ist es für uns darüber hinaus inzwischen selbstverständlich, auf eine ausgewogene Verteilung zu achten. Im Rahmen eines vorbereitenden Briefings bieten sich weitere Möglichkeiten, Veranstaltungen gender- bzw. diversitätssensibel zu gestalten: Die Moderation sollte beachten, wer zu welchen Aspekten angesprochen wird, wie hoch jeweils die Redeanteile sind und wie die Gesprächskultur insgesamt gestaltet ist. Damit versuchen wir, langgeübte Mechanismen in der Aufmerksamkeitsverteilung und Stereotypisierung zu durchbrechen, die ihren Anfang in der Schule nehmen und sich im weiteren Leben unbewusst fortsetzen.
 

Text- und Bildsprache

Steht das Programm fest, achten wir bei der Formulierung und Gestaltung der Einladung zur Veranstaltung auf eine Bild- und Textsprache, die alle gleichermaßen geschlechtersensibel und diversitätsorientiert anspricht und abbildet. Auch eine frühzeitige Versendung der Einladung – oder die Bekanntgabe des Termins als save-the-date erleichtert es den Teilnehmenden unter Beachtung ihrer sonstigen Verpflichtungen rechtzeitig zu planen. Zudem ist es wichtig, bei allen begleitenden Unterlagen zur Veranstaltung darauf geachtet werden, Diskriminierung, Stereotypisierung und Rollenklischees zu vermeiden.
 

Veranstaltungsort und Verpflegung

Auch die Auswahl des Caterings ermöglicht es uns Veranstalter*innen, sich mit unserer besten diversen Seite zu präsentieren, zwar findet sich die Currywurst weiterhin weit oben auf der Beliebtheitsskala, manche bevorzugen aber auch Leichteres, Frischeres oder Internationales. Über das Geschmackliche hinaus, sollten auch religiöse und gesundheitliche Aspekte, zum Beispiel mit vegetarischen Varianten, bei der Auswahl Beachtung finden.

Bei der Wahl des Ortes spielen Fragen des Zugangs eine große Rolle. Ist der Ort gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar, sind die Wege so gestaltet, dass sie von Rollstühlen und Kinderwägen befahren werden können, sind alle Beschriftungen gut lesbar und wie sieht zum Beispiel mit dem Podium aus? Ist es ggf. empfehlenswert, eine Kinderbetreuung anzubieten? All diese Fragen sind entscheidend, wenn Zugänge für alle Gruppen gleichermaßen und diskriminierungsfrei gestaltet werden.

Oft arbeiten Veranstalter*innen mit externen Dienstleister*innen zusammen, hier ist nicht unbedingt damit zu rechnen, dass diese so gender- und diversitätssensibel arbeiten, wie es wünschenswert ist. Bereits bei der Ausschreibung und insbesondere beim Briefing der Agenturen ist es möglich, darauf hinzuweisen und auf die Umsetzung zu achten. Beispielsweise können hier flexibel einzustellende Mikrofone, aber auch Sichtschütze für Paneltische o.ä. enorm dabei helfen, unangenehme Situationen für die Vortragenden zu vermeiden.
 

Verbesserungspotenzial ermitteln

Begleitende statistische Analysen unterstützen die Auswertung der Geschlechterverhältnisse der Gäste der Veranstaltungen und helfen dabei, die zukünftige Ausgestaltung der Veranstaltungen zu optimieren. 

Und damit haben wir eine Grundlage, um unsere Ansätze immer wieder zu reflektieren und zu verbessern, zu prüfen, ob wir unsere Ziele erreicht haben und unser weiteres Vorgehen darauf abzustimmen – und arbeiten damit genauso wie unsere Zielgruppe: agil und iterativ – um so die bestmöglichen Angebote für unsere Zielgruppen – Gründer*innen und Gründungsinteressierte - zu gestalten.

Best Practice zum Thema "Interne Sensibilisierung im Projekt Startup Port" finden Sie unten im Download-Bereich

Fazit

Um eine Ausgrenzung bei Veranstaltungen zu vermeiden und alle gründungsinteressierten Menschen anzusprechen, sollten unterschiedliche Aspekte, wie Sprache, Bild, Räumlichkeiten, Uhrzeit sowie die Verpflegungsart beachtet werden.
 

Stand: September 2022

Kontakt

Dr. Bianca Kauff
Projektkoordinatorin WISU
Jungestraße 10 / R 6.05 / 20535 Hamburg
bianca.kauff (at) haw-hamburg (dot) de