Vereinbarkeit von Unternehmens­gründung und Familie

Die Vereinbarkeit zwischen Familie und Beruf ist leider für viele immer noch eine Herausforderung. Ähnliches betrifft auch Gründer*innen, die Kinder haben. Beispielsweise deuten die Ergebnisse der Studie von Eib & Siegert (2019) darauf hin, dass Selbstständige in Deutschland immer noch eher einem traditionellen Familienmodell folgen: so sind Gründer häufig die Familienernährer, während Gründerinnen mehr bezahlte und unbezahlte Arbeit gleichzeitig verrichten. Die beiden Forscherinnen kommen zu dem Entschluss, dass unter diesen Umständen Unternehmertum möglicherweise nur für alleinlebende selbständige Frauen einen möglichen Karriere-Entwurf darstellt. Aber auch für Eltern allgemein kann sich der Traum einer Unternehmensgründung als schwierig gestalten, da zusätzliche Ressourcen (finanzielle, personelle) benötigt werden. Entsprechend dürfen die hochschulinterne Gründungzentren ein solches Thema nicht außer Acht lassen.

 

Wie können hochschulinterne Gründungszentren die Vereinbarkeit von Familie und Gründung unterstützen?

  • Digitale Plattformen

Der Zugriff auf Betreuungsangebote ist für gründungsinteressierte Eltern/Elternteil häufig begrenzt, daher sollten Informationsveranstaltungen regelmäßig digital stattfinden. Auch eine Teilnahme an Veranstaltungen anderer Art wie beispielsweise Treffen mit MentorInnen oder Gründungsberatungen sollte online möglich sein.

  • Sensible Beratung

Da Familienplanung zu möglichen Lebensentwürfen gehört, sollte diese Komponente nicht außer Acht gelassen werden. Spricht die gründungsinteressierte Person den familiären Aspekt an, bietet sich eine Folge-Beratung zu diesem Thema an. Zum Beispiel wäre interessant, welches Förderprogramm zusätzliche Mittel für die Betreuung der Kinder bereitstellt. Wichtig zu erwähnen ist, dass es nicht die Aufgabe von GründungsberaterInnen ist, alles rund um Thema Vereinbarkeit zu wissen, stattdessen sollten sie sich frühzeitig mit entsprechenden Instanzen wie der Stabsstelle Gleichstellung oder dem Familienbüro vernetzen und bei Bedarf die InteressentInnen weiterleiten.

  • Regelmäßiger Austausch

Eltern/Elternteile, die gründen, sollten genügend Austauschmöglichkeiten bekommen. Dementsprechend empfiehlt sich regelmäßige (aber nicht zu häufige) Treffen zu organisieren. Diese können entweder analog oder online stattfinden. Je nachdem, was die Zielgruppe bevorzugt.

  • Aufklärung der InvestorInnen

Die StakeholderInnen sollten InvestorInnen hinsichtlich des gender bias & des gender funding gap und der damit verbundenen Finanzierungsschwierigkeiten für Gründerinnen aufklären. Auch weitere strukturelle Hürden sollten sichtbar gemacht werden. Häufig ist es den AkteurInnen nicht bewusst, vor welchen Herausforderungen Gründerinnen stehen.

  • Sichtbarkeit von Role Models

Wann immer möglich, sollten Vorbilder – also Eltern oder Elternteile, die gegründet haben – sichtbar gemacht werden. Diese sollten als SpeakerInnen zu Veranstaltungen eingeladen oder um Gastbeiträge für die eigenen Kommunikationskanäle gebeten werden. Wichtig ist, die Sichtbarkeit der gründenden Eltern zu erhöhen und damit Angst von entsprechendem Lebensentwurf zu nehmen.

  • Kinderbetreuung

Falls es sich organisieren lässt, sollte in der Gründungsberatung die Möglichkeit der Kinderbetreuung vorhanden sein. Dies ermöglicht der gründungsinteressierten Person, sich vollständig auf die Beratung zu fokussieren. Eine weitere Möglichkeit wäre der Zugriff auf eine Notbetreuung. Aber auch wenn keine Betreuung vorhanden ist oder nicht infrage kommt, sollte stets die Option bestehen, das Kind/die Kinder mit zu Beratung zu nehmen.

Mompreneurs - ein Exkurs

Der Begriff der Mompreneurs setzt sich aus den beiden Worten „Mom“ (Mutter) und „Entrepreneur“ (UnternehmerIn) zusammen und meint Frauen, die eine doppelte Rolle – die Rolle der Mutter und der Unternehmerin – bekleiden. Es scheint derzeit keine offizielle Definition dieses Begriffes zu geben, dementsprechend sorgt dieser für Meinungsverschiedenheiten. Während die einen sich gern als MompreneurInnen bezeichnen, gibt es auch Unternehmerinnen, die es entschieden ablehnen.

Tipp!

Damit sich jede:r ihre*seine eigene Meinung bilden kann, können entsprechende Podcasts und Blogs ins Visier genommen werden. Eine weiterverbreitete deutsche Mompreneurin ist Kerstin Mader – Mama von 3 Kindern. Hier kannst Du Dir ihren Podcast „MOMPRENEURS“ sowie den gleichnamigen Blog anschauen.

Fazit

Eine Unternehmensgründung sollte für alle Menschen, unabhängig von ihrer familiären Situation, möglich sein. Hierfür bedarf es zusätzlicher Hilfen, wie beispielsweise in Form von Betreuungszuschüssen oder Betreuungsplätzen. Zuständige, (hochschul-)politische Akteur*innen sollten zunehmend auf diese Bedarfe reagieren.
 

Literatur & Empfehlungen

Eib, C., & Siegert, S. (2019). Is female entrepreneurship only empowering for single women? Evidence from France and Germany. Social sciences, 8(4), 128.

Ge, T., Abbas, J., Ullah, R., Abbas, A., Sadiq, I., & Zhang, R. (2022). Women’s entrepreneurial contribution to family income: innovative technologies promote females’ entrepreneurship amid COVID-19 crisis. Frontiers in Psychology, 13, 828040.

 

Stand: Oktober 2023

Kontakt

Jessica Langolf
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